8. Vortrag: Über die Beichte
Donnerstag Abend, 17. September 1874
Meine Kinder, unter den Mitteln, die Gott uns gibt, um uns im Ordensstand zu heiligen, gibt es ohne Zweifel welche, die besonders für das Ordensleben geeignet sind, aber andere, die für alle Christen gemeinsam gelten: das sind die Sakramente, hauptsächlich das Sakrament der Buße und der Eucharistie. Das Sakrament der Buße ist sehr wirkungsvoll. Mit diesem Sakrament, sagt unser seliger Vater, erhalten sich die Nonnen die von der Ordensregel empfohlene Reinheit. Es ist das Sakrament, das unsere Fehler auslöscht. Die Beichte ist eine Art Taufe, die die sündige Seele reinigt, die sie Gott angenehm macht. Und der Priester sagt nach den Worten der Lossprechung: „Möge alles, was Sie gelitten haben, Ihnen für die Vergebung ihrer Fehler dienen, die Gnade in Ihnen steigern und Ihnen ein Unterpfand des ewigen Lebens sein.“
Das ist, meine Kinder, die doppelte Wirkung der Lossprechung, das bewirkt sie in uns. Sie verzeiht unsere Fehler und sie vermehrt in uns alle Gnade.
Für eure Beichten müsst ihr die Gedanken des Direktoriums nehmen: macht anschließend eure Gewissenserforschung, wie ich euch sagen werde. Ihr macht eure Gewissenserforschung zwei Mal am Tag. Ihr seht im Überblick die Fehler, die ihr begangen habt. Dann bereitet ihr euch für den Vorabend vor. Am Abend denkt ihr daran, ihr bereitet eure Beichte durch einen schnellen Blick vor; am nächsten Morgen kommt ihr für einige Zeit darauf zurück. Eine Nonne muss immer bereit sein zu beichten, damit sie immer dazu bereit ist, wenn sie gerufen wird, es zu tun. Wenn ihr eure Gewissenserforschung macht, betet ihr das Confiteor, dann bereitet ihr in eurem Geist die Beichte vor. Man muss sie kurz und klar machen, wie es im Direktorium gesagt wird. Vor der Beichte erweckt man die Reue, dann geht man beichten.
Für die Beichte bedarf es also einer besonderen Vorbereitung. Man geht zum heiligen Gericht der Buße, wie man zum heiligen Tisch geht: es ist derselbe Gott, der zu euch kommt. Am heiligen Tisch kommt er in euer Herz, er ruht darin, er bleibt darin. Unser Herr kommt auch in der heiligen Absolution zu euch, denn wenn euch der Priester die Hände auflegt, so teilt er euch die Verdienste des Blutes unseres Herrn mit. Der Heiland kommt, um eure Fehler abzuwaschen. Er kommt, um auf euer Haupt dasselbe Blut zu gießen, das aus seinem heiligen Herzen floss, um die Erde zu überfluten. Die Absolution gießt dieses heilige Blut auf euer Herz, um es zu reinigen, um es zu waschen, um es zu heiligen. Ihr wisst, dass sich durch die Heilige Kommunion unser Herr tausenden, zehntausenden, hunderttausenden Personen schenkt wie er sich einer einzigen gab. Jede Person empfängt ihn ganz, also ob sie die einzige wäre. Ebenso wird durch die Absolution sein Blut auf euch angewendet als ob ihr die einzige wäret, als ob er es nur für euch allein vergossen hätte, als ob es nur euch auf Erden gäbe. Mit welcher Achtung müssen wir zur heiligen Absolution gehen, mit welchen vollkommenen Anlagen müssen wir sie empfangen.
Jetzt kommt der Augenblick der Beichte. Beichtet klar, sagt viel mit wenigen Worten. Nicht, dass ihr nicht genug sagt, sagt, was notwendig ist, um verstanden zu werden. Eine gute Nonne beichtet kurz, sie hat wenig zu sagen. Wenn man nicht viele Fehler zu sagen hat, ist man vollkommener; je weniger Fehler man in seinem täglichen Verhalten zu beklagen hat, desto näher kommt man der Vollkommenheit. Beichten wir also kurz, aber legen wir unser ganzes Herz hinein, bekennen wir gerne unsere Fehler zu Füßen des göttlichen Meisters, damit er sie uns verzeiht, dass er sich nicht mehr daran erinnert.
Sehr, mit welcher Ehrfurcht der Priester das Brot und den Wein behandelt, die auf dem Altar sind, selbst vor der Wandlung. Wohlan! Die Fehler, deren wir uns anklagen, sind irgendwie das Brot und der Wein der Beichte, da sie ihr Gegenstand sind. Das ist eine weitere Annäherung von Beichte und Kommunion. Seht also, wie ihr euch aufrichtig aller eurer Fehler anklagen sollt, ohne den winzigsten Teil fallen zu lassen, doch ohne Skrupel.
Manchmal beklagt man sich, man findet, dass der Beichtvater kaum ein Wort sagt. Aber ihr passt nicht auf! Nie darf ein in der Beichte gehörtes Wort ohne außergewöhnlichen Nutzen sein. Ihr müsst im Wort des Priesters so etwas wie den Ausdruck des Wortes Gottes sehen, denn unser Herr selbst spricht zu euch. Nun gut, ich sage euch, dass ich ein einfaches Wort in der Beichte wie ein Manna, wie eine Nahrung ohne Gleichen betrachte. Jedes Mal, wenn ich bei einem einfachen Dorfpfarrer oder bei einem heiligen Ordensmann gebeichtet habe, habe ich von dem einen wie von den anderen gleichviel empfangen. Ich mache keinen Unterschied, denn beim Beichten finde ich immer den Diener Gottes und weil ich glaube, mein Gewissen und meine Seele unserem Herrn auszuliefern. Sein Wort hat sein Ziel, seinen Zweck, es gibt nichts Besseres, nichts Vergleichbareres, all das füllt meine Seele mit inneren Freuden, mit Süße und Trost; all das bildet die Ergänzung der Absolution und fügt sie dem Nutzen des Sakramentes hinzu.
Meine Kinder, empfangt die Absolution immer mit einem großen Glauben. Es gibt Nonnen, die die Absolution wie einen einfachen Segen empfangen; andere ohne große Aufmerksamkeit. Nicht so soll man sie empfangen, sondern mit einem großen Glauben, einem großen Gefühl der Demut. Möge dieses Gefühl in eurem Herzen sein: „O mein Gott! Und wer bin ich, dass du mir verzeihst? … Herr, meine Seele gehört dir! Sei gebenedeit wegen des unaussprechlichen Glücks, das du mir in diesem Sakrament der Versöhnung schenkst. Ich verspreche dir wohl mein Möglichstes zu tun, um dich nicht mehr zu beleidigen, um meine Fehler zu verbessern. Ich will nicht mehr untreu sein!“
Das ist die Regel für das Sakrament der Buße. Sonst wäre es für euch kein Sakrament mehr, es wäre eine Gewohnheit, eine Routine, etwas ohne Wirkung und ohne Wert. Empfangt dieses Sakrament immer sehr würdig. Macht euch davon eine strenge Vorschrift. Es gibt viele Nonnen, die das Sakrament der Buße unnötig empfangen, oder die kaum Nutzen daraus ziehen. Und dennoch empfangen sie eine Gnade, die eine andere Seele retten könnte, die Millionen Seelen retten könnte! Nun wird man sich beklagen, dass man nichts fühlt, dass man lau ist, dass man kalt ist, dass man ohne Großmut ist, ohne Eifer, dass man nicht mehr hat. Ja, ich glaube wohl, dass ihr schlecht beichtet, dass ihr eine Formalität erfüllt. Ihr macht eine, wenn nicht zwecklose, so wenigstens wirkungslose Beichte. Werde ich sagen, dass ihr eine neue Sünde begeht? Vielleicht, wenn die Nachlässigkeit deutlich ist. Auf jeden Fall zieht ihr keinen Nutzen aus dem Sakrament. Ich macht es zur Routine. Wenn ihr so 10, 20, 30 Jahre lang beichtet, werdet ihr immer wieder in dieselben Fehler fallen, ihr werdet nicht vorankommen. Ihr bereitet euch nicht genügend vor. Man macht eine Routine, wenn man den Beichtvater betrachtet, wenn man sich selbst, was man liebt, sucht, wenn man auf dieses oder jenes schaut. Anstatt sich zu heiligen, fällt die Seele in die Trockenheit, in die Kälte. Seid ihr Nonnen, wenn ihr so beichtet? Welchen Beruf übt ihr dann aus? Ihr übt einen Beruf aus, ihr geht daran wie eine Frau, die eine weißt Schürze umgebunden hat und Salz und Pfeffer verkauft und wenn sie ihr Salz und ihren Pfeffer mit ein wenig Gottesliebe verkauft hat, hat sie mehr gewonnen als ihr.
Die Routine, mit der viele beichten, ist ein großes Übel in der Kirche Gottes. Macht es nicht so, meine Kinder. Bereitet die Beichte sehr gut vor. Ihr beichtet oft, ihr beichtet alle acht Tage, achtet wohl darauf. Bereitet euch gut vor. Bereitet euch am Abend vor dem Tag vor, an dem ihr beichten müsst. Achtet sehr gut auf das Wort des Beichtvaters. Manchmal werdet ihr einen Beichtvater haben, der euch eine große Belehrung geben wird, ein anderer wird kommen, der seine Worte nie ändern wird, er wird euch immer dasselbe sagen, oder er wird euch nur ein Wort sagen, er wird euch nur drei Worte sagen. Nun, in dem selben, in diesen drei Worten sind zehn Strahlen Licht. Damit werdet ihr von Licht zu Licht gehen! Und außerdem ist der Beichtvater kein Buch, aus dem mein Geist schöpft, er ist kein Autor. Ein einziges Wort kann die Seele zu einer großen Vollkommenheit führen. Wenn ihr ein langes Gespräch braucht, ist es etwas anderes. Sagt eure Sünden eurer Nachbarin, und sie wird euch eine Rede halten. Wenn ihr daran glaubt, möge es euch gut tun.
Versteht gut die Sakramente. Ich wiederhole es: viele Fehler, viele Verfehlungen kommen davon, dass man sich im innersten Grund der Seele nicht darauf vorbereitet.
Meine Kinder, ich will nichts übertreiben, aber ich sage euch etwas, von dem ich durchdrungen bin. Ich beichte liebe bei irgendeinem Priester, der gerade kommt, der mich nicht kennt, als bei einem gelehrten Ordensmann. Denn oft habe ich gesehen, dass ein gewisser gelehrter Ordensmann sehr wenig und manchmal überhaupt nichts wusste. Wenn wir also gläubig beichten, wird für uns ein einfaches Wort, das der Beichtvater uns sagt, wie aus dem Mund unseres Herrn kommend eine Quelle des ewigen Lebens sein. Versteht wohl, was die Beicht ist, was das Sakrament der Buße ist. Ich suche nicht in Büchern schöne Dinge, um sie euch zu sagen, ich sage euch einfach praktische Dinge, ich sage euch einfach, wie ich denke, ich sage euch, was ihr machen sollt. O, gebt mir eine Nonne, die gut beichtet, sie wird sehr schnell die Vollkommenheit ihres Standes erreichen. Es ist unmöglich, zehn Mal, hundert Mal, tausend Mal unmöglich, dass sich ihre Seele nicht regeneriert. Es ist unmöglich, dass das heilige Blut unseres Herrn über ihre Seele fließt, ohne dass sie verändert, geheiligt wird. Die Sakramente sind die Quelle der Gottesliebe. Versteht das wohl, meine Kinder.
Sammelt euch nach der Absolution. Lasst eure Seele bei Gott, als Anbetung seiner Liebe in eurem Herzen: „Mein Gott, du hast mir verziehen! O, ich bin sehr schwach! Lass mich dich lieben, wie ich dich an dem Tag lieben werde, an dem ich keine Fehler mehr haben werde, an dem ich von jeder Verfehlung ausgenommen sein werde, an dem ich dich nicht mehr werde beleidigen können. Du bist mein Teil für die Ewigkeit, liebe meine Seele, bewahre sie!“
Macht das gut, meine Kinder. Ich möchte keine Routine. Ich möchte, dass euch diese Exerzitien wieder in einen glühenden Glauben an die Gnade versetzen, die ihr empfangt, an die unaussprechliche Gabe des Sakramentes der Buße. Ich möchte, dass jede eurer Beichten in euch die Summe der Verdienste steigert, die Gott euch vorbehält, dass sie nichts Nutzloses, sondern eine Erneuerung ist.
„O mein Gott, du weißt, das dich die heilige Absolution gekostet hat! Es ist das Blut deiner Adern; und wenn du auf dem Kreuz gesagt hast: Mich dürstet! Ich brenne vor Durst! Was war das für ein Durst? Du hattest Durst nach meiner Seele, du hattest Durst nach ihrer Reinheit, ihrer Heiligkeit, du hattest Durst, sie zu besitzen. Hier bin ich, Herr! Du hattest Durst nach meiner Vollkommenheit, Durst nach meiner Heiligkeit. Ich verspreche es dir: Hier bin ich, wie du mich willst. Ich werde alle Mittel ergreifen, um meine Seele durch die Reue und den festen Vorsatz zu bessern, damit meine Beichten eine Anbetung deiner Leiden sind, eine heilige Verbindung, eine heilige Erneuerung, eine Teilnahme, eine Aufopferung, eine Schenkung meiner selbst an dein Herz, damit ich mich nicht mehr von dir losreißen kann! Mögen meine Beichten mir als Bande dienen, und diese Bande mögen Bande der Liebe sein! Nichts wird imstande sein, mich die Bande dieses Vorsatzes zerreißen zu lassen, den ich fasse, denn die Bande der Liebe sind stark wie der Tod.“ Amen.