Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 02.05.1879: Äußere Haltung. Liebe. Wille Gottes.

Zu diesem Kapitel wurden zwei Postulanten zugelassen, die soeben bei den Trappisten Exerzitien gemacht hatten. Unser Vater macht sie darauf aufmerksam, wenn die Oblaten des hl. Franz v. Sales nicht die strengen Bußübungen der eifrigen Mönche des Trappistenordens haben, so werden sie von inneren Heimsuchungen umso mehr geprüft. Eine Prüfung ist für uns alle charakteristisch: dass wir nicht sehen, was wir tun. Es will uns scheinen, dass wir  nichts leisten und zu nichts taugen. Erheben wir uns aber auf ein höheres Niveau, so haben wir die Gewissheit, dass Gott uns entgegenkommt, und zu uns sagt: „Wohlan, du guter und getreuer Knecht!“

Unser Vater empfahl uns sodann die äußere Haltung. Sie sei für uns wichtig, da wir ja sonst keine äußeren Abtötungen haben. Darum müssen wir uns umso mehr den kleinen Vorschriften unserer hl. Regel unterwerfen.

Sodann legte er uns die die brüderliche Liebe ans Herz. Er erinnerte daran, dass unser hl. Stifter seinen Orden allein auf die Liebe gründen wollte, ohne die Verpflichtung zu den drei Gelübden. Ich kenne eine Kongregation, verriet er uns, (die Oblatinnen), wo allerlei Unvollkommenheiten und Jämmerlichkeiten vorkamen. Da kam mir der gute Gedanke, alle Schwestern das private Gelübde der Nächstenliebe ablegen zu lassen. Von diesem Augenblick an blühte die Genossenschaft auf. Wenn wir auch nicht ein Privatgelübde ablegen, machen wir Gott wenigstens ein diesbezügliches Versprechen.

Zu guter Letzt forderte uns unser Vater auf, unseren Willen Gott zu übergeben, indem er daran erinnerte, dass solch ein Verzicht auf den eigenen Willen der größte Willensakt überhaupt sei. Gott hat unzählige Beweise geliefert, wie sehr er Handlungen aus solch einer Haltung des Verzichtes auf den eigenen Willen heraus liebt und unterstützt. Solch einen Verzicht leistet man ja nicht aus Prahlerei, sondern in einem ganz einfachen und demütigen Akt, der ausdrückt: „Ja, mein Herr…!“ sodass nichts nach außen sichtbar wird.

Beten wir schließlich für unsere neuen Mitbrüder, dass sie keiner Versuchung zur Mutlosigkeit erliegen, sondern sich tapfer im Dienste Gottes halten.

Das ganze Kapitel stimmte das Magnifikat an und gab den beiden Postulanten den Friedenskuss.

Gehorsam: Donnerstag, Vorabend der Rückkehr der Schüler (aus den Osterferien). Wir müssen oft zu unserem Direktorium zurückkehren, wenn wir viel beschäftigt sind, weil wir gerade dann Gott brauchen.

Freitag: In allem, was wir tun, erheben wir uns zum Willen Gottes, denn eine Handlung, die wir tun, um dem Willen Gottes zu entsprechen, taugt mehr als selbst die größten Taten.

Samstag: Opfern wir gern Gott das auf, was uns selbst etwas kostet, denn die Ordensleute sind mehr als die anderen verpflichtet, Gott Sühne zu leisten, indem sie sich selbst opfern.

Sonntag: Wir müssen uns Gott ohne Vorbehalt hingeben, was den Gehorsam und die klösterliche Genauigkeit betrifft. Manchmal wäre es besser, gar nichts zu geben als nur bruchstückhaft, obwohl man ja Gott nichts verweigern darf.

Montag: Halten wir uns immer kampfbereit, um den göttlichen Wünschen gerecht zu werden. Folgen wir dem göttlichen Willen nicht in den großen Dingen, tun wir es wenigstens in den kleinen, weil gerade das uns heiligt.

Dienstag: Stärken wir uns in der Treue zu Gott, und erbitten wir oft seine Hilfe. So erlangen wir den Mut, den wir ständig brauchen. Wir erlahmen nämlich deshalb, weil unser Wollen nicht dem Wollen Gottes vollkommen angeglichen ist.
Mittwoch: Der Assistent des Novizenmeisters sagt uns in Abwesenheit unseres Vaters, wir sollen uns dem Willen Gottes unterwerfen, nach dem Beispiel Marias, die gesagt hat: Siehe, ich bin die Magd des Herrn.

Donnerstag: Wir sollen viel für unsere beiden Postulanten beten.