Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 07.08.1889: Unserer Kommunität und Anderen durch Gebet und lebendiges Interesse helfen.

Um Gutes zu wirken, müssen wir alle eines Sinnes sein und uns gegenseitig zu verstehen suchen. Ohne diese Vorbedingung werden unsere Werke misslingen. Es sind Gottes Werke, aber auch die unsrigen… Die Ordensgemeinde ist ein Leib. Leidet ein Glied, so leidet der ganze Leib…

Alles, was in der Kongregation oder in der Schule und Internat, in dem wir vielleicht tätig sind, geschieht, geht uns alle an. Sonst wären wir keine Religiosen. Denn „Religiosus“ heißt „verbunden“ mit Gott, verbunden mit der Ordensgemeinde. Ein Oblatenlehrer, der seinen Unterricht nur so recht und schlecht erteilt, ist also kein Ordensmann, sondern ein Privatmann, eine Einzelperson.

Unserer Kommunität helfen wir zuerst durch unser Gebet, dann aber auch durch unser lebendiges Interesse für alles, was sie berührt, wenn wir schon aktiv an irgendeinem Werk beteiligt sind. Ihr müsst Vertrauen haben in das, was ihr tut. Tut ihr es doch für Gott, und folglich auch mit Gott. Er muss ja unserem Mühen den guten Ausgang geben, und er wird es daran nicht fehlen lassen, falls wir nur gute Ordensleute sind.

Wer sagt: „Das geht nicht“, der taugt zu nichts. Stütze dich auf den lieben Gott, dann wird es gehen. Da verfügt ein Haus oder ein Kolleg z.B. genau über ein Zehntel dessen, was benötigt würde zum guten Gelingen des Hauswesens. Ein guter Ordensmann nun sagt sich: „Dieses Zehntel ist der Anteil Gottes. Gott aber ist allmächtig. Mit diesem Zehntel, das ihm gehört, vermag er alles.“ Leben wir also in dieser ganz übernatürlichen Schau. Sonst wären wir nur Mietlinge.

Die Ereignisse nehmen immer den gewünschten Verlauf, wenn wir uns nur allezeit mit dem lieben Gott vereinigt halten. Unsere Pflichten und Aufträge müssen wir also ganz im übernatürlichen Geist vollbringen. Setzen wir unser ganzes Vertrauen in die übernatürlichen Hilfsmittel. So wie es unmöglich ist, dass die Sonne in ihrem Lauf umgekehrt, so kann auch ein Oblate, der treu sein Direktorium hält, gar nichts anderes als Erfolg haben.

Wesentliche Bedingung also, um unseren Sendungsauftrag, den Kirche und Gehorsam uns geben, zu erfüllen, ist die Übung des Direktoriums. Das Direktorium befolgen heißt nichts anderes als übernatürlich leben, als in Vereinigung mit Gott bleiben. Daran müssen wir glauben und darauf vertrauen: Gott kann uns nicht im Stich lassen, weil er sich selber nicht untreu werden kann… Das gilt für uns persönlich.

Was aber die anderen betrifft, so können wir ihnen helfen nicht nur durch unser Gebet, sondern auch 1. durch Überzeugungskraft und 2. durch unsere wohlwollende Anteilnahme.

1. Unser religiöser Glaube muss so gefestigt sein, dass er uns vom guten Ausgang unserer Unternehmungen fest überzeugt sein lässt. „Immer, wenn zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, um sich“, wie unserer Herr sagt, „über irgendetwas zu verständigen, bin ich mitten unter ihnen.“ Festes Vertrauen haben, dass der Gehorsam uns immer zum Ziel führt, ist also verbürgte Lehre des Evangeliums.

Diese Überzeugungskraft tut not. Dazu muss aber noch die wohlwollende Anteilnahme kommen. Alles, was die Kongregation betrifft, muss uns innerlich berühren. Würde ein Oblatenlehrer sagen: „Ich gebe meinen Unterricht, alles andere geht mich nichts an“, er wäre kein guter Oblate. „Jedem trug Gott Verantwortung auf für seinen Nächsten.“ Sind etwa jene, die mit ihren Händen arbeiten, oder jene, die unterrichten, nicht meine Mitbrüder? Solche Sprache zeugt stets von einer stolzen Grundeinstellung. Ganz im Gegenteil nehmen wir wärmsten Anteil an der Arbeit unserer Mitbrüder, helfen ihnen durch unser Gebet, unser Wohlwollen, unser Interesse, durch ein ermunterndes Wort.

Unterstützt alles, was in der Genossenschaft geschieht, durch eure feste Überzeugung und euer Vertrauen, dass Gott ihm einen guten Ausgang schenken wird. In jedem Werk, in jedem Menschen steckt ein Körnchen Gutes, das Gott in sie hineingelegt hat.

Und diese Gabe Gottes sollen wir mehren und so sein Reich ausbreiten. Seht nur die Jesuiten an: alles, was sie unternehmen, ist einmalig: alles, was durch ihre Hände geht, hat nicht seinesgleichen… Sind sie deshalb etwa Betrüger? Nicht im Geringsten. Was sie sagen, glauben sie auch. Dieser Glaube, dieses Vertrauen in sich selbst folgt aus ihrer großen Liebe zu ihrem Orden. Ihre Taktik erzielt erstaunliche Erfolge, und dieses Vorgehen ist durchaus ehrenhaft.

Sagt euren Schülern auch, dass alles gut gehen wird. Sie werden euch vertrauen. Natürlich müsst ihr erst selbst davon überzeugt und anfangen, euren eigenen Geschmack und eure Lieblingsideen zu opfern. Die Heimsuchung erfreut sich allgemeiner Wertschätzung. Ich war vierzig Jahr lang ihr Spiritual. Nie hörte ich dort sagen: Dies oder jenes geht nicht… Oder: Die Schwester da hat diesen Charakter. Auch ich hätte mir nie eine solche Sprache erlaubt. Macht es also nicht wie jener gute Spiritual, der sich beim Bischof beschwerte, dass die Schwestern ihm immer nur lauwarmen Kaffee vorsetzen. Man zog daraus den Schluss, die Töchter des hl. Franz v. Sales hätten keine Nächstenliebe.

Damit unsere Unternehmungen gelingen, müssen wir also die gute Meinung machen. Müssen Vertrauen haben in den Segen des Gehorsams. Müssen untereinander einig sein, müssen das gleiche herzliche Interesse wie für uns so für unsere Ordensgemeinde haben. Von seiner Kommunität spricht ein Oblate immer nur Gutes. Herrscht in einer Familie Not oder fehlt es an Geld, so hängt man das noch lange nicht an die große Glocke. Gilt die Familie ob solcher Verschwiegenheit etwa als betrügerisch? Habt allzeit ein waches Interesse für die Sorgen der ganzen Genossenschaft. Hätten wir mehr Demut des Herzens, so verschlössen wir uns nicht in solche Isolierung, die aus unserem Orden eine Anzahl von Einzelwesen macht. Glaubt, dass alles gut gehen wird, und misstraut eurem eigenen Urteil.

Wir haben die Verheißungen des ewigen Lebens. Wir besitzen auch die Verheißungen der Guten Mutter. Nehmen wir das Evangelium zur Hand sowie die Schriften der Guten Mutter, und hüten wir uns vor jener Erschlaffung des klösterlichen Geistes, der uns an allem zweifeln und unsere Hände in den Schoss legen lässt. Das wäre sündhaft vor Gott.

Ein Kind glaubt alles, was man ihm sagt. Es liebt seine Mutter, und wäre sie in Lumpen gehüllt. Es zöge seine eigene Mutter selbst einer Königin im Schmuck ihres Diadems vor. Die geistige Kindschaft verleiht auch uns diesen Glauben, dieses Vertrauen, diese Liebe und lässt uns so teilnehmen an der Allmacht Gottes.

Bitten wir die Gute Mutter, dass wir diese Wahrheiten verstehen und im Alltag verwirklichen.

D.s.b.