Kapitel vom 30.01.1879: Vom Stillschweigen.
Bei diesem Kapitel wurden zwei neue Ordensleute vorgestellt. Aus diesem Anlass wies uns unser Vater darauf hin, dass zur Zulassung von Postulanten die Meinung der Kommunität nicht erforderlich sei, sondern, nach Ansicht der römischen Kurie, die Entscheidung des Oberen alleine genüge. Um uns aber möglichst dem Geist der Heimsuchung anzugleichen, können wir mit dem Brauch fortfahren, die Kommunität zu befragen. Zuerst wurde Pfarrer Foin zugelassen. Unser Vater empfahl ihm, sich der Führung Gottes zu überlassen, der ihm zu gegebener Zeit die nötigen Abtötungen und Demütigungen zuteilen werde, Dinge, die unser Stifter Zeichen der Liebe Gottes für uns nennt. Sodann nahmen wir den F.S. auf. Die einfache und demütige Seele eines Laienbruders, sagt unser Vater, zieht oft großen Gnaden auf die Gemeinschaft herab.
Dann sprach der Vater über das Stillschweigen. Ausgenommen in der Freizeit wahren wir das Schweigen. Darauf wird leider nicht immer geachtet. Gewiss darf man alles sagen, was unser Amt verlangt. Man übersieht aber oft, dass man etwas hinzufügt, um die Neugier oder die Leidenschaft des Augenblicks zu befriedigen. Betritt man seinen Arbeitsplatz, soll man sich unmittelbar in die Gegenwart Gottes versetzen. Dieser Punkt ist sehr wichtig. Unser hl. Stifter schreibt uns keine Stunde Betrachtung vor, sondern möchte unser ganzes Leben zu einer Betrachtung machen. Betreten darum die Patres den Gemeinschaftssaal, um ihren Unterricht vorzubereiten, so sollen sie unseren Herrn bitten, ihre Arbeit so zu segnen, dass sie aus ihrer Gottvereinigung neue Kräfte schöpfen. Das gelingt auf eine vollkommenere Weise bei der Handarbeit, und das verleiht den Brüdern einen Vorteil gegenüber den Patres.
Im Direktorium finden sich einige Anmutungen, die dem hl. Franz v. Sales besonders teuer waren. Es wäre ratsam, sie abzuschreiben, um sie während des Studiums vor Augen zu haben und sich ihrer leichter bedienen zu können. Natürlich soll man seinen Geist nicht ermüden. In den Augenblicken der Müdigkeit wollen wir vielmehr unseren Geist in Gott ausruhen lassen und ihm unseren Willen übergeben, indem wir z.B. sagen: Mein Gott, ich will nur deinen Willen tun, ich bin ganz dein! In dieser Hingabe verharren wir dann. Denn was vorgeschrieben ist, ist die Vereinigung mit Gott.
Unser hl. Stifter empfiehlt sodann die Gebete beim Stundenschlag und versichert, diese Übung führe uns zur Vollkommenheit der göttlichen Liebe. Bewahren wir ehrfürchtig diese Verheißung eines Heiligen und Kirchenlehrers. Auch der hl. Philipp Neri versicherte, er garantiere das Heil einer Seele, die zwanzig Mal am Tag ein Stoßgebet zum Himmel schicke.
Diese Gewohnheit garantiert uns auch den Beistand unsres Herren in unserer Todesstunde. Das ist eine Tatsache, bestätigt unser Vater (Anm.: „gem. ist P. Brisson!“), die ich immer bei den Heimsuchungsschwestern festgestellt habe. Der Tod war für sie immer wie der Beginn der himmlischen Glückseligkeit.
Betrachten wir zu guter Letzt unseren Herrn im Stall von Bethlehem, im Ölgarten und am Kreuz. Wir werden die Erfahrung machen, dass diese Betrachtung, wie es der hl. Stifter versichert, Licht und Kraft verleiht.
Gehorsamserteilung:
1. Beten für einen unserer Schüler, der seit einigen Tagen krank ist und in einem ausgezeichneten Seelenzustand gesteht, er würde gerne sterben, da er ja im Stand der Gnade ist.
2. Für den P.P. und seine Reise nach Paris.
3. Unseren hl. Stifter bitten, er möge uns seinen Geist vermitteln, innerlich wie äußerlich.
4. Beten, dass unsere Schüler sich gut auf das Fest des hl. Franz v. Sales vorbereiten.
