Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 16.05.1894: Adam war auf natürliche Weise im Gebet mit Gott im Garten Eden

Das letzte Mal, als ich zu euch über die Gebetsmethode sprach, konnte die Methode, die ich euch gab, ein wenig außergewöhnlich erscheinen. Dennoch ist es wahrlich eine zweckmäßige Methode. Sie kommt gänzlich aus der Definition des Gebetes. Die Definition, die die Gute Mutter davon gab, ist sehr genau, sehr theologisch: „Beten heißt, unsere eigenen Angelegenheiten mit Gott behandeln, heißt uns einfach und liebevoll zu unterhalten, nicht nur über geistige Angelegenheiten“, sagte sie, „sondern über alle unsere Angelegenheiten. Wenn wir mit Gott nur geistige Dinge behandeln wollen, ist unser Gebet unvollständig, und wir berauben uns vieler Hilfen, da unser Leben von Akten von außen viel mehr gefangen genommen ist als von den inneren und geistigen Akten.

Das erste Gesetz, das Gott dem Menschen gab, als er ihn schuf, ist das Gesetz der Arbeit. Er hat ihn in das irdische Paradies gestellt, „um es zu bearbeiten und zu erhalten“. Das ist nicht, um zu beten, sondern um zu arbeiten. Über welche Angelegenheiten handelte Adam mit Gott, als er sein Gebet sprach? Offensichtlich über seine Gartenarbeit. Das Gebet, das nicht so weit geht, das nicht bis zu den Pflichten des materiellen Lebens hinabsteigt, hinkt und hat nicht die ganze Wirkung, die es erzeugen soll. Ohne Zweifel kann es noch so gute Wirkungen haben, Folgen, die mehr oder weniger mit den in Einklang stehen, das wir betrachtet haben. Ich empfehle euch jenes Gebet vor jedem anderen. Es ist sicher das praktische, das leichteste und bei weitem das fruchtbarste.

Es ist das leichteste Gebet, da es euch nicht verpflichtet, Anstrengungen des Geistes, der Vorstellungskraft, des Gedächtnisses, des Gefühls zu machen. Es ist auch das leichteste, weil euer Thema ganz gefunden ist. Das wahre Gebetsschema sind unsere Angelegenheiten. Die Übung des Gebetes ist viel leichter. Wir laufen in unserem Gebet Gefahr, dass uns unsere Gedanken statt uns mit Gott zu verbinden mit uns selbst verbinden, dass sie anstatt uns in die Abhängigkeit von Gott zu stellen, uns in die Beschäftigung mit uns selbst versetzen. Eine Betrachtung ist nur eine lange Zerstreuung, wenn sie uns statt uns in eine innige Beziehung mit Gott zu bringen sich darauf beschränkt uns selbst zu betrachten, zu denken, wie wir uns in diesem oder jenem Umstand verhalten werden: Das ist nur eine einfache ganz menschliche Vorbereitung, das ist kein Gebet. Aber wenn wir dem lieben Gott sagen, wenn uns das, was wir ihm versprechen uns zu seinen Füßen und in seinen Händen bleiben lässt, wenn wir ihn um sein Licht bitten, um uns zu erleuchten, wenn wir ihn fragen, wie wir es gut machen sollen, wenn wir ihn bitten, uns zu Hilfe zu kommen, so ist dieses das wahre Gebet. Man muss gut vermeiden, das Ziel unseres Gebetes aus dem Auge zu verlieren: mit Gott zu handeln. Und wir müssen unsere Seele daran gewöhnen, alles mit Gott selbst zu behandeln.
Ist es nicht leicht? Diese Art zu beten ist nicht zu sehr, was man uns bis jetzt gelehrt hat. Das ist etwas Neues. Könnte man das lehren so wie es ist und ohne Sorge um irgendwelche Versammlung von Gläubigen, Seminaristen, Priestern? Ich würde es nicht immer raten. Das könnte nicht immer gut verstanden werden. Aber wenn Sie mit dem Direktorium die Gewohnheit angenommen haben, in gewohnheitsmäßiger Vereinigung mit Gott zu sein in ständiger Verbindung. Wenn ihr euren Willen, euer Herz, euren Gedanken in seinen Händen halten, wenn ihr ständig den lieben Gott bitten um das Licht, um dieses Thema gut zu machen, diese Version, um euren Schlafsaal gut ausfegen zu lassen, werdet gut verstehen, und ihr werdet dieses Gebet leicht sprechen. Bittet Gott, es besser zu machen, was am wenigsten angenehm ist, und macht immer das, was ihm gefallen wird. Das war das Gebet Adams im Zustand der Unschuld, im irdischen Paradies. Es gibt eine Gefahr, die ich euch aufgezeigt habe, nämlich, dass die Zerstreuung einen großen Teil eures Gebetes einnimmt, wenn ihr darauf achtet, sich mit Gott zu unterhalten.

Dieses Gebet hat den Vorteil, leichter als jedes andere zu sein, und es ist auch viel fruchtbarer. Da ihr euren Tag mit Gott vorbereitet habt, was ihr zu machen habt, was ihr zu sagen habt, wenn der Augenblick kommt, richtig handelt und ohne Zögern, und ihr sagt und macht, was notwendig ist. Das ist die unmittelbare Folge eures Gebetes. Das ist, meine Freunde, äußerst gut und nützlich, an sich daran zu gewöhnen, alles mit seiner hl. Gegenwart zu behandeln, indem ihr in jedem Augenblick zu ihm Zuflucht nehmt. Es ist ein großer Vorteil für uns, uns daran zu gewöhnen, nicht allein zu sein, unsere Entschlüsse nicht einsam, isoliert zu fassen, sondern mit Gott, in seiner Gegenwart, mit seiner Hilfe, unter seiner Eingebung. So werden unsere Handlungen des Tages alle sehr gut, sehr vollkommen sein, weil sie alle in Abhängigkeit von Gott, in Einheit mit ihm gemacht sein werden.

Handelt immer so, egal, was ihr zu machen habt, im Dienst des Kollegs, des hl. Amtes, des Predigens, der Beichte, der Seelenführung. Was macht der hl. Priester, der hl. Ordensmann, der berührt und bekehrt? Es ist genau dieser Geist der Abhängigkeit von Gott, der ständigen Einheit mit ihm. Wenn man es sich zur Gewohnheit macht, mit dem lieben Gott über die Seelen zu verhandeln, die er uns geschickt hat, werden wenige dieser Seelen unserem Tun entschlüpfen. Die Seelen werden selbst gerne zu diesen Beichtvätern kommen, sie werden sich angezogen, unterstützt fühlen, ihr Vertrauen ist grenzenlos. Sie verstehen, dass die Handlung nicht vom Menschen, sondern von Gott kommt. Das ist, meine Freunde ein großes Mittel der Bekehrung.

Die Gute Mutter sagte oft: „Es ist sehr hart, diese oder jene Seele zu gewinnen.“ Hier ist das Mittel, die Seelen zu gewinnen und sie für Gott zu bewahren. Wen das hart für die Natur ist, so ist eine Seele wohl der Mühe wert, dass man sich mit ihr beschäftigt, und dass man ein wenig leidet.

Ich empfehle wärmstens diese Gebetsmethode. Sie ist im Grunde so natürlich, dass sie viele Seelen üben, ohne dass man sie ihnen beigebracht hatte. Es ist in ihrer liebenden und auf Gott vertrauenden Natur. Sie beten so am Morgen, während des Tages, in den Heimsuchungen. Das liest man nicht zu sehr in den Büchern, in den Abhandlungen über das Gebet. In diesen Abhandlungen läuft der Autor immer einer gewissen Gefahr, zu sehr auf seinem persönlichen Gedanken zu verharren. Man will immer dem einen Wert geben, das man macht, es hervorheben, es allem anderen überlegen zeigen, und das ist genau der Gegenstand und der Grund des Werkes, das man veröffentlicht. Zu oft haben diejenigen, die über das Gebet geschrieben haben, so gehandelt. Die Gute Mutter wird euch sicher wirksam helfen, das gut zu verstehen, und zu verwirklichen. Macht diese Erfahrung!

Ich wiederhole es noch einmal, und ich wünsche mir, dass es sehr tief in eure Seelen einprägt bleibt. In all unser Tun muss Gott einbezogen werden. Dies gibt uns die wahre Richtung an, den wahren Weg, dem jede Seele folgen muss. Das ist das wahre Ziel, nach dem wir streben sollen, das wahre Ziel, das wir anpeilen sollen. Es ist die Zuwendung zu Gott, die alle unsere Handlungen heiligt.

Es möge sich jeder wohl daran machen, es ist leicht. Ihr studiert, ihr lasst die anderen studieren, ihr arbeitet an dem oder an jenem: das ist das einzige Mittel zum Erfolg. Macht es euch zur Gewohnheit, alle eure Handlungen in Einheit mit dem lieben Gott zu machen, und es wird euch gelingen, gute Oblaten zu sein.

D.s.b.

(Übersetzung: Adelinde Heidenreich)