Exerzitienvorträge für die Oblatinnen 1873

      

8. Vortrag: Über die heilige Kommunion

Freitag Abend, 26. September 1873

Meine Kinder, heute Abend werde ich dem Programm folgen, das ich mir vorgenommen habe. Ihr seht, wir gehen in Ordnung voran. Ich habe zuerst von euch selbst gesprochen: über die innere Sammlung, das Gebet, die Abtötung, den Ordensgeist; dann über die Pflichten, die den lieben Gott betreffen: über die Betrachtung, die Beichte. Heute Abend werde ich über die heilige Kommunion sprechen, dann werde ich euch sagen, wie ihr euch dem Nächsten gegenüber verhalten sollt.
Wie soll eine Oblatin die Kommunion empfangen? Sie soll es nicht wie jedermann tun. Sie soll am Morgen bei ihrer Betrachtung, während sie unserem Herrn ganz nahe ist, die Augen zu seinem Tabernakel der Liebe erheben, ihn in ihr Herz rufen, ihm sagen, dass sie zu ihm strebt. Sie soll während eines Teils ihrer Betrachtung daran denken, der heilige Franz von Sales sagt es. Sie darf ihre Betrachtung nicht ohne das machen. Ich sage nicht, dass sie eine halbe Stunde daran denken muss, nein, die Regel verlangt es nicht. Doch wenn ihr das passieren würde, wäre ihr Betrachtung deswegen nicht weniger gut. Sie kann ihre Seele immer so gehen lassen.
Wie soll eine Oblatin an dem Tag, wo sie die Kommunion empfängt, der Heiligen Messe beiwohnen? O, sie darf ihr nicht so beiwohnen wie an den anderen Tagen. Ich würde keine Oblatin verstehen, die an dem Tag, wo sie unseren Herrn empfängt, der Messe beiwohnt wie an einem anderen Tag, wo sie nicht die Kommunion empfängt. Eine Oblatin soll während der Messe ihre Seele zu Gott erheben, ihm um seine Salbung, seine Liebe bitten. Sie möge sich zu ihm aufschwingen, die Gedanken des Direktoriums fassen. Wie schön sind diese Gedanken, die unser seliger Vater in dieses Kapitel legte. Es ist wie ein Hymnus der Liebe! Lest sie, meine Kinder, nährt damit eure Seele, lernt sie auswendig; oder wenn es euch liebe ist, verfasst selbst welche, macht Akte des Glaubens, der Liebe, der Demut, des Wünschens. Wenn dann unser Herr in euren Herzen ruht, sagt ihm, er möge dort seinen Thron, seine Bleibe errichten, er möge wie nach Hause kommen, nicht nur wie zu seinen Freunden. Er ging zu Lazarus, zu Marta und Maria, die sich mit ihm beschäftigten, die ihn baten; er besuchte Levi, der reich und mächtig war; Zachäus, der nicht weniger reich und mächtig war. Er blieb dort nicht immer, weil er bei seinen Freunden war.
Aber da er wenigstens in der ersten Zeit seines apostolischen Lebens gerne unter das Dach der heiligen Jungfrau zurückkehrte, die Schwelle des kleines Hauses von Nazaret überschritt, wo ich selbst das Glück hatte, dort zu beten! Wie befindet man sich wohl in dieser Wohnung, wo die heilige Jungfrau und der heilige Josef arbeiteten? Liebes Haus von Loretto, süßer Duft, der die Erde durchströmt, gesegnete Quelle, aus der alle Gnaden fließen, die über die ganze Welt verbreitet werden! Dort war unser Herr zuhause, dort gefiel es ihm, dort blieb er.
O, wie wohl ist unserem Herrn auch bei einer Oblatin! Er ist dort nicht wie bei seinen Freunden, er ist dort wie zu Hause, er bleibt immer gern in ihrer Seele. O liebe Kinder, seid sehr glücklich, hier zu sein, ein Teil seiner bevorzugten Herde zu sein. Aber seid eingedenk, dass euer Leben dem seinen ähneln soll! Der heilige Franz von Sales nahm sich nicht nur einen bestimmten Punkt des Lebens unseres Herrn zum Vorbild, sondern sein ganzes Leben. Auch ihr sollt alles üben, das er gemacht hat. Euer Leben soll einfach sein wie seines. Euer Gewand ist nicht außergewöhnlich, es nähert sich dem von jedermann. Das unseres Herrn war weder zu glänzend noch zu arm, aber es war einfach und rein. Es ähnelte nicht dem der Fürsten, der Pharisäer, sondern dem von jedermann. Der heilige Franz von Sales hatte den ersten Müttern der Heimsuchung ein Kleid gegeben, das einfach war, das nichts Außergewöhnliches hatte. O, wie wohl ist unser Herr zu Hause, wenn er zu einer guten Oblatin kommt! Er ist bei ihr bei allen ihren Tätigkeiten, bei allem, was sie macht. Er ist bei ihr bei der Betrachtung, bei der Heiligen Messe, bei ihren Beschäftigungen, im Refektorium, bei der Erholung. Er ist auch bei ihr, wenn sie schläft, er ist überall bei ihr, weil sie fleißig alles macht, was er machte.
Ich wollte euch noch sagen, meine Kinder, wie eine Oblatin den Tag verbringen soll, an dem sie die heilige Kommunion empfing. Ich werde innehalten, um euer Gedächtnis nicht zu überlasten. Ich werde morgen Vormittag darüber sprechen, aber erinnert euch, dass euer Leben ganz dem unseres Herrn ähneln soll. Achtet wohl darauf. Unser Herr kommt nicht nur zu euch, um eure Abtötung, eure Werke der Nächstenliebe zu belohnen, er kommt, um bei allem bei euch zu sein. Wenn er euer Seele besucht, kommt er nach Hause, wie er in sein Haus in Nazaret kam. Und wie wohl fühlt er sich bei einer wahren Oblatin! Ihr habt unseren Herrn in euch, es gefällt ihm in eurer Mitte. Was ich euch da sage, kommt nicht von mir, es ist kein persönlicher Gedanke von mir, es ist vielmehr der Gedanke unseres seligen Vaters, der euch Töchter der himmlischen Gespräche nennt. Wie gerne steigt unser Herr in eure Seele hernieder! O, wie seid ihr bevorzugt, wie seid ihr glücklich! Ihr müsst vor Gott hingehen, möget ihr keine Kommunion empfangen, ohne danach streben. Nähert euch ihm mit Glut, mit Liebe! Er hat für jede von euch eine äußerst zarte Liebe. Seid eins mit ihm, verlasst ihn nicht.
O, meine Kinder, wenn sich unser Herr zu Hause wohl fühlte, wenn er im Augenblick eures Todes in euch ist, werdet ihr ihn bitten, dass er euch seinerseits bei sich in den Aufenthalt der Seligen mitnimmt, wo alles Glück ist. Amen.