Exerzitien für Jungarbeiterinnen, August 1870

      

6. Die heilige Kommunion

Meine Kinder, heute Morgen ist die Kommunion-Messe, in der wir die Frucht unserer kleinen Exerzitien zu sammeln kommen. Wir kommen zu Unserem Herrn, um ihm zu sagen: „Ich bin schwach, oft recht zerstreut. Mein Herz ist trocken, meine Phantasie unstet. Mein Herz fühlt sich verletzt durch das, was es sieht und hört, durch die Luft, die es in dieser Welt atmet. Heute komme ich zu dir, damit du alle Wunden meiner Seele heilest, damit du meine Stärke und mein Leben seist. Herr, wie gut ist es, im Schatten deiner Flügel, ganz nahe deinem Herzen!“

Bereitet eure Seele gut auf die heilige Kommunion vor, meine Kinder. Sie ist etwas so Schönes! Empfangt sie nicht kalt, gleichgültig. In den letzten Tagen habe ich den guten Pfarrer von Ars besucht, der vor zwanzig Jahren gestorben ist, dessen Andenken aber noch lebendig ist. Ich sah seine Statue in weißem Marmor, die als ein Meisterwerk gilt. Er ist dargestellt, wie er sich zur Feier der heiligen Messe anschickt, wie er sein Herz vorbereitet, seinen Gott zu empfangen. Seine Gestalt ist eindrucksvoll. In seinem Blick, in der Haltung seiner Hände sieht man, dass seine Seele vor Gott hintritt, dass er denkt: „Ich bin nichts, Herr, du bist mein ganzes Sein, du, der du ganz in mir sein wirst.“

Meine Kinder, bereitet eure Seele gut vor! Es ist der Heiland, zu euch kommt mit all seiner Güte, seiner ganzen Liebe, um euch zu retten. Im Evangelium lesen wir: Als unser Herr eine große Volksmenge sah, die ihm folgte, sagte er zu seinen Aposteln: „Ich bin gerührt vom Anblick dieser Menge. Schon drei Tage folgen sie mir, ohne etwas gegessen zu haben.“ Philippus antwortet ihm: „Hier ist ein Knabe, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat. Aber was ist das für so viele?“ Jesus sagt: „Lasst sie sich setzen.“ Er segnet die Brote und die Fische und lässt sie an das Volk austeilen. Es reichte für alle, und als die Menge gesättigt war, ließ unser Herr, um uns zu zeigen, dass wir nichts verschwenden dürfen, nicht einmal ein Brot, ließ er die übriggebliebenen Stücke sammeln, und man füllte damit zwölf Körbe.

Meine Kinder, das Wunder der Brotvermehrung ist eines der schönsten Sinnbilder der heiligen Eucharistie. Was ist dem Aussehen nach diese schneeweiße Hostie? Wir haben unermesslichen Hunger, wir fühlen unsere Leiden, unsere Schmerzen. Was ist diese kleine Hostie für so viele, für die Bedürfnisse unserer Seele, unseres Leibes? Diese kleine Hostie ist Gott selbst. Gleich wird euch der Heiland von diesem Brot geben, er wird eure Sehnsucht stillen. Ihr werdet Gott besitzen und ihr werdet nicht anderes mehr brauchen, denn Gott genügt für alles. Sagt ihm alle eure Nöte.

Bereitet euch jedes Mal gut vor, wenn ihr das Glück habt, die Kommunion zu empfangen. Schließt beim Erwachen, am Morgen, vor allem während der Messe die Augen für die Dinge der Erde, sorgt für die Dinge der Erde, sorgt für eine große Sammlung in euch. Wenn dann Jesus in eurem Herzen ist, dann sagt zu ihm: „Herr, ich bete dich an, ich liebe dich. Ich bin dein, ich gehöre dir durch meine Taufe, durch meine Erstkommunion. Du hast gesagt: Kommt zu mir… Meine Schwachheit ist groß, meine Wünsche sind unermesslich. Aber mit dir habe ich Hoffnung, mit dir bin ich sicher, dass ich nicht verlassen, nicht einsam bin. Ich werde bei dir sein und du bei mir.“

Ich höre einige von euch sagen: „Aber ich fühle das alles nicht. Ich habe nicht das Glück, Gott zu spüren, mein Herz ist trocken. An den Tagen der Kommunion fühle ich mich weniger froh als gewöhnlich, mehr zur Zerstreuung geneigt und dazu, Gott nicht so sehr zu lieben…“Meine Kinder, wenn ihr die heilige Kommunion gut empfangen habt, wenn ihr darauf gut vorbereitet seid, dann seid darüber nicht bestürzt. Jesus erscheint nicht immer in gleicher Weise auf Erden. Manchmal empfangen wir ihn in der Herrlichkeit des Tabor, ein andermal legen wir unser Haupt an das Herz Jesu, wie der vielgeliebte Apostel beim Abendmahl an der Brust des Meisters ruhte, und wir fühlen, dass er da ist. Aber oft treffen wir den Heiland auch auf Kalvaria, mit Dornen gekrönt, mit blutigem Schweiß bedeckt, von Kot besudelt, mit dem ihn die Juden bewarfen. Als ihm die heilige Jungfrau so begegnete, glaubt ihr nicht, dass sie ebenso glücklich war, ihn zu sehen, als da sie ihn als kleines Kind auf ihren Armen hielt?

Wenn ihr also unseren Herrn in eure Seele aufnehmt, meine Kinder, in den Schmerzen seines Leidens, dann sagt ihm: „Jesus, das ist ein Tag der Schmerzen für mich. Meine Seele ist trocken. Ich vereinige mich mit dir am Kreuz, als du sagtest: ‚Mein Vater, warum hast du mich verlassen?‘ In dieser Haltung wird meine Kommunion gut sein, denn ich liebe dich hinreichend, um mit dir und für dich zu leiden.“