Exerzitienvorträge für die Oblatinnen 1886

      

13. Vortrag: Über die Danksagung nach der Heiligen Kommunion

Dienstag, 7. September 1886

Meine Kinder, gestern Abend sagte ich euch, dass unser Herr im Allerheiligsten Sakrament das Vorbild der Unterwerfung unseres ganzen Seins ist, Unterwerfung unter die Ordensregel, unter das Geistliche Direktorium, Unterwerfung unseres Herzens unter die Gelübde, Unterwerfung unseres Willens, um den der Oberin zu vollziehen, gehen, wohin wir nicht möchten, diese Beschäftigung machen, wenn wir lieber jene andere machen würden. Das ist unsere Arbeit. Wir müssen leiden, da uns der heilige Franz von Sales sagt, im Vorhinein die Mühe und die Abtötung anzunehmen. Er gibt uns zu verstehen, dass wir die Anziehung des Kreuzes haben sollen, dass wir abgetötet sein müssen. Die Nahrungsmittel sind geschmacklos, wenn man kein Salz hineingibt. Unser geistliches Salz ist die Bitternis des Kreuzes, eine heilsame Bitternis, die wir in allen Dingen finden sollen. Unser Herr im Allerheiligsten Sakrament ist das wahre Vorbild dieses Lebens der Abtötung, der Selbstentäußerung von diesem Leben, das bewirkt, dass wir nicht frei sind. Sagen wir ihm: „Herr, sei die Quelle, das Vorbild, die Gnade des Lebens des Verzichts, das ich umfangen will.“ Sprechen wir mit ihm darüber an dem Tag, an dem wir ihn in der Heiligen Kommunion empfangen. Sagen wir ihm: „Herr, du bist bei mir. Ich soll das gleiche Leben führen wie du. Du bist der Gemahl meiner Seele. Wirke in mir, mache aus mir, was du willst, das ich bin.“ Wenn wir so in vertrauter Einheit mit unserem Herrn sind, fragen wir ihn, was wir für den Tag brauchen. Bereiten wir ihn mit ihm vor. Wenn wir Schwierigkeiten voraussehen, sagen wir sie ihm. Überlassen wir ihm unsere Wünsche, die gegen den Gehorsam sind. Wenn wir beichten müssen, wenn wir eine Unterredung mit unserer Oberin haben müssen, sprechen wir darüber mit unserem Herrn. Wenn ihr nicht beten könnt, wenn ihr krank, entkräftet, müde seid, haltet euch bei ihm wie ein Nichts, wie jemand, der zu nichts die Kraft hat. Bittet ihn nur, zu verstehen, zu sehen, sagt ihm: „Herr, ich bin kraftlos. Komm meiner Schwäche, meiner Unwissenheit zu Hilfe. Herr, ich bin bei dir.“ Legt eure Seele in seine Hände, damit er sie formt.
Seht, wie gut unser Herr ist! Er zwingt nicht, er auferlegt keine Methode, so machte es auch der heilige Franz von Sales. Wenn ihr unseren Herrn nach der ersten angegebenen Art nicht anbeten könnt, nehmt die zweite. Das Wesentlich ist, dass ihr bei ihm seid, dass ihr ihn nicht verlassen wollt. Wenn wir das Glück hatten, die Kommunion zu empfangen, wurde unser Herr unsere Nahrung. Wir sind ermutigt, gestärkt und können unsere Arbeit fortsetzen. Ich sagte euch, dass die Gute Mutter [Marie de Sales Chappuis] nach der Heiligen Kommunion verklärt war. Unser Herr war alles für sie. Schmerzen und Kummer waren ihr nichts mehr, denn unser Herr würde mit ihr leiden und sie tragen. Sie wollte alles mit ihm erdulden. Wir müssen ebenso sein. Wir werden in Einheit mit dem göttlichen Meister die Last des Tages und der Hitze ertragen. Wir werden das Joch des Herrn, die Last der Arbeit tragen. Diese Last ist im Ordensleben manchmal schwer. Der heilige Franz von Sales lässt bei der Profess sagen, dass es schwere Arbeiten, schwere Kämpfe durchzustehen gibt. Nun, meine Kinder, unser Herr wird sie mit uns durchstehen und sie für uns in Gnaden und Verdienste umwandeln.
Meine Kinder, im empfehle euch diese Methoden für die Danksagung nach der Heiligen Kommunion. Sprecht vertraulich mit unserem Herrn wie die Jünger von Emmaus, oder wenn ihr es nicht könnt, haltet euch wie Maria Magdalena, die ihn anbetete und liebte, zu seinen Füßen auf. Ob ihr mit ihm sprechen könnt oder nicht, bleibt bei ihm. Wenn ihr kraftlos und müde seid, wenn ihr nichts sagen könnt, bleibt wie der leidende Lazarus, haltet euch dort auf, und wenn das Ende der Danksagung kommt, belebt eure Seele und sagt zum Heiland: „Herr, mit dir gehe ich zu meiner Arbeit.“ Geht sehr still und gesammelt hin, tragt unseren Herrn in eurem Herzen, in eurem ganzen Sein, und ihr werdet nicht allein sein, er wird bei euch sein. Fasst den Vorsatz, es von nun an immer so zu machen, meine Kinder, und eure Exerzitien werden fruchtbar gewesen sein, denn ihr werdet euren wahren Weg gefunden haben. Ihr werdet verstanden haben, was euer Leben sein soll.
Man liest im Evangelium des heiligen Johannes, dass der heilige Philippus, nachdem er von unserem Herrn gerufen worden war, einen seiner Freunde traf und zu ihm sagte: „Wir haben den Messias gefunden, es ist Jesus von Nazaret.“ „Wie, von Nazaret? Kann denn von Nazaret etwas Gutes kommen?“ – Nazaret war ein bescheidener und verachteter, ein im Gebirge verlorener Marktflecken – „Komm und sieh“, antwortete Philippus. Als dann unser Herr sah, dass Natanael auf ihn zukam, sagte er zu ihm: „Ich habe dich gesehen, als du unter dem Feigenbaum warst.“ „Wie Herr, du kennst mich? Du bist wirklich der Sohn Gottes!“ … Und Natanael schloss sich dem Heiland an (vgl. Joh 1,43-49). Meine Kinder, so möge es auch bei euch sein. Möge unser Herr in eurer Seele dieselbe Wirkung erzielen. „Herr, an dich binde ich mich, ich werde dir folgen, ich werde immer bei dir sein.“ Das ist das Leben, das ihr aus der Heiligen Kommunion schöpfen sollt. Dann gehen wir an unsere Arbeit. Er bleibt bei uns, wir besprechen mit ihm in Gedanken die verschiedenen Bestrebungen des Geistlichen Direktoriums. Er ist weiterhin das Leben unserer Seele und erzeugt in uns Sammlung und innere Salbung. Bietet euch unserem Herrn an. Das Wort Oblatin bedeutet Opfern, das heißt, ihr sollt euch ständig dem lieben Gott und dem Nächsten anbieten, euch ihnen opfern.
Meine Kinder, ehe ihr diese Kapelle verlasst, in der unser Herr so gut zu euch war, in der er die Seufzer eures Herzens annahm, sagt ihm, dass ihr mit ihm geht, dass ihr ihn nicht mehr verlassen werdet, dass ihr von ihm nicht mehr weggehen werdet, dass ihr machen werdet, was er will. Und dann werdet ihr ihn im Aufenthalt des Ewigen Glücks der Heiligen wiederfinden, dort, wohin alle Wünsche, alles Streben eurer Seele geht. So sei es und seine heilige Liebe sei gebenedeit. Amen.