4. Vortrag: Über die Beichte
Dienstag Abend, 3. September 1878
Meine Kinder, um die Exerzitien gut zu machen, muss man zuerst sein Gewissen reinigen. Die Meister des geistlichen Lebens, unter anderem die heilige Teresa von Avila und unsere heiligen Stifter [Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal] sagen, dass man, um zur Einheit mit Gott zu gelangen, um sein göttliches Licht zu verdienen, muss man zuerst seine Seele von der Sünde befreien, ihr eine große Reinheit geben.
Was ist das beste Mittel, seine Seele zu reinigen? Sich dem Sakrament der Buße zu nähern: dadurch erhält die Seele das Verzeihen für ihre täglichen Fehler, sie erhält das Licht und die Gnaden, die notwendig sind, um an seiner Heiligung zu arbeiten. Heute Abend werde ich euch sagen, wie ihr beichten sollt, und zu euch über die Anlagen sprechen, die man erbringen muss, um aus dem Sakrament der Buße Nutzen zu ziehen.
Wie soll man beichten, wenn man Oblatin des heiligen Franz von Sales ist? Das Direktorium sagt es: Sie werden einfach, kurz und klar sein. Es muss also die Beichte einfach sein. Ihr müsst euch auch angewöhnen kurz zu sein. Wenn man alla acht Tage beichtet, genügen acht bis zehn Minuten der Vorbereitung. Die Fehler, die ihr gewöhnlich macht, sind Verfehlungen gegen die Ordensregel, die Nächstenliebe, den Gehorsam. Im Allgemeinen begrenzen sich eure Fehler auf diese drei Punkte. Also kann eure Beichte mit fünf bis sechs Sätzen gemacht werden. Man braucht nicht auf Einzelheiten eingehen, die unnötig wären, auf Erklärungen, die nichts anderes sind als eine Wirkung der Eigenliebe, ein Bedürfnis, dass man sich mit uns beschäftigt. Diese Dinge sind völlig tadelnswert. Man soll nie unnötige Worte sagen, weder bei der Beichte und noch weniger anderswo. Seid also einfach und kurz. Ich wiederhole es, ich schätze, dass eine Nonne ihre Beichte in fünf bis sechs Sätzen machen kann. Man kann jedoch während der Exerzitien länger sein. Man soll dann um Erleuchtungen, Ratschläge, Ermutigungen bitten. Aber für die gewöhnlichen Beichten über vier oder fünf Minuten hinauszugehen, ist ein Zeitverlust und unnötig.
Man muss kurz beichten und gleichzeitig – ich wiederhole es – einfach. Manche wollen auf unnötige Erklärungen eingehen. Macht das nicht, sondern gebt wohl den wahren Grund eurer Verfehlungen an. Ihr ward der Ordensregel nicht treu, sagt nicht: „Ich habe gegen die Ordensregel gefehlt aus Mangel an der Einheit mit Gott“, sondern sagt: „weil ich faul, saumselig, stolz bin.“ Und sagt nicht: „Ich habe gegen die Einheit mit Gott, die Gottesliebe gefehlt.“ Die Heiligen können so sprechen, aber ihr seid keine Heiligen, und es ist klar, dass, wenn ihr unendlich viele Fehler macht, es ist, weil ihr nicht mit Gott vereint seid. Man muss also sagen: „Ich klage mich an, aus Faulheit, aus Nachlässigkeit gefehlt zu haben, die Gedanken des Direktoriums zu fassen.“ Wir müssen also unseren Fehlern einen Grund geben, der uns demütigt und nicht erhöht. Wenn ihr sagt: „Ich habe aus Mangel an Einheit mit Gott, aus Mangel an Heiligkeit gesündigt“, dann klingt das viel zu schön. Ihr erhebt euch so, anstatt euch zu erniedrigen. Diese Art sich anzuklagen, hat die Ursache in der Eigenliebe, in einem strengen Stolz. Man liebt die schönen Dinge! Es geht in der Beichte aber nicht um schöne Dinge, es geht um unsere Sünden! Haltet euch nicht für ein Wunder vor dem lieben Gott. Beichtet einfach, in dem ihr die wahren Gründe angebt, die euch fehlen ließen und dies genau. Versteht das gut, meine Kinder! Wenn ihr es so macht, werdet ihr es gut machen, das wird kurz und wahr sein. Man muss einfach sagen: „Mein Vater, ich klage mich an, unter diesem oder jenem Umstand gegen die Nächstenliebe gefehlt zu haben.“ Und es mit nur zwei oder drei Worten sagen. „Ich habe diesen Fehler aus Mangel an Liebe zur Ordensregel, aus Faulheit gemacht.“ Die Beichte ist nicht dazu da, um uns zu erheben, um etwas Schönes zu sagen, sondern um uns zu zeigen, wie wir sind. Wir sind nichts Großes wert. Was wir sind, ist kaum gut, das ist nichts. Bedienen wir uns also jener Worte: aus Faulheit, aus Stolz … sie sind für die Beichte geeignet.
Unser Herr gibt uns ein Vorbild für die Beichte im Gebet des Zöllners (vgl. Lk 18,9-14), der sich an die Brust schlägt uns sagt: „Herr, hab Erbarmen mit mir, denn ich bin nur ein Sünder! Er war gerechtfertigt, wurde von unserem Herrn gelobt trotz der Verachtung und des Hasses, den die Juden für die Zöllner hegten, weil sie die von den Römern geforderten Steuern eintrieben.
Meine Kinder, man muss sich also sehr einfach, ehrlich und kurz anklagen, ohne sich durch die Art zu beichten einen Anschein von Vollkommenheit und Heiligkeit zu geben, die man nicht hat. Wir sind nur arme kleine Oblatinnen, arme kleine Geschöpfe, die den lieben Gott um Verzeihung bitten für unsere manchmal willentlichen Verfehlungen. Ihr habt einen Fehler gemacht, sagt: „Ich habe das aus Sinnlichkeit gemacht, aus Suche meiner selbst.“ Aber sagt nie schöne Dinge, sagt nur, was euch demütigt. Wenn ihr gegen die Liebe gefehlt habt, sollt ihr keine Geschichten machen, noch die anderen anklagen, sondern sagt nur, was euch berührt, die Verfehlung an sich und den Anteil, den ihr daran hattet. Es muss also die Beichte kurz und einfach sein. Man muss die Dinge ehrlich und einfach sagen. Ich weiß wohl, meine Kinder, dass ihr es im Allgemeinen auch so mit der Gnade Gottes macht.
Die Beichte muss auch fromm sein. Wenn ihr zu unserem Herrn in der Eucharistie geht, würdet ihr ihn nicht ohne Frömmigkeit empfangen, würdet ihr euch nicht dem heiligen Tisch ohne Vorbereitung, mit einem zerstreuten Geist nähern. Ihr macht alles, was ihr könnt, um eure Gedanken, eure Gefühle zum Heiland zurückzuführen, um eure Liebe neu zu beleben, um sie ihm ganz zu schenken. Was ihr macht, um euch auf die heilige Kommunion vorzubereiten, macht es für die Beichte ebenso. Ihr müsst euch ihr mit ebenso viel Glauben und Liebe nähern wie der heiligen Eucharistie. Man darf nicht beichten als machte man irgend etwas. Die Fehler, derer wir uns anklagen, die Worte, derer wir uns bedienen, sind der Stoff eines Sakramentes. Die Beichte muss für uns etwas Heiliges, Geheiligtes sein und wir müssen bedenken, dass es unser Herr ist, zu dem wir beichten, der uns die Hinweise gibt, die wir erhalten. Wir sollen daraus ganz gesammelt und fromm hervorgehen, ganz durchdrungen von Dankbarkeit und Liebe zum lieben Gott.
Wenn ihr so beichtet, meine Kinder, werden euch eure Beichten großen Nutzen bringen, sie werden euch eine unvergleichliche Kraft verleihen, um gegen euch selbst zu kämpfen, um euch bei euren Fehlern zu verbessern.
Für eure Exerzitienbeichte wäre es gut, wenn die Professen sie seit den letzten Exerzitien machten, und die Novizinnen – mit der Zustimmung ihres Beichtvaters – werden eine Generalbeichte machen. Wenn ich mich an Personen der Welt wendete, würde ich ihnen sagen: „Prüft zuerst euer Leben von eurer frühen Kindheit bis zu eurer Erstkommunion, dann von eurer Erstkommunion bis jetzt.“ Und das müsst ihr die Seelen zu machen lehren, mit denen ihr betraut seid. Das ist die Reihenfolge, die zu befolgen man ihnen raten muss, wenn sie sich auf eine Generalbeichte vorbereiten. Was die Beichte für die Einkleidung und die Profess betrifft, müssen wir den Rat unseres Beichtvaters einholen, ihm von den Gnaden erzählen, die wir vom lieben Gott erhalten haben, von den Bedürfnissen unserer Seele, ihm sagen, wie wir unserer Berufung entsprochen haben, wo wir untreu waren. Man kann keine allgemeine Regel geben, das ist die Sache einer jeden, das betrifft jede einzelne Seele.
Meine Kinder, ich fasse zusammen und sage, dass die Beichte kurz, einfach und fromm sein soll. Ihr werdet bedenken, was ich euch gesagt habe, und wenn ihr es noch nicht vollkommen macht, so werdet ihr euch zumindest bemühen, es zu nützen. Möge uns unser Herr, der uns ein so mächtiges mittel gab, unsere Seele zu reinigen, in die Gnade mit ihm zurückzukommen, uns mit ihm zu vereinen, gewähren, unsere Beichten gut zu nutzen. Gibt es in einer Familie, wenn zwei Schwestern vertraulich miteinander leben, nicht manchmal zwischen ihnen eine kleine Wolke? … Aber dann sind sie glücklich, sich zu versöhnen. Wohlan! So ist es auch mit unserem Herrn. Wir gehören ihm, wir leben in seinem Haus, in seiner Vertrautheit. Wenn etwas in uns sein Herz verletzen konnte, ist es gut für uns, zu ihm zurückzukommen, ihn um Verzeihung zu bitten, diese Verzeihung aus seinem Blick zu lesen und von seinen Lippen ein Wort der Liebe zu hören. Das ist die Beichte, wie die Nonnen sie verstehen müssen.
„O Herr! Lass uns üben, was uns gesagt wurde. Es möge für uns das große Mittel sein auf dem Weg, in der Wahrheit und im Leben voranzukommen! Und um zu dieser Wahrheit, zu diesem Leben zu gelangen, wollen wir zu dir gehen mit allen unseren Kräften, mit der ganzen Glut unserer Seele und unseres Herzens!“ Amen.