Kapitel vom 29.04.1885: Die wöchentlichen Verpflichtungen. (Teil 1)
Die Gewissenserforschung am Mittag ist nur ein kurzer Blick auf den Vormittag. Wie sollen sie nicht unterlassen, weil sie als Vorbereitung auf die abendliche Gewissenserforschung dient.
„Das hl. Offizium sollen sie aufmerksam und andächtig beten…“
Dabei sollen wir den Gedanken des hl. Stifters nehmen. Wer das tut, sagt er selbst, wird daraus eine unvergleichliche Andacht schöpfen.
„Für die Zeit halten sie sich an die liturgischen Vorschriften.“
Suchen wir unser Brevier zu den regulären Zeiten zu beten, wenigstens soweit das unsere Pflichten erlauben. Es wäre wünschenswert, es zu den festen Stunden zu rezitieren, weil es das Hauptwerk des Ordensmannes ist, das Lob Gottes zu singen.
Die Arbeit: Nicht jeder Ordensmann kann seine Studien frei wählen. Fühlt man eine besondere Fähigkeit in einem bestimmten Fach, muss man es dem Gehorsam unterwerfen. Alles, sagt unser hl. Stifter, soll man mit dem Herzen machen, besonders das Studium. Das ist eine Hauptberufung, um Erfolg zu haben und unsere Studien fruchtbar zu gestalten. Trachten wir im Studium, ganz auf der Höhe zu sein, gewiss nicht zu unserer persönlichen Befriedigung, sondern für Gott. Dieses Ziel möge immer unser Beweggrund sein, denn unsere Absicht darf keine Winkelzüge kennen- Es war ein Charakterzug unseres hl. Stifters, alles so vollkommen wie möglich zu machen. Hierin wollen wir ihn nachahmen, denn damit tun wir es unserem Herrn selbst gleich. Nach Meinung aller hl. Kirchenväter war nämlich in Nazareth alles aufs Beste organisiert und geregelt.
Was den Gegenstand unserer Studien betrifft, so müssen wir Theologie studieren, kanonisches Recht, Kirchengeschichte und das Leben der Heiligen. Den geschichtlichen Beweisen wohnt nämlich eine besondere Kraft inne, um die Göttlichkeit der Kirche zu beweisen. Darum gebrauchten sie die Kirchenväter und alten Kanzelredner in besonderem Maße. Was unsere Ansprachen betrifft, werden wir, ohne deshalb uns als etwas Besonderes aufzuspielen, immer unsere Zuhörerschaft in Szene setzen und suchen, sie im selben Gedanken zu vereinigen, wie es der hl. Petrus, der hl. Paulus und unser Herr selbst taten. Da die Verkündigung das einzige Mittel ist, Zugang zu den Seelen zu erlangen, - „fides ex auditu: der Glaube kommt aus dem Hören“ – müssen die für das Predigtapostolat Berufenen gründlich in dem unterrichtet sein, was die anderen lehren. Sie mögen sich vorher einen Predigtplan zurechtlegen und ihre Predigtweise in ein vernünftiges Verhältnis zu der Zuhörerschaft bringen, an die sie sich wenden.
Das gilt auch für die anderen Studien. Vor allem aber heißt es viel beten. Müssen wir doch in der Welt des Glaubens zu Hause sein und überzeugt sein, dass wir nur durch das Gebet das Licht bekommen, das wir benötigen. Lasst uns also mit dem Studium immer das Gebet verbinden und studieren mit dem Herzen, damit wir uns so dem Willen Gottes angleichen.
Leben wir von diesem übernatürlichen Leben, das absolut notwendig ist, um das Gute zu wirken. Das ist das Lebenselement, in dem die Gute Mutter will, dass wir leben.
