Kapitel vom 23.10.1879: Die Regeltreue.
Unser Vater legte uns ans Herz, uns mit aller Kraft in der Regeltreue zu erneuern, je mehr unsere Arbeiten zu nehmen und unsere ganze Aufmerksamkeit in Beschlag nehmen. Gerade in solchen Augenblicken sollten wir uns an unser Direktorium klammern. Vergessen wir des Morgens nicht, die Betrachtung zu machen, oder, wenn dies unmöglich ist, sie anderweitig zu ersetzen. Wiegen wir sie auf, indem wir eben Gott als Ersatz das aufopfern, was wir während der Zeit der Betrachtung tun. Leisten wir Ersatz während des ganzen Tages, indem wir häufiger an unseren Herrn denken. Die Priester mögen das hl. Messopfer mit der ganzen Andacht darbringen, deren sie fähig sind, und die anderen mögen ihm mit der gleichen Andacht beiwohnen. Ein Oblate, der der hl. Messe beiwohnt, müsste von ihr so völlig absorbiert sein, dass weltliche Dinge ihn gar nicht reizen können.
Tagsüber legen wir, um uns in Gott zu erneuern, von Zeit zu Zeit eine kleine geistliche Ruhepause ein, wie sie der hl. Stifter so sehr empfiehlt. Denken wir dabei an Gott, versenken wir uns in ihn durch einen Akt der Unterwerfung unter seinen hl. Willen, der Willfährigkeit und der Liebe. Mag dies kurz geschehen, man wird dennoch merken, wie viel nicht nur die Seele, sondern auch der Leib von dieser Ruhe profitiert.
Dann las uns unser Vater ein Kapitel der hl. Regel vor: Die Oblaten mögen sich gegenseitig mit Ehrfurcht und Liebe behandeln. Wir werden gut daran tun, ein bisschen zu prüfen, wie wir diesen so wichtigen Punkt praktizieren. Haben wir diesbezüglich Schwierigkeiten und Versuchungen, so wäre es gut, unseren Beichtvater um die Erlaubnis zu bitten, für einige Zeit das Gelübde der Nächstenliebe abzulegen. Eine wenig eifrige Schwesterngemeinschaft wurde ganz umgewandelt, als ihre Mitglieder dieses Privatgelübde ablegten.
Beim Gehen durch das Haus sollen wir nicht viel Lärm machen, auch nicht beim Öffnen und Schließen der Türen. Nichts ist Gott angenehmer als das Schweigen der Hände und Füße. Die Kartäuser pflegen zu sagen, wenn ein Mönch lärmend eine Tür öffnet, dann vertreibt er die Engel. Man berichtet, die hl. Theresia sei eines Tages, in Sammlung versunken, von diesem Gedanken des Schweigens durchdrungen dahingegangen, als sie die Schritte eines kleinen Kindes hinter sich vernahm. Erstaunt fragte sie es, wer es sei und woher es komme. Das Kind seinerseits stellte ihr die gleiche Frage. Ich bin, sagte die Heilige „Theresia von Jesus“. Und ich, antwortete das Kind, bin „Jesus von der Theresia“.
Man glaubt es nicht, wie sehr diese Praxis den Segen und die Gnade Gottes herabzieht.
