Kapitel vom 02.06.1897: Der Generalassistent und der Generalökonom
„Der Assistent vertritt den Oberen, wenn dieser verhindert oder abwesend ist. Er soll dem Oberen zur Verfügung stehen und sich unter seiner Leitung mit jenen Angelegenheiten befassen, die dieser ihm anzuvertrauen für gut hält.“
Der Generalassistent kann nicht handeln ohne das vorherige Einverständnis des Generaloberen. Er ist also nur sein Helfer. In eigenem Namen darf er nicht handeln, und das umso mehr, als er ja vom General ausgewählt wurde, der ihm Wort für Wort und Tag für Tag sagt, was er tun soll. Natürlich kann ihm der Generalobere, wenn er Vertrauen zu ihm hat, die Sorge für mehr als eine Angelegenheit abtreten, wenn er auch an sich keinen Anspruch darauf hat. So kann der General ihm die Geschäfte mit der Außenwelt übergeben, damit er selbst freier ist für die innere Leitung der Genossenschaft.
„Er wird den Oberen über alle Angelegenheiten, mit denen er beauftragt ist, auf dem Laufenden halten und wird keine Frage von Wichtigkeit ohne ausdrückliche Zustimmung des Oberen entscheiden.“
Der Generalobere kann seinem Assistenten also einen Teil seiner Verpflichtungen abtreten. Nach den Satzungen wird aber dem Assistenten lediglich das eingeräumt, was der Obere ihm freiwillig anvertraut.
„Der Generalökonom soll sich um alle Güter der Kongregation kümmern…“
Aus sich kann der Generalökonom nichts entscheiden, weil der General die gesamte Verantwortung trägt. Der Ökonom wacht zwar über die Erhaltung der Güter der Genossenschaft, hat aber keine persönliche Verfügungsgewalt über sie.
„Er hat die Gesamtausgabe der Häuser, die Neubauten, die Reparaturen, etc. zu beaufsichtigen.“
Er muss dafür sorgen, dass die Neubauten und Reparaturen, die unter der Leitung der Hausökonomie vor sich gehen, die vorgeschriebenen Grenzen überschreiten. Er hat die Ausgaben der Kommunitäten zu kontrollieren und die Mittel anzugeben, um die Güter des Institutes zu erhalten. Den einzelnen Ökonomen hat er Anweisungen zu geben, die von diesen beachtet werden müssen.
„Er soll das Gesamtinventar der Güter führen, welche die Kongregation besitzt.“
An diesen Punkt der Satzungen möge sich der Generalökonom genau halten. Jeden Augenblick sollte der General ihn befragen können, woran er ist, um das mit der größten Exaktheit, besonders wenn es sich um zweifelhafte Guthaben und zahlungsunfähige Schuldner handelt…
„Er soll wissen, dass er sein Amt als wahrer Ordensmann auszuüben hat.“
Was alle diese Empfehlungen der Satzungen beherrscht, ist die klösterliche Note. Das leuchtet ein. Der Ökonom soll die Güter, die er zu verwalten hat, als Eigentum Gottes betrachten, somit als etwas Heiliges, das die ganze Aufmerksamkeit und Ehrfurcht derer verdient, die sich mit ihnen befassen. Darum soll er alles in tiefer Demut und völliger Losschälung von jedem persönlichen Vorteil und jeglicher Eigenliebe behandeln.
Der Sinn der Satzungen ist es, alles zu tun, um zur Vereinigung mit Gott zu gelangen. Diese Empfehlung, die der hl. Stifter an den Anfang des Direktoriums gesetzt hat, umfasst nicht nur alle täglichen Übungen, sondern muss auch Anwendung finden auf alles, was wir zur Ehre Gottes tun und unternehmen. Hier geht es um ein echtes, theologisches Prinzip, das der hl. Franz v. Sales und die Gute Mutter aufstellen. In der Heimsuchung beobachtete ich 40 Jahre lang, wie sich das Leben aller auf dieses Prinzip gründete und daraus entfaltete. Ich sah und verstand den göttlichen Sinn, den man den materiellen Dingen beimessen kann. Und das habe ich mir nicht nur eingebildet. Ich stellte fest, wie alle materiellen Dinge und Geschäfte nach diesem Grundsatz gehandhabt wurden und wie sie ununterbrochen Gnaden vermittelten.
Die hl. Regel segnet und weiht alles, was ihr unterworfen ist und was sie berührt. Wenn wir also Nahrung, Kleidung oder ein Amt erhalten, so empfangen wir gleichzeitig die damit verbundenen Gnaden. So wie Brot und Wasser nur geweiht werden, wenn der Priester die Weihegebete über sie spricht, so profitiert der Ordensmann geistlicherweise von den stofflichen Dingen, die ihm zur Verfügung gestellt werden nur soweit, als er sich dabei nach der Regel und dem gegebenen Gehorsam richtet. Die hl. Theresia sagte, im Haus klappe alles, wenn die Ökonomin und die Köchin gut seien.
Eines Tages fragte man einen Abt von Clairvaux, wie er seine Mönche bis zur Revolution so gut und eifrig habe erhalten können. Seine Antwort: Ich hatte zwei unschätzbare Vorteile: einen guten Novizenmeister und einen ebenso guten Koch…
Verstehen wir das wohl, meine Freunde, und stellen wir etwas vor (Anm.: „Wortwörtlich: Seien wir etwas Ganzes!“). Halten wir uns mit ganzer Treue an unsere hl. Regel. Noch einmal: was ich in der Heimsuchung schaute, war ein wahres Paradies. Alle Seelen arbeiteten dort sicher und einzig für den lieben Gott. Machen wir diese Gedanken zu den unsrigen. Mein Nachfolger möge besser sein als ich. Bis jetzt, ich gestehe es, habe ich mich kaum als Oberer wahrgenommen. Aber ich hoffe, dass ich mich bis zum Ende meiner Tage noch bessern werde… Ich war nicht streng genug, ich habe die Satzungen nicht in gebührender Weise beobachten lassen. Ich glaubte, das sei nicht angebracht und man müsse abwarten, da unsere Satzungen bisher nur probeweise zugelassen seien. Wenn wir aber eines Tages ihre endgültige Approbation haben, müssen wir uns daran geben, sie auch alle ausnahmslos und ganz exakt zu halten.
D.s.b.
