Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 25.11.1891: Über die Art, das hl. Messopfer fromm und nutzbringend zu feiern.

„Anleitung, um das hl. Messopfer fromm und nutzbringend zu feiern.“

Es ist gut, all diese Gebete und Gebetsmeinungen in eine einfache und kurze Formel zusammenzufassen. Bei den Oblatinnen habe ich das bereits vornehmen lassen. Diese Vereinfachung hilft dem Gedächtnis und sammelt den Geist, sonst würde das Vielerlei unseren Geist allzu sehr belasten. Der hl. Stifter hat sich freilich all diesen Übungen unterworfen, obwohl sein Geist von einer erstaunlichen Weite war. Auf diesem Wege gelangte er jedenfalls zu seinem ununterbrochenen Wandel in Gottes Gegenwart. Auf eine diesbezügliche Anfrage der Mutter Chantal gab er die bezeichnende Antwort: „Gott schenkte mir die Gnade, nie durch andere Gedanken abgelenkt zu werden, sobald ich meine Treue zum Altar richte…“ Diese Gnade hatte er sich durch seine Treue zu den im Direktorium empfohlenen Übungen erkauft. Gewiss sind all diese einzelnen Übungen sehr gut. Ich erlaube mir aber die Bemerkung, dass es nicht immer möglich ist, erlaube mir aber die Bemerkung, dass es nicht immer möglich ist, sie alle ohne Ausnahme zu beten. Ich meine einzig und allein jene, die die Vorbereitung und Danksagung vor und nach der hl. Messe betreffen. Wer zerstreut ist und wessen Geist gern auf Wanderschaft geht, soll, falls er die nötige Zeit zur Verfügung hat, alle vorgeschriebenen Einzelheiten beobachten. Wer hingegen während seiner Vorbereitung einen inneren Zug verspürt, der ihn zu anderen Gedanken und Anmutungen zieht, darf sich für entpflichtet halten, dieser Anleitung Punkt für Punkt zu folgen. Ein kluger Seelenführer wird hierin beraten. Fällt es dir leicht, vor und nach der Messe mit unserem Herrn vertraulich umzugehen, kann es nur von Nutzen sein, bei ihm zu verweilen, ohne dass du diese Vielheit von Akten und Gebeten vornimmst. Geht dir diese Leichtigkeit ab, so bediene dich dieser Übungen, die dich ganz naturgemäß zur Vereinigung mit Gott führen werden.

Das Direktorium führt die Seelen zu dem, was der hl. Stifter „Liebe des Wohlgefallens“ nennt und „Liebe der Vereinigung“. Alle Mühen und Plagen, die über dich kommen, selbst solche, die sich in den unbedeutendsten Handlungen finden, steigen zu Gott empor. Statt dich niederzudrücken, heben sie dich empor und stützen dich. Da gibt es keine verlorenen Augenblicke. Alles wird bereitwillig bejaht und angenommen, weil es von Gott kommt und die Vorsehung es so angeordnet hat. Der Akt, durch den wir gehorchen, verbindet uns gleichzeitig enger mit Gott. Wir setzen diesen Akt ja aus Liebe zu Gott.

Man rasiert sich des Morgens, ist verdrossen und unausgeschlafen. Nun ist das durchaus in Ordnung und gefällt Gott. Erwies man sich treu in den Gedanken des Direktoriums und hat die gute Meinung gemacht, so haben wir auch diese Handlung mit übernatürlichem Inhalt erfüllt und haben uns damit mit Gott vereinigt. Auch unser Herr schnürte seine Sandalen an die Füße in den Tagen seines Erdenwandels, wusch sich die Hände, etc. War das etwa bedeutungslos? Nein, es waren göttliche Handlungen, und stiegen wegen der inneren Absicht, die ihnen zugrunde lag, als Gebete zu seinem himmlischen Vater empor. Warum wurde unser Herr denn Mensch und kam nicht in Engelsgestalt zu uns? Nun, er wollte all sein menschliches Tun, welcher Art auch immer es war, vergöttlichen, indem er es mit seinem Vater und für ihn vollzog. Nach einiger Zeit treuer Befolgung des Direktoriums gelangt unsere Seele zu einer ununterbrochenen und gewohnheitsmäßigen Gottvereinigung. Dann bedarf sie nicht mehr dieser Vielzahl von Einzelübungen. Wir wollen also durchaus zugeben, dass so zahlreiche Einzelhandlungen nicht jedermanns Sache sein müssen, weil nicht jeder die nötige physische Kraft aufbringt, solch eine Gedächtnisleistung zu vollziehen. Nicht wenige Priester würden dadurch allzu ermüdet. Ihnen empfehle ich, bei jenen Gedanken zu verweilen, die ihre Seelen wirklich nähren, und die übrigen zu übergehen. Ihr versteht mich. Ich will damit nicht sagen dieser Artikel gehe uns nichts an. Wer leicht zerstreut ist, tut gut daran, sich an ihn zu halten. Und noch einmal: Zweck dieser Vielheit von Übungen ist es, zur „Liebe des Wohlgefallens“ oder der „Vereinigung mit Gott“ zu gelangen, zur Liebe dessen, was Gott will. Dahin müssen wir alle kommen. Noch vor unserem Tod muss dieses Ziel erreicht sein. Denn im Himmel und während der ganzen Ewigkeit werden wir genau so sein, wie wir im Augenblick des Sterbens waren. Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen. Fällt er einen oder zwei Meter neben das Ziel, bleibt er für ewig dort liegen. Der Himmel ist gewissermaßen der letzte Tag unseres Erdenlebens. Es bedeutet für uns also schon ein sehr ernstes Anliegen, sich auf ihn gut vorzubereiten, keine Zeit zu vertrödeln und die Mittel zu benutzen, sich mit Gott so innig wie möglich zu vereinigen.

Ich empfehle euch sehr das schöne und fromme Gebet des hl. Thomas von Kempen aus der „Nachfolge Christi“. Betet auch treu das Vorbereitungsgebet Papst Gregors XIII.: „Ich will nun die Messe feiern…“ Es ist kurz, einfach und fromm und überall zu finden. Haben wir mehr Zeit, hindert uns nichts, einige Stellen aus dem vierten Buch der „Nachfolge Christi“ zu lesen. Der Geist Gottes weht ja, wann und wo er will. Und was uns wohl bekommt, passt noch lange nicht für jeden anderen. Wer gern mündliche Gebete spricht, tut gut daran, sich weiterhin daran zu halten. Auch die Kirche schreibt ihren Dienern mündliche Gebete vor und nicht innerliche. Erweist dir Gott freilich die Gnade des betrachtenden Gebetes, so gestalte deine Vorbereitung mehr innerlich und darum auch besser, denn solche Gebete dringen mit größerer Sicherheit aus eurem Herzen zum Herzen Gottes.

„Dann empfiehlt sich der Pater der allerseligsten Jungfrau… Endlich ruft er noch alle Engel und Heiligen des Himmels an…ebenso den Beistand des Schutzengels…“

Das ist sehr gut und verbündet uns mit dem ganzen Himmel. Diese Gebete können uns sehr wohl zur Gottesliebe entflammen und innerlich in eine ausgezeichnete Verfassung versetzen. Wie schön, wenn ein Oblate sich genau an das hält! Er fände das Wohlgefallen unseres hl. Gründers und erhielte von Gott viele Gnaden. Bedient euch auch der guten Gedanken, die unser hl. Stifter für das Anziehen der Paramente empfiehlt und die man während der offiziellen Gebete des Missale beim Ankleiden wohl erwägen kann. In einem dieser Gebete scheint mir eine kleine Bosheit zu stecken gegen die Hersteller der früher so schweren und dicken Messgewänder: „Oh Gott, der du gesagt hast: Mein Joch ist süß und meine Bürde leicht, gib, dass ich diese Last zu tragen vermag…“ Ja, diese so schweren Gewänder erfordern wahrlich eine Sondergnade Gottes…

Jeder sehe also zu, was ihm frommt und wähle klug von all diesen Gebeten etwas aus, falls er nicht die Kraft oder den Mut hat, alle zu beten. Die hl. Messe wollen wir anschließend mit Andacht, lebendigem Glauben und ganzem Gottvertrauen lesen. Denn da erhalten wir alle Gnaden, deren wir bedürfen. Auch die Gute Mutter empfing alles durch das hl. Messopfer. Opfert euch dem lieben Gott im Verein mit seinem göttlichen Sohn auf und ebenso vorbehaltlos wie er. Eine andächtig gelesene Messe hat eine tiefgehende Wirkung auf uns selber wie auf jene, die ihr beiwohnen. Darum sagte man auch vom H.H. Cardot: „Wie schon er die hl. Messe liest!“ Das war der übereinstimmende Eindruck all jeder, die seine hl. Messe erlebten.