Exerzitienvorträge für die Novizinnen der Oblatinnen 1879

      

4. Vortrag: Über die Betrachtung – Fortsetzung; Vorbereitung auf die Beichte

Dienstag Abend, 9. September 1879

Meine Kinder, als ich vorhin unter den Tannen spazieren ging, sah ich kleine Mücken, die in den Strahlen der untergehenden Sonne badeten, die durch die Zweige fielen. Sie schienen sehr glücklich zu sein, sich darin zu tummeln und ihre Kraft aus diesen schönen Lichtbündeln zu nehmen. Ich dachte, dass diese Strahlen für uns die Strahlen der Gnade darstellen, die nicht sehr groß sein müssen, damit sich unsere Seelen darin gerne erholen. Ich finde meinen Vergleich sehr wirkungsvoll. Durch die Gnade Gottes genügt dieser Strahl, der vom Himmel kommt, so klein er auch sein mag, uns von allen Seiten zu umhüllen und zu erfreuen. Öffnen wir unsere Seelen den heiligen Freuden, die von diesen Strahlen der Gnade, die bis zu uns kommen, hervorgerufen werden. Lassen wir unsere Seele jeden Morgen beim Aufgang der Sonne der Gnade, beim Aufgang der Sonne aller Güte, der Sonne der Barmherzigkeit in diesen so schönen und so reinen Strahlen warm werden, woraus man so gut tuende Strahlenkraft entnehmen kann.
Was ich heute Vormittag sagte, halte ich sehr genau aufrecht. Ich tadelte euch nicht. Glaubt nicht, dass meine Worte bitter waren, sie waren es nicht und ich sagte sie in aller Milde, mit aller Höflichkeit. Nehmt sie wohl an, wie ich sie an euch gerichtet habe.
Jetzt setze ich fort, was ich euch gestern sagte. Am Morgen bei der Betrachtung fasst ihr wohl die Gedanken des Geistlichen Direktoriums, dann prüft ihr, ob ihr an diesem Tag etwas Besonderes zu machen habt; zum Beispiel ob ihr beichten müsst. Es wird gut sein, euch würdig auf die Beichte vorzubereiten. Es wird gut sein, überblicksmäßig eure Fehler zu sehen, dem lieben Gott zu sagen: „Heute soll ich das Sakrament der Buße empfangen, wie oft habe ich es ohne genügende Vorbereitung empfangen? Wie oft habe ich die Gnade deiner Liebe nachlässig verwendet? Wie oft war dieses Sakrament fruchtlos in mir? … Mein Gott, ich will das wieder gut machen.“ Wenn ihr keine großen Fehler gemacht habt, bittet den lieben Gott, euch verständlich zu machen, was es bedeutet, ihn zu beleidigen. Bittet ihn, er möge euch fühlen lassen, wie sehr er euch liebt. Genügt den nicht eine Kleinigkeit, um ein Herz zu verletzen, das liebt? Ich glaube gern, meine Kinder, dass ihr nicht in große Fehler fällt, aber eure kleinen Untreuheiten können das Herz Gottes mehr beleidigen als die Verbrechen der großen Sünder, weil er sich von ihnen nichts erwartet, was er sich von euch erwartet. Diese Unglücklichen kennen ihn nicht, ihr aber kennt ihn und ihr liebt ihn! Ihr müsst den lieben Gott wohl um Verzeihung bitten, denn es ist schlimm, sein Herz, seine Liebe zu verletzen.
Wie sollt ihr beichten? Man muss befolgen, was im Geistlichen Direktorium angegeben ist, das Confiteor bis zum Mea Culpa beten, eure Gewissenserforschung machen und dann das Confiteor beenden. Wenn ihr in den Beichtstuhl kommt, macht das Kreuzzeichen und sagt: Benedic Pater und so weiter, und beichtet. Es sind noch einige unter euch, die das nicht gut machen. Wenn ihr euch eurer Fehler angeklagt habt, sollt ihr nicht hinzufügen: „Das ist, was ich zu sagen habe“, sondern: „Ich klage mich all dieser Sünden an, und so weiter …“ Danach gibt euch der Beichtvater die Buße.
Manchmal ist man zerstreut bei dem, was man macht, selbst bei der Beichte. Man soll nicht zwei oder drei Mal nach seiner Buße fragen. Man soll sie sich gut merken und innerlich wiederholen, um sie nicht zu vergessen. Dann hört ihr auf die Hinweise, die euch gegeben werden, um sie auszuführen. Diese Hinweise sind kein wesentlicher Teil des Sakraments, aber sie bringen Gnaden. Wenn euch ein Stoßgebet vorgeschlagen wird, sollt ihr es machen. Es wird euch nützlicher sein als eine Übung eurer Wahl. Die Buße hingegen ist ein wesentlicher Teil des Sakraments, man muss sie immer ausführen.
Wenn ihr euch auf die Beichte vorbereitet, wie wir sagten, setzt eure Betrachtung fort, fasst gute Vorsätze und versprecht dem lieben Gott, darin sehr treu zu sein. Jedes Mal wenn ihr beichten müsst, müsst ihr schon am Morgen eure Seele auf die Gnade vorbereiten, die sie empfangen soll, denn die Gnade der Lossprechung ist riesig groß. Wie viele Seelen müssen sie entbehren, die alles geben würden, um sie zu empfangen! Und ihr passt kaum darauf auf!
Überlegt euch, die Art zu beichten, eure Fehler anzuklagen.
Ihr werdet also bei der Betrachtung sehen, wie ihr eure Fehler sagen sollt, um sie nicht nachlässig, mit einer gewissen Gleichgültigkeit zu beichten, die nicht den Anschein hat, an das zu denken, was man macht. Bereitet euch auf die Beichte mit demselben Glauben vor, mit derselben Frömmigkeit wie auf die Heilige Kommunion. Es ist gewiss, dass auch die Beichte in der gut angelegten Seele sehr reichliche Gnaden erzeugt.
Ich wünsche mir, dass mich jede von euch gut versteht. Die Beichte verlangt nicht nur die aufrichtige Anklage, nicht nur das Bedauern unserer Fehler, sondern eine achtungsvolle, würdige, angemessene Form.
Das Sakrament der Buße hat etwas Besonderes für die Ordensseelen. Der liebe Gott gibt ihnen in der Beichte mehr als den anderen.
Man müsste ein altes Sprichwort unterdrücken, das sagt, dass „von Nonnen Beichte hören hießt, seine Zeit zu verschwenden, und Priester und Seminaristen zu predigen, heißt auch, seine Zeit verschwenden.“ Ich sage das Gegenteil. Ich sage, dass es auf der Welt nichts Fruchtbareres gibt, und wenn ich im Heimsuchungskloster Beichte höre, glaube ich nicht, meine Zeit zu verschwenden. Ich finde, dass ich ein „mehr als hervorragendes“ Werk verrichte und eines der vollkommensten. Und für das Wort Gottes hatte ich nie eine bessere und sympathischere Zuhörerschaft als unsere Patres.
Möge unser Herr, der gerne Maria Magdalena ihre Fehler, Marta ihre Eifersucht verzieh, unser Herr, der von Herzen den Aposteln verzieh, wenn sie einige Verfehlungen machten, auch euch verzeihen. Er tadelte sie manchmal streng, aber da er sie liebte, verzieh er ihnen. Als Petrus nach seiner dritten Verleugnung bemerkte, dass unser Herr ihn mit einem liebevollen Blick betrachtete, der ihm zu sagen schien: „Auch du verleugnest mich, du verlässt mich, du sagst, dass ich die Beschimpfungen, die man mir antut, die Schmach, die ich empfange, verdiene“, da beweinte er seine Fehler so bitterlich, dass die Tränen tiefe Furchen in sein Gesicht gruben. Warum weinte er so sehr? Er erinnerte sich an den Blick seines guten Meisters! „Und Jesus schaute Petrus an, und als Petrus Jesus angeschaut hatte, weinte er bitterlich.“ (vgl. Lk 22,61-62). Er ging weg, um den Blick nicht mehr zu sehen, der ihn aus Schmerz getötet hätte.
Meine Kinder, wenn der Blick Jesu während dieser Exerzitien auf euch fällt, wird es auch ein Blick der Liebe sein, der Blick, den er Petrus zuwarf, den er auf die Seele wirft, die er liebt … Ihr werdet euch gut daran erinnern, um eine gute Beichte abzulegen. Amen.