Kapitel vom 15.01.1896: Wir sind weder in Isolation noch sind wir Individualisten
Im letzten Kapitel sprach ich zu euch von unserer Pflicht, wirkliche Oblaten zu werden, und das infolge der beiden Werke, die wir zu vollbringen haben: das „Priesterwerk“ und den „Franz-v.-Sales-Verein“ zur Vorbereitung der Übung des Direktoriums bei Weltgeistlichen und Weltmenschen. Zu diesem Zweck legte ich euch die persönliche Übung unseres Direktoriums ans Herz, da wir ohne dies nicht die Lebensweise verstehen können, zu der wir andere überreden sollen, und ohne das wir gar keine Liebe zu ihr gewinnen können, weil uns ja jede Einsicht und jeder Mut dazu abginge. Die Übung des Direktoriums tut also unbedingt not.
Außerdem geht uns noch etwas anderes ab, und vielleicht noch mehr als das eben genannte: wir führen eine sehr zusammenhanglose Lebensweise ohne innere Einheit untereinander, und zwar in dem Sinn, dass wir alle allzu individuell und persönlich dahinleben, ohne Anschluss an die Kongregation und ohne Verbindung mit ihr.
Das sage ich nicht in einem schlechten Sinn… Gewiss sind wir alle ehrenhafte und brave Menschen, und brave Menschen, in denen keine Arglist und Tücke wohnt. Bei uns finden sich keine Individuen, die sich für Heilige ausgeben, und einen fantastischen Eifer an den Tag legen. Nein, das entspräche weder unserem Volkscharakter, noch unserer persönlichen Veranlagung. Das genügt aber nicht. Wir müssen uns mehr an unsere Genossenschaft anschließen und eine wirkliche Liebe zu ihr haben. Wir sollten sie stützen und ausbreiten, ihren Einfluss auf die Seelen durch Gemeinsamkeit und Einheitlichkeit der Ansichten wie der Lebensweise und Aktivität ausweiten und vermehren.
Was ich da sagen will, ist nicht sehr gut ausgedrückt. Der Gedanke jedoch ist klar, mag er sich auch nicht leicht in Worte fassen lassen. Möge also jeder von uns sich noch mehr an die Genossenschaft anschließen und mehr noch dazu beitragen, dass auch unsere Umgebung an ihr hängt. Nur keine Abkapselung, nur keinen Individualismus! Pflegen wir mehr den Gemeinschaftsgeist, tun wir nichts für uns allein, sondern lasst uns stets für die Kongregation und in Zusammenarbeit mit ihr schaffen.
Meine Freunde, ich sage euch in dieser Stunde, die Hand auf dem Herzen folgendes: Glaubt ihr etwa, es gäbe eine Kongregation auf der Welt, deren Geist, Lehrweisheit und Lehrmeinungen praktischer, auf die Seelen besser zugeschnitten und auch wirksamer seien als jene, die uns infolge unserer Berufung zum Oblatenorden zuteilwurden? Da ist jedenfalls die Überzeugung all jener, die uns kennen.
Pater Rollin ist zurzeit in Rom. Er ist kein Diplomat, kein Schlaumeier. Er ist eben der, der er ist, und wird als solcher von allen, mit denen er zu tun hat, geschätzt und verstanden. Ich will nicht behaupten, er über einen starken Einfluss aus, das nicht. Denn noch einmal: er ist kein Schlaukopf. Und doch lässt er bei allen, die er begegnet, volle Befriedigung zurück, und dieser Eindruck fällt auf unsere Genossenschaft zurück, der er auf diese Weise in hohem Maße nützt. Er weilt in Rom lediglich als Oblate des hl. Franz v. Sales, ist kein Generalbevollmächtigter, der schwierige und komplizierte Geschäfte zu erledigen hätte. Nein, sondern er ist dort, weil er nicht mehr Kraft genug hat, Unterricht zu erteilen. Er ruht sich in Rom aus. Was man mir aber von dort über ihn berichtet, überzeugt mich, wie hoch man ihn dort schätzt und wie hoch man seinetwegen die Kongregation achtet. Und so muss es bei uns immer sein, meine Freunde. Von diesem Geist müssen wir beseelt sein. Das ist etwas ganz Großes, was unser Herr, was der Papst gesagt hat. Das wir seine Wirkungen hervorbringen. Entweder werden wir Oblaten mit dieser Sendung beauftragt werden, oder andere werden es an unserer Stelle tun. Es ist das eine sehr ernste Verpflichtung, eine richtige Gewissenspflicht, mit unserem Herzen mit der Genossenschaft verbunden zu sein, sie auszubreiten und zum Blühen zu bringen, uns mit allen Kräften für sie einzusetzen, und aufzuopfern.
Ich rühre beständig an dieselbe Saite: aber das ist notwendig, um sie zum Erzittern und Erklingen zu bringen, damit sie einen Widerhall auslöse. Hundertmal, ja tausendmal wiederholte mir die Gute Mutter: „All das ist die Gabe des lieben Gottes, und es ist eure spezielle Gnade. Hier handelt es sich um etwas, was bis jetzt noch in den Schatzkammern der Liebe Gottes ruht. Ein ungeheures Gut, das der Welt zuteilwerden soll. Euch hat der liebe Gott auserwählt. Als seine Mittler, seine Werkzeuge hat er euch erwählt…“
Wenn ich häufig auf diesen Gedanken zurückkomme, dann deshalb, ich sage es vor allen und erkläre es im Angesichte Gottes, weil ich es nicht wagen würde, vor Gott beim Jüngsten Gerichte zu erscheinen, wenn ich die Dinge nicht sagte, wie sie sind. Ich wäre weniger verlegen, mit allen möglichen Todsünden beladen vor Gott zu erscheinen denn als Deserteur an der mir übertragenen Aufgabe, indem ich nicht alles sage, wie es ist. Prälat de Segur ließ mir während der Abfassung des Lebens der Guten Mutter bei jeder Gelegenheit ausrichten: „Lassen Sie bloß nichts aus, stutzen Sie nichts zurecht. Das dürfen Sie nicht, dazu haben Sie kein Recht. Schreiben Sie ganz einfach nieder, was Sie gehört und gesehen haben, ohne irgendetwas zu ändern, zu deuten oder zu unterdrücken. Sagen Sie die Dinge einfach, wie sie sind!“
Es unterliegt keinem Zweifel, dass Gott durch uns große Dinge wirken will, meine Freunde, aber in dem Sinne, dass eure Worte bei der Katechese in den Seelen eurer Kinder große Wirkungen erzielen werden, dass ein Wort in der Beichte oder in der Seelenführung besondere Resultate hervorbringen wird. Auf der Kanzel werden eure Worte einen Widerhall wecken und den Seelen großen Nutzen bringen. Jawohl, schwierige und peinliche Umstände werden keine Bedeutung haben, denn Gott wird mit euch sein und mit euch handeln.
Keiner von uns wird jedoch so anmaßend sein zu glauben, wir seien besser als die anderen. Wenn wir etwas wert sind, dann nicht auf Grund persönlichen Verdienstes, sondern weil wir Oblaten des hl. Franz v. Sales sind. Dasselbe gilt übrigens für alle Ordensgemeinschaften. Seht nur die Jesuiten an: wenn einer von ihnen den Orden verlässt, wird er bedeutungslos, während er vorher etwas darstellte. Nehmt den Pater Lavigne in Nizza: Solange er Jesuit war, glänzte er durch seine Beredsamkeit und seine apostolischen Werke. Er übte einen unvergleichlichen Einfluss aus, alles sprach nur von ihm. Da verließ er den Orden, und niemand verlor mehr ein Wort über ihn, er war eine Null geworden. Darum müssen wir uns noch enger zusammenschließen. Ich sage nicht, wir dürften keine Einzelpersönlichkeiten bleiben, im Gegenteil. Seid Persönlichkeiten, natürlich ohne den Geist der Widersetzlichkeit und Eigenliebe. Aber ihr dürft nicht dem Individualismus verfallen und keine Menschen werden, die sich nicht zusammenschließen können, die ihren Willen und ihren Geist nicht aufgeben und sich nicht hingeben können „bis zur Vergießung des Blutes“, wie der Papst mir sagte.
Bei Frauen ist das leichter. Sie schließen sich enger zusammen oder aber zerstreiten sich mitunter. Doch gibt es bei den Frauen Möglichkeiten des Zusammenschlusses, die den Männern fehlen. Die Natur der Frauen eignet sich besser für ein Leben in Gemeinschaft. Als die hl. Franziska zum hl. Franz v. Sales sagte: „Bilden Sie doch Priester heran, die Ihren Geist haben“, antwortete dieser zurück: „Das ist sehr leicht gesagt. Seit zwanzig Jahren bemühe ich mich darum, konnte aber bisher nur anderthalb Priester heranbilden.“ Doch was die Gute Mutter nicht zuwege bringt, das gelingt der Gnade. Mit Intelligenz, gutem Urteil und der Gnade Gottes ist es möglich, aus verschiedenen Willen einen Gesamtwillen zu formen. Gewiss sind nicht alle gleich, aber es gibt ja auch eine Unterwerfung, eine Einheit von Beziehungen, die bewirken, dass man in einer letzten Zergliederung zusammengeschweißt wird, und das bei Männern stärker als bei Frauen.
Um einen Oblaten oder Priester im Geist des hl. Franz v. Sales heranzubilden, braucht es bei ihm Verstand und Urteilsvermögen. Es muss Befähigung vorliegen. Es ist also mehr erfordert als wenn man nur einen guten Priester schlechthin formen will. Das ist einleuchtend. Es bedarf dazu eines starken Willens, einer großen Hochherzigkeit und einer ausgeprägten Selbstverleugnung. Man muss sich da auf einen höheren Standpunkt stellen, muss über sich selbst hinauswachsen, muss über den Erbärmlichkeiten der Menschennatur stehen. Der hl. Franz v. Sales sagt nicht umsonst: „Das ist nicht leicht zu sagen, aber schwer zu verwirklichen.“
Ich sage euch das, meine Freunde, und ich sage es immer wieder, damit euch das Verständnis dafür aufgehe. Damit will ich niemand von euch tadeln oder anklagen. Ich stelle ganz einfach eine Unzulänglichkeit fest, ein Ungenügen, das nicht einmal in einem ausdrücklichen Willensakt irgendjemandes gründet, sondern in der Schwierigkeit der Situation und der Umstände. Und in der Tat, der Grad von Heiligkeit und Selbstverleugnung, den ich vorgezeichnet habe, setzt einen schweren Kampf voraus. Nur um diesen Preis wird man ein guter Ordensmann und ein guter Oblate.
So mögen die Oblaten sich also nicht bloß um das Leben der Innerlichkeit, des Gehorsams und der hl. Regel bemühen, wie ich es das letzte Mal ausgeführt habe, sondern sich auch an die Regeln des äußeren Zusammengehens halten: sie sollen sich um keinen Preis isolieren, sondern jederzeit mit der Kommunität und dem ganzen Institut in Gesinnung und Tat einig gehen.
Ich gehe noch weiter: Eure Studien, die Führung der Seelen wie die Erziehung der Jugend gehe von dem Prinzip aus: ich bin Oblate des hl. Franz v. Sales. Ihr studiert Theologie und Philosophie: tut dies immer im Einklang mit dem, was der hl. Franz v. Sales gesagt und geschrieben hat. Da findet ihr eine sehr schöne Philosophie, besonders eine schöne Psychologie. Franz v. Sales lehrt auch eine wunderbare Theologie. Diese beiden Hauptwissenschaften solltet ihr zusammen mit Franz v. Sales studieren. Und ihr sollt sie auch im Verein mit der Guten Mutter, ihren Lehren und Schriften durchgehen. Das würde euch viele Erleuchtungen einbringen. Ihr werdet das tun in der ganz praktischen Absicht, ein gebildeter Oblate zu werden, der seiner hohen Aufgabe gewachsen ist, Seelen zu unterweisen, die ihm gern zuhören, der ihnen viel Gutes erweist. Damit richtet ihr all eure Studien auf ein einziges Ziel aus.
In gleicher Weise sollt ihr eure Geschichtsstudien betreiben, indem ihr von dem Grundsatz ausgeht: Die Geschichte besteht in der Führung der Völker durch Gott auf die Ziele hin, die er ihnen gesteckt hat. Sämtliche Fakten der Geschichte müssen auf diesen Punkt hinauslaufen, und nur in diesem Lichte geht euch das Verständnis der Geschichte auf. Das wird euch eine große Offenbarung sein, wenn ihr im Lichte Gottes und der göttlichen Erkenntnisse das Studium der Geschichte betreibt: ihr werdet dann nicht nur die allgemeine Geschichte der Völker erfassen, sondern auch die Geschichte jeder Einzelseele. Wenn ihr euch auf diese Ebene stellt, werdet ihr eine klare und deutliche Sicht gewinnen, werdet die wahre Philosophie aller Willensbestrebungen und der verschiedenen Willensrichtungen besitzen. Die Geschichte ist die Offenbarung des göttlichen Willens und des göttlichen Wohlgefallens. Geht also von diesem ganz salesianischen Standpunkt aus. Ich gehe noch weiter: In den Wissenschaften der Physik und ihrer Harmonie unter sich findet ihr dieselbe Einheitlichkeit verwirklicht: den Willen Gottes. Dieser umfasst alles. Gott hat die äußere, natürliche Welt nach dem Muster der übernatürlichen geschaffen. Gott ist Gott, er hat nicht zwei unterschiedliche Handlungsweisen.
Er erschuf die übernatürliche Welt gut wie die unstoffliche Welt des Geistigen. Derselbe Gott schuf aber auch die materielle Welt, und alles wurde nach dem gleichen Modell gestaltet. P. Daum sagte mir in Rom: „Zwischen dem Natürlichen und dem Unnatürlichen gibt es keine sehr spürbare Grenzlinie, ebenso wenig wie man zwischen dem Gedanken und dem Stoff immer eine deutliche Scheidelinie ziehen kann. Man weiß mitunter nicht recht, wo das eine anfängt und das andere aufhört.
Ich unterrichtete Mathematik. Wie kommt man mit ihrer Hilfe zum gleichen Ergebnis? Zunächst lehrt uns die Mathematik den Gehorsam. Wenn ihr Mathematik betreibt, stoßt ihr auf Schritt und Tritt auf Gott und auf das Gesetz des Gehorsams. Mathematik heißt Gerechtigkeit und infolgedessen Gehorsam. Das kommt euch vielleicht komisch vor, ist aber höchst wahr. Als ich noch im Seminar war, betrieb ich meine Philosophie und meine Logik weniger nach dem Lehrbuch, nach dem man vorging und das ich komisch fand, es war die Logik von Port-Royal, als vielmehr nach meiner früheren Geometrie. In der Geometrie fand ich das nötige Licht für die Logik. Da erlebte ich auch Befriedigungen, Ein- und Übersichten, die mich beglückten. Diese Entdeckungen klärten mich auf und bestätigten mir auch die Glaubenssätze. So verstand ich besser, was der Glaube beinhaltete, auf welche Objekte er sich erstreckte. Das ist keine bloße Einbildung, sondern Wirklichkeit.
All das sage ich, damit ihr einseht, dass ein guter Oblate seine ganze Liebe, sein ganzes Herz, und seine ganze Arbeit darauf verwenden sollte, all seine Studien und sonstigen Bemühungen auf das eine Ziel zu konzentrieren: ich bin ein Oblate des hl. Franz v. Sales. Das muss ich mehr und mehr werden. Ich selbst muss von der Doktrin der Oblaten leben und sollte auch die Seelen der anderen damit nähren. Mit dieser Fackel kann ich alles in mir und um mich herum erleuchten und erhellen, alles mit diesem Feuerherd erwärmen. Dann wird die Kongregation etwas sein. Unsere Eigenpersönlichkeiten werden dann keine Trauerweiden sein, die einzeln am Wegrand stehen.
Bittet Gott um Verständnis für diese Dinge. Die Lehre des hl. Franz v. Sales ist eine Schule. Die alten Philosophen hatten alle ihre Schulen: diese da nimmt es ohne Weiteres mit den ihren auf. Sehr oft sagte mir die Schwester Maria-Genofeva in den Jahren, die seiner Erhebung zur Würde eines Kirchenlehrers vorangingen: „In einiger Zeit wird unser hl. Gründer zu einem der größten Gelehrten des Himmels erklärt werden.“ Sie hatte aber keine Ahnung, was in Rom diesbezüglich vorging. Bittet um die Gnade, dies alles wohl zu verstehen. Lasst diesen verborgenen Schatz in euren Händen nicht zugrunde gehen.
Seht nur, wie es die Jesuiten machen: betrachtet, was sie über Theologie, die Verkündigung, die Wissenschaften geschrieben haben. Alles das bewegt sich stets innerhalb ihres Kreises. Alles gruppiert sich um das Buch der Geistlichen Exerzitien des hl. Ignatius von Loyola…Jetzt erst fangen sie ein wenig an, in einigen ihrer Predigten darüber hinaus zu gehen. Aber das ist unbedeutend. Bis jetzt haben sie sich auf dieses Terrain beschränkt. Die Geistlichen Exerzitien sind bei ihnen Ausgangspunkt für alles.
Und wir, meine lieben Freunde, seien wir doch imstande zu begreifen, dass da, und da allein, auch unsere Stärke liegt. Halten wir uns sehr eng an das Prinzip und die Mittel des hl. Franz v. Sales, die uns überliefert wurden. Wir sind die Treuhänder dieses Lehrgutes. Dann wird alles, was wir in Angriff nehmen, gut und fruchtbar werden.
Zu diesem Zweck müssen wir aber unseren Beruf, unsere Kongregation lieben. Das Maß unserer Hingabe an unsere Genossenschaft wird auch das Maß der Erleuchtungen sein, die uns Gott zu unserer Führung anbietet. Es wird aber auch zum Maß an inneren Freuden, Wonnen und Tröstungen werden, die Gott uns zuteilen wird. Und inmitten der kleinen Mühseligkeiten und Abtötungen unseres Alltags, selbst wenn diese einmal an Intensität zunähmen, werden wir dennoch eine ungeheure Freude erleben, die im genauen Verhältnis zur Hochherzigkeit unserer Willens- und Herzenshingabe steht.
Richtet also, liebe Freunde, euer Leben im Inneren und Äußeren aus nach den Grundsätzen und Lehren, die ihr im Noviziat, in der Lektüre der Werke des hl. Franz v. Sales, des Lebens der Guten Mutter empfangen habt. Das muss euer Schatz sein, ein reicher und festgefügter Schatz, auf den ihr euch verlassen könnt, der euch Liebe zu unserer Genossenschaft und unaufhörlichen Dank gegenüber Gott für die Gnade der Berufung einflößen wird. Ist es denn nicht eine ganz bedeutsame Tatsache, dass bis zu diesem Augenblick keiner unsere Kongregation verlassen hat, keiner! Keiner, der dies nicht hinterher bereut und nicht früher oder später zu mir gesagt hätte: Hier fand ich etwas, was ich anderswo vergeblich suche. Und das sagen alle, meine Freunde. Es muss folglich stimmen.
Aus dem Gesagten möge jeder für sich etwas Praktisches herausnehmen. Verstehen wir doch, dass man, um gut zu handeln und ein guter Oblate zu sein, sich nicht isolieren und nicht eigenmächtig vorgehen darf. Es ist da wie bei einer Uhr. Das Rädchen, das da auf dem Tisch liegt, demontiert und isoliert, leistet nichts und nutzt nichts. Setzt es der Uhrmacher aber an seinen Platz, dann bewegt es sich, bringt eine nützliche Aktion und seinen Effekt hervor. Betet bei der hl. Messe und der hl. Kommunion um Verständnis für diese Wahrheit. Betet, dass man in der Ordensgemeinde die Art und Weise, richtig zu sehen und zu urteilen, heilige, den Verzicht auf das eigene Wollen in dem Maße und der Weise, die Gott wünscht, einübe. Macht euch eifrig daran. Und noch einmal und immer wieder: Was wir besitzen, wer hat es schon außer uns? Sucht es überall, sucht eine Theologie und eine Strategie, die wirksamer sei! Ja, sucht sie nur!
Wir wollen die Gute Mutter bitten, uns vom Himmel her Verständnis für diese Wahrheit zu schenken. Sie wünschte ja so innig die Verwirklichung dieses Werkes, dass sie mir auf dem Sterbebette sagte: „Wie gerne würde ich noch weiterleben, um zu erleben, was der Liebe Gott wirken wird. Was ich aber am allerliebsten möchte, ist die göttliche Liebe…“ Wenn ich die Resultate, meine Freunde, mit der Größe der Verheißungen vergleiche, so stelle ich fest, dass wir noch nicht ganz auf der Höhe unserer Sendung stehen.
D.s.b.
