Kapitel vom 01.06.1887: Der Zweck der Kongregation – „Die Verfassung der Oblaten des hl. Franz v. Sales“
Ich beginne mit der Erklärung der Satzungen, die wir halten sollen. Unsere Satzungen sind höchst aktuell und an der Tagesordnung: Man beschäftigt sich in Rom viel damit. Der Konsultor, der sie zu prüfen hat, hat dies abgeschlossen, und die Note, die er ihnen gibt, ist sehr günstig. Noch zwei oder drei Formalitäten, und dann glaube ich, dass wir sie in drei Monaten hier haben werden.
Ziel des Institutes
„Die Mitglieder der Genossenschaft stellen sich unter den Schutz des hl. Franz v. Sales…“ Wir nehmen uns vor, den hl. Franz v. Sales nachzuahmen sowie seine Lehre auf der ganzen Welt zu verbreiten. Wir sind nicht bloß seine Nachahmer, sondern die Fortsetzer seines Werkes und jenes der Guten Mutter.
Da die Gute Mutter Maria Salesia aber noch nicht heiliggesprochen ist, die Kirche und der Hl. Stuhl aber nur die offizielle Schutzherrschaft von Heiligen anerkennt, ist der hl. Franz v. Sales nach den Satzungen unser einziger Patron. Andererseits lässt der Hl. Stuhl keine Satzungen zu, deren Regeln auf einer bereits einmal genehmigten Idee beruhen. In unserer ersten Redaktion der hl. Regel hatten wir zum Ausdruck gebracht, dass wir mit unserer Gründung die Ideen des hl. Franz v. Sales verwirklichen wollten. Das hat Rom gestrichen. Ich will mich deutlicher ausdrücken: Wenn der erste Artikel unserer Satzungen (Ziel der Genossenschaft) nicht ausführlicher ist, wenn darin weder von der Guten Mutter die Rede ist noch von dem Zweck, den wir mit der Verbreitung ihrer Lehre im Auge haben, dann aus dem Grund, weil die Kirche selber den Sinn eines jeden in Angriff genommenen Werkes bestimmen will und weil sie uns nicht offiziell von der Guten Mutter abhängen lassen will, die ja noch nicht heiliggesprochen wurde. Warum hat sie uns aber dann nicht stärker darauf bestehen lassen, dass wir vorhaben, die Lehre und den Geist des hl. Franz v. Sales zu verbreiten? Weil sie das einmal bereits getan hat, als sie dies für die Heimsuchungsschwestern approbierte. Sie tut dasselbe nämlich nicht ein zweites Mal. Darum ist dieser erste Artikel so kurz ausgefallen.
Die Kirche definiert die großen Linien. Mutter Paula-Serafina sagte mir: „In unserer Regel kann man alles sehen, was man will und jede Art von Folgerungen daraus ziehen. Aus eben diesem Grund ergibt sich die Wichtigkeit des Institutes.“
Die Satzungen stellen etwas Allgemeines dar. Das muss dann durch die mündliche Überlieferung, die Tradition, genauer bestimmt werden. „Selbstheiligung soll darum ihr erstes Bestreben sein. Umso wirksamer können sie dann an der Heiligung des Nächsten teilnehmen.“ All das wollen wir im Geist und mit den Mitteln des hl. Franz v. Sales ausführen. Nicht als könne man ohne die Worte und Taten des hl. Stifters nichts tun. Dann kann es sich aber nur um kleine Abänderungen handeln, die sich auf die Form und nicht auf das Wesen erstrecken. Wir sollen der Theologie des hl. Franz v. Sales in der Verwaltung der Sakramente, in der Seelenführung, der Predigt und in unserem ganzen inneren und äußeren Verhalten folgen.
Gliederung der Genossenschaft.
„Die Genossenschaft besteht aus Priestern und Brüdern. Die Priester heißen Patres, etc. Die Patres und Kleriker tragen die vollständige geistliche Kleidung: Talar, Zingulum, und römisches Kolar.“ Wir tragen also die vollständige geistliche Kleidung, wie man es in Rom tut. Wir tragen sie so, wie es in den Ländern, wo wir wohnen, üblich ist, um nicht aufzufallen. In sehr heißen Ländern kann man überlegen, etwas daran abzuändern. In Missionsländern ist es nicht immer möglich, das geistliche Kleid zu tragen. Für die hl. Messe und die Gottesdienste des Sonntags muss man es immer nehmen.
„Das Kleid der Laienbrüder besteht aus dem kirchlichen Reisekleid, dem Gehrock…“ Die Brüder tragen den Gehrock aber nur an den Sonn- und Festtagen. Zur Arbeit tragen sie gewöhnliche Kleidung.
„Den Patres kann jedes Amt der Genossenschaft übertragen werden, den einfachen Klerikern nur ein untergeordnetes Amt… Wer noch nicht die höheren Weihen empfangen hat, betet die Kleinen Tageszeiten…“ Jene, die die höheren Weihen noch nicht empfangen haben und das kleine Offizium rezitieren, können dafür aus Frömmigkeit das große Offizium beten, und sie tun gut daran, dies zu tun.
„Die Brüder befassen sich mit den materiellen Aufgaben des Hauses.“
Postulat und Noviziat.
„Als Kandidat kann nur aufgenommen werden, wer ein großes Verlangen nach christlicher Vollkommenheit bekundet.“ Nach den Satzungen kann man erst mit 16 Jahren als Novize aufgenommen werden. Im Notfall kann dies also schon in diesem frühen Alter geschehen, doch rät die Klugheit davon ab. In Italien, wo das Militärgesetz beschlossen ist, nimmt man schon mit 15 Jahren, glaube ich, ins Noviziat auf und ist mit 16 Jahren Professe. Läge der Fall bei uns ähnlich, könnten wir uns um Erlaubnis an Rom wenden. Dann hätten die jungen Leute Zeit, die Gelübde schon ziemlich lang vor dem Militärdienst abzulegen. Beten wir viel, denn auch uns droht solch ein Gesetz, das den Ideen unserer Regierung entspricht.
„Zu den Unterhaltskosten werden die Kandidaten, Postulanten und Novizen nach Möglichkeit beitragen…“ Eine Mitgift zu liefern ist man bei Männern nicht allzu sehr gewohnt. Unsere Satzungen verlangen sie dennoch, und der Untergebene, der es geben kann, soll geben, was zu seinem Unterhalt nötig ist. Kann man nichts beitragen, möge man es ersetzen durch die Frucht seiner Arbeit. Bei den Frauen ist diese Mitgift Vorschrift. Die Kirche lässt keine Ordensfrau zu ohne Mitgift. Selbst die Schwestern der Liebe müssen sie beibringen, obwohl sie keine eigentliche Kongregation sind.
„Der Postulant nimmt einige Zeit an den verschiedenen Übungen der Klostergemeinde teil.“ Wie lange soll das Postulat dauern? Es möge so lange dauern, bis man den Kandidaten gut kennt. Gäbe es kein Militärgesetz, wäre es vorzuziehen, das Postulat möglichst lange anzusetzen, vielleicht zwei Jahre.
„Vor der Aufnahme müssen die Postulanten…“
Hier sind nicht die „Litterae testimoniales“ gemeint. Stellt sie der Bischof nicht aus, kann man sich an Rom wenden und zur Aufnahme des Bewerbers schreiten. Dann muss der Generalobere selber sich um die Erkenntnis des Charakters des Bewerbers mühen.
„Das Noviziat dauert nach den kanonischen Vorschriften ein volles Jahr.“ Das Noviziat soll ja die Garantie für die Zukunft liefern. Es soll kurz sein und sichere und klare Zeichen der Berufung setzen. Erneut empfehle ich die Approbation unserer Regel euren Gebeten. Es dauert immer lang.
