4. Die Beichte
Meine lieben Kinder, heute Morgen habe ich über die Vorbereitung auf die Beichte gesprochen, wie man sein Gewissen erforscht. Ihr erinnert euch wohl daran. Ich habe großen Nachdruck auf die Erforschung des vorherrschenden Fehlers gelegt. Nun, jetzt will ich euch sagen, wie man beichten soll, nachdem man gut vorbereitet ist. Doch bevor ich euch das erkläre, muss ich euch gut zu verstehen lehren, welche Gnade Gott uns erweist, dass er uns die Vergebung unserer Sünden gewährt.
Was sollten wir tun, wenn wir nicht sicher wären, dass Gott uns verzeiht? Er schickt uns doch keinen Engel, um uns das zu sagen. Die Protestanten glauben, dass man nicht einem Menschen beichten darf, sondern Gott. Ohne Zweifel bekennen auch wir jeden Morgen in der Messe beim „Confiteor“ Gott unsere Schuld. Wir sind aber nicht sicher, dass Gott uns unsere Sünden vergeben hat. Wenn wir dagegen unser Bekenntnis vor dem Priester gemacht haben, der uns im Namen Gottes vergibt, sind wir dessen gewiss.
Meine Kinder, die Beichte ist etwas so Nützliches, dass selbst die armen Wilden das Bedürfnis fühlen, zu beichten. In erbaulichen Briefen aus der Mission habe ich eine ergreifende Geschichte gelesen.
Die Missionare berichten: Nachdem sie einige Zeit in Florida waren und die Landessprache ein wenig gelernt hatten, beobachtete einer von ihnen, dass eine Frau regelmäßig zur bestimmten Zeit am Nachmittag auf den Friedhof der kleinen Kinder kam. Nach der Sitte dieser Stämme legte man die Kinder, wenn sie gestorben waren, in eine kleine Wiege und die Mütter hängten diese auf einen großen Baum. Sie glaubten, dass der Wind, wenn er die Wiege bewegte, die Seele ihres Kindleins holte und dass diese so auf den Flügeln des Windes in den Lüften schwebte. Nun, diese Frau kam jeden Tag in den Friedhof. Sie kniete nieder, presste die Hände an die Brust und sprach unter Tränen. Der Missionar glaubte, es seien Worte des Schmerzes über den Verlust eines Kindes. Er ging näher heran und hörte, dass sie eine schreckliche, schauderhafte Beichte machte. Sie kam, um sie an der Wiege ihres Kindleins zu machen. Und wisst ihr, was sie an der kleinen Wiege sagte? „Armes Kind, ich habe deinen Vater getötet!“ Das ist abscheulich, nicht wahr? Nun, warum kam die Frau hierher? Sie war ungebildet, eine Verbrecherin. Um ihr Herz zu erleichtern, musste sie kommen und ihre Schuld bekennen, den sie nicht kannte, sondern ihrem Kindlein, das tot war. Diese Frau fühlte das Bedürfnis, ihr Verbrechen zu bekennen.
Seht, liebe Kinder, wie notwendig die Beichte ist. Ihr fühlt es selbst, wenn ihr einen Fehler begangen habt, der euer Gewissen beschwert, der das Herz eurer Mutter gekränkt hat. Seid ihr nicht recht glücklich, wenn ihr ihn der Mutter gestanden und gesagt habt: „Mama, ich habe das getan, aber es tut mir sehr leid“, und wenn sie euch verziehen hat?
Unser Herr Jesus Christus, der uns so sehr liebt, hat das Sakrament der Buße eingesetzt, in dem wir unsere Fehler bekennen, damit wir uns dann dem Sakrament des Altares nahen können. Er hat uns seinen Leib geben wollen, er hat uns sein Leben schenken wollen. Zuvor aber will er uns seine Hand reichen durch die heilige Absolution, er will, dass wir seiner Verzeihung sicher sind. Nach der Beichte, welches Glück! Eure Seele ist rein wie die der Engel. Gott hat die Hand über euch ausgestreckt, und macht keinen Unterschied mehr zwischen euch und den Engeln. Wie glücklich seid ihr, wenn ihr gebeichtet und das Wort des Priesters vernommen habt: „Ich spreche dich los von allen deinen Sünden.“ Der Schutzengel löscht die Seite mit euren Sünden aus, sie wird weiß, und eure Seele ist es ebenfalls.
Liebe Kinder, ich will euch ein Wort über mich sagen: ich bin mir sicher, ihr werdet es nicht unangebracht finden. Nun, als ich in eurem Alter war, hat mir unser Herr ein großes Verlangen nach der ersten heiligen Kommunion geschenkt. Nach jeder Beichte sagte ich stets: „Ach, Gott hat mir alle meine Fehler vergeben. Gott hat nichts mehr gegen mich. Ich stehe sehr gut mit ihm, das ist gut. Wie glücklich werde ich sein, ihn zu empfangen!“
Nun komme ich auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe. Was muss man tun, um gut zu beichten? Oh, jeder wird das vollkommen verstehen. Damit die Beichte recht gut sei, muss sie vollständig, fromm, demütig und aufrichtig sein. Vor allem muss man sich darauf vorbereiten durch eine Gewissenserforschung. Bei der Beichte muss man dann alle Sünden sagen, in die man gefallen ist, und darf keine verschweigen. Was hätte man davon, wenn man seine Sünden verschweigt? Gott kennt sie alle. Sagt nicht: „Wenn ich diese Sünde bekenne, wird mein Beichtvater eine schlechte Meinung von mir haben.“ Nein, der Beichtvater hat keine schlechte Meinung von euch. Im Gegenteil, er wird noch mehr schätzen, wenn ihr ihm demütig das Geständnis eines schweren Fehlers macht. Wenn ihr etwas habt, das zu sagen euch sehr schwer fällt, da gibt es eine kleine Hilfe: beginnt mit dem, und es wird euch leichter fallen, dann die anderen Fehler zu sagen, nicht wahr? Würde man die schweren Fehler nicht aufrichtig bekennen, dann empfing man nicht die Vergebung seiner Sünden. Liebe Kinder, um glücklich zu sein, dürft ihr nie etwas verschweigen. Ihr habt z.B. ein Glas zerbrochen und man sagt „Wer hat das Glas zerbrochen? Warst du es, Maria?“ Nun, man muss sagen, dass man es gewesen ist. Ich setze aber voraus, dass es ein großer Schaden ist. Hört zu!
In einem Haus, das ich von hier aus sehe, hatte man einst zwei schöne Porzellanvasen gekauft, die reich mit Ornamenten verziert waren. Diese Vasen waren sehr groß, sie waren einen Meter hoch und herrlich. Ein Mädchen von 10 Jahren rannte in den Salon. Die Vasen standen auf dem Teppich, das Mädchen stieß sie um, sie fiel auf die andere und beide zerbrachen. Niemand hätte es gesehen, niemand wusste es. Es gab da einen kleinen Windhund. Der könnte das Unheil angerichtet haben, und ich weiß nicht, ob das kleine Mädchen nicht versucht war, zu sagen, dass es der kleine Hund war. Es hätte das Unglück vielleicht seiner Mutter gestanden… aber dem Vater! „Trotzdem, wenn ich Mut habe“, sagt es sich, „werde ich es ihm sagen!“ Darauf läuft es zu seinem Vater und umarmt ihn. „Oh Vater, mir ist ein großes Unglück passiert. Ich habe die zwei großen Vasen zerbrochen.“ – „Mein Kind“, antwortet der Vater, „ich liebe deine Aufrichtigkeit mehr als die prachtvollste Einrichtung, denn sie zeigt ein gutmütiges Herz. Diese Aufrichtigkeit entschädigt mich nicht nur für den Verlust der Vasen, sondern sie macht mich wirklich glücklich.“ – Der Beichtvater soll für euch dieser Vater sein, liebe Kinder. Sagt ihm deshalb ganz einfach, was ihr getan habt.
Wenn ich euch nicht zu sehr ermüde, will ich euch noch eine kleine Geschichte erzählen, eine Erinnerung. Das ist ein Fall, der zeigt, wie nützlich es ist, seine Fehler gut zu bekennen. Ein sechsjähriges Mädchen war in einem Pensionat. Heute ist sie 72 Jahre alt. Nun geschah es, dass ein Dienstmädchen eine Geldbörse stahl, die einem Zögling gehörte. Man suchte. Man hatte nicht den geringsten Verdacht auf das Dienstmädchen. Die Kleine hieß Luise. Sie neigte wie manche Kinder dazu, Kleinigkeiten zu nehmen. Einmal hatte sie eine Nadelbüchse entwendet. Man fragte sich also, ob nicht sie die Schuldige sei. Man ließ ihren Vater, den Marquis kommen, und brachte die Befürchtung vor, die man gegen seine Tochter hegte. „Du bist also eine Diebin, Luise?“ sagte er zum Kind. „Wo ist die Börse, die du gestohlen hast?“ – Ganz bestürzt antwortete das Mädchen: „Aber, Papa, ich weiß es nicht.“ – „Hast du sie zurückgegeben?“ – „Nein.“ – „Hast du sie verloren?“ – „Ich weiß nichts von ihr.“ – Als der Vater die Bedrängnis drängte er nicht weiter und glaubte nicht, dass sie schuldig sei.
Die kleine Luise war aber so erschrocken bei dem Gedanken, dass man sie für eine Diebin hielt, und entsetzte sich so über das Wort „Diebstahl“, dass sie ihrem Beichtvater den kleinen Diebstahl der Nadelbüchse nicht zu bekennen wagte. Sie ließ ihn auf ihrem Gewissen sitzen. Als sie später Hausherrin und Familienmutter wurde, blieb ihr immer der Gedanke, sie sei eine Diebin, und sie wagte nicht, sich von der Last zu befreien, die sie bedrückte.
Nun, man erfuhr erst 50 Jahre später die Geschichte der Börse. Eine Lehrerin des Pensionates besuchte eines Tages die Marquise. Als sie in der Unterhaltung mit ihr die Erinnerung an die Vergangenheit wachrief, erzählte sie ihr, dass die kleine Geldbörse ein Dienstmädchen des Pensionates gestohlen hatte. Die Marquise war glücklich, das zu erfahren. Wie ich euch sagte, hatte sie immer der Gedanke gequält, man habe sie für eine Diebin gehalten, und ihr innerliches Leben war bis dahin recht schmerzlich. Hätte die Dame als Kind zum Beichtvater gesagt: „Mein Vater, ich habe etwas, was ich nicht zu sagen wage… ich habe gestohlen“, sie hätte gute Ratschläge erhalten, um die Sache zu klären, und sie wäre ohne Unruhe ihr Leben lang unglücklich gewesen.
Wenn man alles sagt, ist man hernach recht ruhig. Versteht ihr das gut, liebe Kinder? Ich mache jetzt Schluss, aber ich möchte noch dieses kleine Wort sagen: „Oh, es ist sehr schön, wenn man fromm beichtet, und gut auf das hört, was der Beichtvater sagt. Sooft ich beichtete – und ich habe sehr oft gebeichtet – habe ich recht deutlich gespürt, dass der Beichtvater wirklich der Stellvertreter Gottes ist. Wenn ihr größer seid, werdet ihr das gut verstehen. Für heute mache ich Schluss und will euch nicht länger aufhalten. Ihr werdet euch gut merken, was ich euch gesagt habe, liebe Kinder. Nicht wahr? Und wenn ihr beichtet, werdet ihr stets Gott im Priester sehen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
