Kapitel vom 27.03.1879: Die Pflichten des Novizen gegen seinen Meister.
Zum Novizenmeister sollen die Novizen eine herzliche Liebe hegen. Wundern wir uns freilich nicht, gegen diesen Punkt wie gegen jeden anderen Widerwillen und Versuchungen zu erleben. Vergessen wir nicht, dass die Versuchung Wesenselement des Ordenslebens ist. Sie ist ein Zeichen der Berufung, weil sie Mühe und Kampf beweist. Außerhalb unserer Berufung empfänden wir weder Kampf noch inneren Widerstand, sondern einzig Gleichgültigkeit. Wir müssen darum versucht werden, und zwar gegen die klösterliche Regeltreue.
Ihrem Meister schulden die Novizen Dankbarkeit und Ehrfurcht. Diese Haltung wird häufig in den Familien vernachlässigt. Der Ordensstand muss auch hierin neu erziehen. Dem Seelenführer schulden wir einen schnellen und einfachen Gehorsam. Sind wir wahrhaft gehorsam, dann wirkt Gott wahre Wunder. Eines Tages erhielt der Mönch Frobert von seinem Oberen den Befehl, einen kleinen Gegenstand, genannt „Molaria“, herbeizutragen, weil er ihn als Kompass brauchte.
Der aber versteht nicht recht und sucht überall nach dem Gegenstand, bis er irgendwo versteckt einen großen Mühlstein entdeckt. Im Glauben, der Vorgesetzte meine dies, zögert er nicht, den Mühlstein auf seine Schultern zu hieven. Der Obere sammelt die ganze Kommunität, um allen zu zeigen, was der blinde Gehorsam zu leisten vermag.
Die Novizen mögen über ihr Inneres treue Rechenschaft ablegen. Dabei sagt man, in welchem Seelenzustand man sich befindet, wie man sich gegenüber dem Nächsten verhalten, wie man das Direktorium geübt hat und erbittet, wenn nötig, Aufklärung und Ermunterung, dass man mit neuen Kräften zum Dienste Gotte vom Oberen weggeht.
Die Novizen sollten ganz besonders demütig sein und jedermann dienen und respektieren: diese zwei Worte sind es wert, beachtet zu werden. Jeder soll dem Nächsten dienen, sicher ohne lästigen Übereifer, jedoch mit großer Herzlichkeit. Desgleichen sollen sie jedermann Ehrfurcht entgegenbringen, damit sie sich zu der Gesinnung der Liebe durchringen, die uns der hl. Stifter so dringend ans Herz legt.
Gehorsam: Während der Woche empfahl uns unser Vater erneut die Treue zu Gott. Er sagt, Gott sei ein guter Vater, der in alles, was uns begegnet, Mittel der Heiligung eingebaut hat. Darum heißt es, diese Zufälligkeiten des Lebenslaufens anzunehmen, da Gott sie uns von Ewigkeit her zu unserem größeren Heil zugedacht hat.
