Kapitel vom 21.10.1885: Die Satzungen.
Bevor wir in die Erklärung unserer Satzungen eintreten, ist es wichtig, euch etwas über die Verschwiegenheit zu sagen, die wir hinsichtlich des Ordenslebens walten lassen sollen, sowie über das Geheimnis, das wir in Sonderheit über alles das wahren sollen, was im Kapitel gesagt und getan wird.
Das Kirchenrecht sowie die verschiedenen Ordensregeln, vornehmlich die des hl. Franz v. Sales, beurteilen solch eine Indiskretion sehr streng. Sie verhängen sogar den zeitlichen, ja sogar den beständigen Ausschluss aus dem Kapitel über den schwatzhaften Ordensmann, und nehmen ihm jede aktive Stimme bei den Wahlen und Zulassungen.
Das vorausgesetzt, möchte ich euch ein bisschen über unsere Beziehungen zum Bischof von Troyes und die Verhaltensweise sprechen, die ihr bei der Beurteilung dieser Beziehungen einhalten sollt. Ich wünsche, dass meine Worte den Patres der anderen Häuser zugestellt werden, damit überall die gleiche Verhaltensweise eingehalten wird.
Der Bischof hat gewollt, und alles veranlasst uns zu glauben, dass er es auch jetzt noch will, dass die Oblaten Priester seiner Diözese seien. Das liegt aber nicht in unserer Absicht und unserem Ziel und entspricht nicht unseren Satzungen, ebenso wenig wie in den Gedanken des Papstes. Über diesen Punkt können wir niemals mit ihm eins werden. Ich trage ihm im Herzen etwas nach, kann aber nicht unaufhörlich etwas in Frage stellen, was seit langer Zeit beschlossen ist. Alle Beziehungen, die ich mit ihm unterhielte, hätten zwangsläufig denselben Charakter: Der Bischof will immer das Gleiche, und meine Einstellung kann sich ebenfalls nicht ändern.
Wenn man euch fragt: „Warum kommt der Hochwürdigste Herr nicht mehr nach St. Bernhard?“, sagt bloß: „Unser Vater hat nichts gegen ihn. Es muss sich offenbar um eine Grundsatzfrage handeln, über die man sich nicht einig wird.“ Dann geht zu einem anderen Gesprächsstoff über. Lasst euch vor allem auf keine Erklärungen ein. Das könnte falsch ausgelegt und falsch wiedergegeben werden und könnte dann dem Bischof zu Ohren kommen, der sich darüber, wie ich weiß, sehr aufregt. Er gäbe sich daraufhin viel Mühe, um seine Handlungsweise zu erklären und sich reinzuwaschen von Schuld.
Ich kann weder physisch noch moralisch mein früheres Verhältnis zu unserem Bischof wieder aufnehmen. Ich darf die Kongregation nicht im Stich lassen. Sie ist das Werk der Guten Mutter Maria Salesia, das ich versprochen habe, fortzuführen. Der Hl. Vater selbst hat mich dazu ermutigt. Er hat uns die Sendung erteilt. Er hat mir versichert, dass alle, die an diesem Werk arbeiten, mit ihm zusammen arbeiten und für sich persönlich den Willen Gottes erfüllen.
Nun zu unserem Thema: Gewöhnen wir uns an eine große Diskretion und hohe Ehrfurcht gegenüber dem Gehorsam. Der Obere, der Novizenmeister hat dies gesagt, darum tue ich es auf der Stelle, ohne zu urteilen, ohne zu räsonieren- Der Schuldirektor, der Studienpräfekt hat diese Maßnahme getroffen: Wir machen uns dann mit Eifer an unsere Aufgabe, und sie bedeute uns alles! Wir haben einen Unterricht abzuhalten. Mag die Klasse noch so klein sein, es ist doch der Wille Gottes über uns, das Werk Gottes, das wir zu vollbringen haben, und ist darum die wichtigste Sache der Welt für uns. Seien wir in allem und an allen Orten Ordensleute, in unserer äußeren Haltung ebenso wie in allem Übrigen. Wir werden bald, so hoffe ich, unser Gebräuchebuch in Händen haben, das alle Einzelheiten des äußeren Lebens regelt, damit wir so alle einander ähnlich werden, weil wir dann dem Heiland selber ähnlich sind.
Das Fest Allerseelen naht. Erinnern wir uns der Toten, unserer Toten, besonders unserer Eltern und Verwandten. Beten wir für sie vornehmlich beim Memento der Toten in der hl. Messe und bitten wir sie um ihre Fürsprache, die sie uns nicht verweigern werden, besonders wenn wir etwas für sie getan haben.
