6. Vortrag: Über die Beichte
Donnerstag Vormittag, 25. September 1873
Heute, meine Kinder, feiern wir das Fest der heiligen Maura [von Troyes, Mystikerin um 800 – 850; heute ist der Gedenktag am 21. September]. Bitten wir sie, sie möge diese Exerzitien, jede Stunde dieser Exerzitien unter ihren Schutz nehmen. O, bittet sie wohl, sie möge auch uns unseren Herrn lieben lassen, wie sie ihn geliebt hat, sie möge ihn euch sehen lassen, wie sie ihn gesehen hat, sie möge ihn euch hören lassen, wie sie ihn gehört hat; möge unser Herr zu euch sprechen, wie er zu ihr gesprochen hat. Ich bin sehr glücklich, dass diese Exerzitien unter dem Schutz der heiligen Maura abgehalten werden. Bittet sie, sie möge euch lehren, mit unserem Herrn zu sprechen, wie sie mit ihm sprach.
Meine Kinder, das große Mittel, die Seele rein zu halten, ist die Beichte. O, wie muss die Beichte einer Oblatin gut sein! Wenn sie beichtet, erhält sie ohne Zweifel die Verzeihung für ihre Fehler, aber sie erhält auch Erholung und Ruhe, die der Seele gut tun, die sie voranbringen, die sie mit unserem Herrn vereinen.
Die fernere Vorbereitung geschieht auf folgende Weise: Man macht die Gewissenserforschung zweimal am Tag, wie es im Direktorium steht, am Morgen und am Abend. Wenn ihr die Gewissenserforschung am Morgen macht, erinnert euch an die Fehler, die ihr begangen habt, um sie zu jenen der Gewissenserforschung am Abend hinzuzufügen. Ihr macht es wie der Kaufmann, der am Abend in sein Buch die Schulden einträgt, die er gemacht hat, und die man während des Tages bei ihm machte.
Dann kommt die unmittelbare Vorbereitung auf die Beichte. Man betet zu Beginn das Confiteor („Ich bekenne, …“) bis zu „mea culpa“ – „durch meine Schuld“ – und ruft den Heiligen Geist an, damit er uns helfe, unsere Seele gut zu erkennen. O, wie erleuchtet dieser göttliche Geist eine Oblatin mit Glückseligkeit, die sich aus ganzem Herzen bereit macht, sich ihrer Fehler anzuklagen, wie gibt er ihrer Seele alle Erleuchtungen und alle Reue, die sie braucht! Dann muss man alle seine Fehler sammeln. Wenn die Gewissenserforschung gemacht ist, beschließt man das Confiteor, und beim Misereatur („erbarme dich meiner“) wartet man, bis man an der Reihe ist. Wenn man nicht beichtet, oder auf einen anderen Zeitpunkt verschoben wird, braucht man deshalb kein zweites Mal die Gewissenserforschung zu beginnen, sondern nur einen kleinen Überblick zu machen.
Wenn man zum Beichtvater kommt, neigt man tief den Kopf vor ihm, denn der Priester ist für uns der Engel, den uns Gott schickt, um uns zu stärken und mit seiner göttlichen Güte zu versöhnen. Dann sagt man auf Latein: Benedice, Pater, quia peccavi, das heißt: „Segne mich, Vater, denn ich habe gesündigt.“ Möge unser peccavi – ich habe gesündigt – demütig sein, das Peccavi einer Oblatin des hl. Franz von Sales. Wir müssen uns verbeugen, wenn wir den Segen des Priesters erhalten, dann beichten.
Die Beichte einer Oblatin sei einfach, herzlich, demütig, kurz und fromm.
Einfach: sie soll ihre Fehler mit großer Einfachheit, ehrlich, ohne Verschleierung sagen; sie soll ihre Beichte nicht wie eine Geschichte erzählen, die sie in einem Buch gelesen hat; sie soll ihre Fehler so sagen, wie sie sind, ohne den Fehler einer anderen mit seinen anzuklagen. Wenn man manchmal dazu gezwungen ist, muss man es mit der größten Zurückhaltung tun, sodass der Verdacht auf niemand Bestimmten fällt.
Eure Beichte sei kurz, das heißt, erzählt keine Geschichten, wenn ihr euch eurer Fehler anklagt. Die Natur sei immer sehr abgetötet, meine lieben Töchter, wenn ihr das macht. Wenn man sehr müde ist, spricht man sehr gerne und sagt gewisse Dinge: dadurch ruht man sich aus; wenn man schweigt, findet die Natur etwas, um sich abzutöten. Sagt bei der Beichte gerade das, was nötig ist. Sagt es kurz, ohne Kommentar, ohne Geziertheit. Macht eure Beichte offen und herzlich.
O meine Kinder, welche Gnade würdet ihr empfangen, würdet ihr beichten, wie es eine Oblatin machen soll! Warum empfangt ihr nicht mehr in der Beichte? Weil ihr in die Vorbereitung nicht die nötige Bereitschaft hineinlegt. Ahmt unseren seligen Vater nach. O, wie gerne hat er gebeichtet, und wie gut hat er es gemacht! Er beichtete jeden Tag bei seinem Hausgeistlichen, dieser große, heilige Bischof! O, wie ich ihn bewundere, ihn, der tausende Seelen bekehrte, wenn ich ihn sehe, wie er zu Füßen eines einfachen Priesters kniet, um die wenigen Fehler zu bekennen, die er hatte begehen können, um dafür die Lossprechung zu erhalten, wenn ich ihn sehe, wie er Tränen vergießt, wenn er die Vergebung seiner leichten Fehler erhält!
O, mein Gott, ich will von nun an mein Möglichstes tun, um gut zu beichten. Ja, Herr, ich habe gesündigt, ich habe diesen und jenen Fehler gemacht, verzeih mir, verzeih mir meine geringe Treue zu deiner heiligen Liebe und lass mich in die Gnade mit dir zurückkehren! O, mein seliger Vater, mein heiliges Vorbild, ich will dich nachahmen! Jedes Mal, wenn ich beichte, will ich dich anrufen: Gib mir von dem, das du danach fühltest.
Wenn der Gerechte sieben Mal am Tag fällt, steht er sieben Mal wieder auf (vgl. Spr 24,16). Ebenso sei es auch bei euch, meine Kinder, steht jedes Mal wieder auf, wenn ihr fällt. Amen.