Exerzitienvorträge für die Oblatinnen September 1874

      

10. Vortrag: Über die heilige Kommunion

Freitag Abend, 18. September 1874

Bei Exerzitien, meine Kinder, würde ich es mir zum Vorwurf machen, wenn ich eure Aufmerksamkeit nicht auf das hervorragendste Mittel der Heiligung gelenkt hätte, das Gott unseren Seelen geschenkt hat. Nehmt euer Direktorium, öffnet es, sehr seine Kapitel. Sie sind gut geordnet, eins nach dem anderen, in logischer Reihenfolge. Beim letzten Kapitel angekommen, werdet ihr sehen, was ihr gemacht habt, und was ihr noch zu machen habt. Ihr werdet sehen, dass der Verzicht, den ihr euch auferlegt habt, dass das Ziel der Tagesübungen, die Mühe, die ihr hattet, früher aufzustehen, die Abtötungen, denen ihr euch unterworfen habt, die Heimsuchungen, die man euch erdulden ließ, dass all das eine wundervolle Belohnung hat: die heilige Kommunion.
Die heilige Kommunion ist das Ziel, auf das alle unsere Übungen zugehen. Sie ist wie die Sonne inmitten der Planeten, sie ist die Sonne unserer Seele. Und ebenso wie sich alle Planeten um die Sonne drehen, kreisen alle unsere Übungen, Gebete, Tugenden, Praktiken, Betrachtungen, alles, was wir machen, um die heilige Kommunion. Das ist der Gedanke des heiligen Franz von Sales.
Meine Kinder, ich möchte euch alles sagen können, was die Heilige Kommunion für euch bedeutet. Aber liebe noch würde ich euch fragen, was sie für jede von euch ist, und ihr würdet mir sagen, wie ihr es seht und fühlt. Eure Definition wäre viel genauer. Die heilige Liturgie nennt sie: Brot der Engel, Wein, der die Jungfrauen wachsen lässt, Brot, das die Kinder während der Reise aus dem Exil nährt; gleichzeitig: Kelch des Segens, verborgenes Brot, mystisches Brot, das die Seele mit Süßigkeit erfüllt, Brot, das die Seele stützt. Kraft unseres Willens, Brot unserer Liebe. O, möge die Heilige Kommunion immer erstrebenswert sein, das Bedürfnis unseres Herzens! Sie sei das Brot unserer Dürftigkeit. Tragen wir unser Elend, unsere Schwächen zu unserem Herrn!
Verstehen mich alle gut? Ich weiß es nicht, ich weiß nicht, ob ihr mich alle versteht. Habt ihr wohl den Glauben? Empfangt ihr unseren Herrn mit Achtung? Ihr empfangt ihn sehr oft, ihr wünscht ihn, aber habt ihr gut verstanden, was der liebe Gott ist, was er für euch ist, für jede von euch? Denkt darüber nach! Gott hat eine unvergleichliche Güte für jede Seele. Er hat so vertraute, so tiefe, so wahre, so aufrichtige Dinge! Dieser Teil ist wohl unser Teil, der liebe Gott ist wohl unser Gott.
Verstehen wir Jesus und seine Liebe im Tabernakel, verstehen wir Jesus in unserem Herzen. Haben wir unsere Lektion gut gelernt, eher wir sie aufsagen? Haben wir unsere Arbeit vorbereitet, ehe wir sie machen? Ist unser Wille ganz Gott unterworfen? Vielleicht eher nein. Habt ihr alles Nötige gemacht, ehe ihr die Heilige Kommunion empfangt? Habt ihr am Vorabend daran gedacht? Habt ihr euch in euren Betrachtungen, eurer geistigen Sammlung damit beschäftigt? Bereitet ihr euch gewöhnlich bei der Heiligen Messe darauf vor? Ist in euch, in eurem Herzen der Wunsch, die Heilige Kommunion zu empfangen? Tritt eure Seele vor ihren Gott hin? Habt ihr bei eurer Vorbereitung den Wunsch, ihr mit Demut, mit dem Bedauern eurer Fehler zu empfangen? Das ist die unmittelbare Vorbereitung.
Sich auf die Lehre der Kirche stützend lehrt der heilige Franz von Sales, dass man sich bemühen muss, um oft die Kommunion zu empfangen. Jede willentliche Zuneigung zur lässlichen Sünde aus seinem Herzen zu reißen. O, ich werde mit dem heiligen Augustinus sagen: „Gib mir eine Seele, die wahrhaftig liebt, die unseren Herrn sehr liebt. Sie wird keine Anhänglichkeiten mehr zu einer Neigung haben, sie wird nicht gerne eine Neigung haben, denn wenn sie fällt, wird sie sich mutig wieder erheben.“ Wenn ihr einen Fleck oder Schmutz auf eurer Kleidung habt, wenn sie beschmutzt ist, mögen wir sie nicht, aschen wir sie sehr schnell. O, gebt mir eine sehr liebende, sehr kleine Seele, die unserem Herrn sehr treu ist, ich werde in ihr keine Zuneigung zu einer lässlichen Sünde sehen. Ich werde vielleicht wohl lässliche Sünden sehen, sie wird manchmal sogar in schwere Fehler fallen, es wird mir wohl Kummer bereiten, aber ich werde unseren Herrn für sie bitten, und er wird ihr verzeihen, weil sie keine Zuneigung zur Sünde hat.
Meine Kinder, etwas, das unserem Herrn sehr missfällt und das ich euch wohl verbiete, ist der Geist der Eigenbrötlerei, ist der Geist, der etwas machen will, das die anderen nicht machen. Dieser Geist entfernt Gott von der Gemeinschaft. Er jagt Gott aus unserer Mitte. Unser Herr liebt das nicht.
Unter den Aposteln war einer, den unser Herr sehr liebte. Das war der heilige Thomas. Er war ein wenig langsam, aber er brachte seinem Meister eine glühende Liebe entgegen. Eines Tages sagte Jesus zu seinen Aposteln: „Ich gehe nach Betanien, meinen Freund Lazarus, Marta und Maria besuchen.“ Die Apostel antworteten ihm: „Du willst dorthin gehen? Aber Herr, du weißt wohl, wie schlecht dich die Juden aufgenommen haben. Sie werden dich töten, wenn du dorthin zurückgehst!“ Da rief der heilige Thomas: „Wohlan! Gehen wir und sterben wir mit ihm!“ (Vgl. Joh 11,7-8.16). Der heilige Thomas liebte also unseren Herrn sehr, und dennoch ist ihm unser Herr nicht erschienen, als er von den anderen Aposteln getrennt war; während sich der Heiland dem heiligen Jakobus, dem heiligen Petrus, den Emmausjüngern zeigte, denn wenn sie auch nicht bei allen Aposteln waren, so war das aus einem guten Grund. Der heilige Thomas war der Erscheinung beraubt, die der Heiland den anderen Aposteln gewährte, die am Osterabend vereint waren, und er sah unseren Herrn erst acht Tage danach, als er in der Gemeinschaft mit ihnen war.
Meine Kinder, liebt nicht die Eigenbrötlereien. Möge jede von euch nichts Privates wollen. Aber liebt auf eine spezielle Weise unseren Herrn in seinem Sakrament der Liebe. Er möge alles für euch sein! Das Übrige, was macht das schon! Das Übrige ist nichts. Dich, Herr, liebe ich! O meine Kinder, ich möchte nichts Besonderes. Unser Herr ist in eurer Mitte, wenn ihr alle vereint seid. Er ist da, er sagt es euch: „In diesem Gehorsam bin ich, wenn ihr gemeinsam seid, bin ich da.“ Ich weiß, dass du da bist, Herr, hier ist, was du liebst.
Ich füge nichts hinzu, ich habe genug gesagt. O, wir möchte ich, dass Jesus, der der Gott meines Herzens ist, jeder von euch die Fülle des Glaubens gibt, die bewirkt, dass man ihn versteht, die bewirkt, wenn er auf unsere Lippen, in unser Herz kommt, wir mit ihm sprechen, und dass er uns antwortet! O, ich werde ihm wohl bitten, dass er euch antwortet, ich werde ihn in diesen Tagen wohl bitten, dass er alles, was er ist, euch gut ist, und dass alles, was er nicht ist, euch gleichgültig ist, weil in ihm das ewige Leben ist. Amen.