Kapitel vom 10.12.1890: Die Vereinigung mit Gott
Erster Artikel des Direktoriums: Ziel und Streben der Oblaten. „Das Ziel ihres ganzen Lebens und all ihres Tuns sei die Vereinigung mit Gott, das Apostolat im Dienste der hl. Kirche und die Sorge für das Heil des Nächsten durch Gebet, Arbeit und gutes Beispiel.“
Wir haben schon oft über dieses Grundprinzip unseres Ordens gesprochen. Neulich begegnete ich einem Kapuziner, dem Pater Arbois. Er trägt keine Strümpfe, sondern geht barfuß in Sandalen. Ich bat, er möge für uns, die wir Strümpfe und Schuhe tragen, beten. Ihre Lebensweise ist ohne Zweifel recht verdienstlich. Wir leiden während eines Monats nicht so viel wie er innerhalb einer Stunde. Nehmen wir darum unsere hl. Regel umso ernster und seien wir treu im Innern wie im Äußeren!
Vereinigen wir uns mit Gott durch die beständige gute Meinung: Alles wollen wir mit Gott tun, nur für ihn ein-uns ausatmen. Das ist das Grundaxiom des hl. Franz v. Sales. Auf Gott gestützt, werden wir so befähigt, allen Prüfung und Schwierigkeiten mutig zu begegnen. Beachtet wohl, wie trefflich dieser Geist für unsere Zeit passt, für eine Zeit, in der äußere Übungen keinen Eindruck mehr machen. Wir werden inmitten einer Welt, die für nichts mehr Verständnis hat, umso größere Wirkung erzielen, je mehr wir uns klein und bescheiden geben und ein ganz gewöhnliches, unauffälliges Leben führen.
Die Gottvereinigung muss uns zu einer festen Gewohnheit werden. Sie wird aber nur gewährleistet mit Hilfe des Direktoriums, der Guten Meinung, der Stundengedanken an den Tod und der häufigen Stoßgebete. Das alles versetzt uns in einen Zustand beständigen Gebetes. Es wird gut sein, dem lieben Gott von Zeit zu Zeit diese Stoßgebete, Anmutungen und selbst unsere Handlungen zugunsten der Kirche und des Papstes aufopfern.
Es ist unsere Pflicht, die Kirche durch Gebet, Beispiel und Arbeit zu unterstützen. Die Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen auf Erden. Sie kann nur dann Gutes wirken, wenn sie stark und zahlreich ist. Wer zweifelt daran, dass heute der Satan an der Macht ist? Selbst bei den Zulukaffern kennt man keinen anderen Kult als den der Freimaurerei. Auch Japan rückt vom Buddhismus ab, um sich in der Loge zu ergeben. Die Loge aber ist der Kult Satans. Gehen wir trotzdem voller Mut ans Werk, der hl. Kirche in dieser so schwierigen Zeit unsere Kraft zu schenken. Durch unser eifriges Gebet ihr beizustehen, das sei unser Grundsatz, unser Ausgangspunkt. Daran wollen wir beim Breviergebet und bei der Betrachtung denken. Darin schöpfen wir auch für uns selbst die nötige Kraft und einen hohen Mut. Aber auch durch unser gutes Beispiel müssen wir der Kirche zu Hilfe kommen. Ein Oblate sollte überall, wo er hinkommt, den Wohlgeruch Jesu Christi hintragen. Ohne etwas Auffälliges zur Schau zu tragen, muss er überall bewirken, dass der Gläubige an Christus und die Liebe zu ihm vermehrt werde. Er soll Christus fortsetzen und inmitten der Menschen leben, indem er Christi Dienst an ihnen vollzieht. So wird man in ihnen von Neuem den Heiland auf Erden wandeln sehen, wie die Gute Mutter prophezeite.
Unser gutes Beispiel wird dann jene, welche es sehen, ihrem Heil näher bringen. Wie viele irren sich noch fern vom Weg des Heils umher! Seht nur, wie man sich anstrengt, Kinder, Greise und Kranke Christus zu entfremden. Man raubt ihnen die religiösen Stützen, die Mittel, zum Heil zu kommen. Lesen wir darum dann und wann die ersten Zeilen des ersten Artikels des Direktoriums durch und machen wir eine Betrachtung darüber. Stellen wir uns die Frage: Wozu bist du gekommen? Ich bin gekommen, um Seelen zu retten. Wie viele gehen verloren! Wie kann ich sie retten? Indem ich Unterricht gebe, den Hobel gebrauche, Winterkälte erleide… Ja, in all dem müssen wir uns bewähren. Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter für seinen Weinberg sende. Der liebe Gott will also, dass diese selbst für dieses Anliegen beten. Jene, die sich um Seelen mühen, sollen also nicht nur arbeiten, sondern auch für Nachfolger sorgen und beten. Aus diesem Grund misst Gott dem Priester und seinem Einsatz für die Welt so große Bedeutung bei. Der Priester bringt überall hin die Gnade und teilt sie überall aus. Im Allgemeinen bringen auch Priesterorden die meisten Heiligen hervor, Laieninstitute betätigen sich entsprechend ihrem Charakter weniger umfassend und wirkungsvoll in der Seelsorge. Ihnen fällt es ungleich schwerer, das Programm, Christus fortzusetzen, zu verwirklichen.
Denken wir jetzt im Advent über diese wenigen Zeilen des Direktoriums gut nach. Machen wir darüber unsere Betrachtung! Messen wir uns an diesem Richtscheid und Eichmaß. Es kommt in unserer Zeit vorzüglich darauf an, der Kirche die Hilfe eines regeltreuen Ordenslebens zu garantieren. Nur das ist Medizin für die Übel unserer Zeit und eine wirksame Schützenhilfe für die Kirche gegen die Mächte der Finsternis und zur Rettung ihrer Kinder.
D.s.b.
