Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 23.01.1879: Von der Erholung.

„Geht der Oblate zur Erholung, bittet er Gott um die Gnade, nichts zu sagen oder zu tun, was nicht seiner Ehre wäre…“ Wenn wir vor allen Übungen die Gute Meinung machen sollen, dann erst recht vor der Rekreation, wo wir mehr Gelegenheit haben, gegen die Demut und die Liebe zu fehlen. Über Politik sollten wir nicht sprechen. Eine große Gnade wird dem zuteil, der Gegenstände fernhält, die den Geist zerstreuen und das Herz teilen.

Man soll vermeiden, in schallendes Gelächter auszubrechen, was Ordensleuten wenig ziemt, und über sich selbst zu sprechen, um sich die Hochachtung zuzuziehen. Das nennt Franz v. Sales Unbescheidenheiten (Unziemlichkeiten) und feit uns dagegen durch die Anrufung des Hl. Geistes und des Schutzengels.

„Sie sollen nicht meinen, es bedürfe nur geringerer Tugend, die Erholungszeit recht zu verbringen.“ Der hl. Stifter sagt, es gäbe drei Arten, dem Nächsten zu nützen: die Abtötung, das Gebet und besonderes die Freizeit. Wir müssen darum unseren Teil dazu beitragen, allen die Wohltat der Erholung zu verschaffen, ja wir sind im Gewissen dazu verpflichtet. Kann man das nicht durch eine interessante Unterhaltung, dann soll man es durch ein liebenswürdiges und ansprechendes Benehmen tun. Fällt uns das schwer, und wir haben einen Widerwillen dagegen, so opfern wir das dem Herrn auf, und dieses Opfer wird von großer Wirksamkeit für den Nächsten sein. Als einige Ordensfrauen sich beim hl. Stifter über das Verhalten einer ihrer Mitschwestern beschwerten, empfahl der ihnen große Güte und Liebe zu dieser Schwester, die ihnen Pein verursachte. Er versicherte ihnen, dadurch würden sie ihr Herz ändern, was auch tatsächlich eintrat. So mächtig wirkt auf Gott das Ertragen des Mitmenschen.

„Der Oblate, der an der Reihe ist, erinnere von Zeit zu Zeit an die Gegenwart Gottes…“ Diesen Punkt sollten wir nicht vernachlässigen. Wenn aber immer derselbe damit beauftragt wäre, könnte es sein, dass er öfter nicht an der Rekreation teilnimmt. Darum ist es besser, wenn von den anwesenden Mitbrüdern immer der älteste die Pflicht hat, an die Gegenwart Gottes zu erinnern und am Ende der Freizeit einen guten und hl. Gedanken zu sagen, d.h. einen Satz aus dem Evangelium, der Nachfolge Christi, dem Direktorium oder einem anderen Buch. Diese Verpflichtung verlangt gewiss ein gewisses Opfer von uns, aber wir wollen es dem Herrn großmütig schenken.

Nicht bloß in der Rekreation sollen wir den hl. Stifter zum Vorbild nehmen, sondern überall. Er begegnete dem Nächsten jederzeit mit Bescheidenheit und Ehrfurcht. So handeln all jene, die leer von sich selbst den Nächsten höher schätzen als sich. Diese Hochachtung zeigt sich nicht in äußeren Manieren und unterwürfigen Redensarten, sollen wir doch immer einfach sein, was freilich ganz aus dem Inneren kommen muss. So heißt es sich gegen Fremde und Untergebene verhalten und sie keinerlei Distanz fühlen lassen. Unser Befehlen Schülern gegenüber, um ein Beispiel zu nennen, kann fest sein, niemals jedoch gebieterisch und stolz. Wenn der hl. Stifter mit seinen Hausangestellten sprach, schien er eher zu bitten als zu befehlen. Möge dieser große Heilige, dessen Fest naht, uns die Gnade erwirken, innerlich wie äußerlich ein lebendiges Abbild unseres Herrn zu werden.

Gehorsamserteilung: Unser Vater empfahl uns beim Gehorsam, darum zu beten, dass wir echte Ordensleute werden und vollkommen dem Geist unserer hl. Stifter entsprechen. Ferner sollen wir für unsere Schüler beten, dass sie sich gut auf das Fest des hl. Franz v. Sales vorbereiten.