Ansprachen

      

Der Segen des Papstes (1890 oder 1891)

Vorrede von Pater Brisson

Ich bete zu Gott, er selber möge euch danken für den Beitrag, den ihr dem Werk des hl. Franz v. Sales leistet, Beitrag jeder Art, besonders aber für euren Beitrag an Liebe, gutem Willen und treffendem Urteil. Diese Dinge wiegen schwer bei Gott, davon kann ich euch ein Lied singen. Unser Herr sagte zu den Aposteln: Ich danke euch, die ihr mit mir in den Versuchungen und Prüfungen ausgeharrt habt. Dieses Wort des Herrn richte ich an euch alle, weil ihr alle euren Beitrag leistet zu diesem Werk, das nach der Verheißung der Guten Mutter einen so großen Einfluss auf die Welt ausüben soll.

Am Anfang spielten sich mehr intime und unscheinbare Dinge in der Stille des kleinen Sprechzimmers der Heimsuchung von Troyes ab, die keine Wellen in der Geschichte schlugen. Als aber Pater Deshaires und ich unsere Wallfahrt „ad limina“ nach Rom unternahmen, um dort den Segen des Hl. Vaters für unser Werk zu erbitten, erwarteten wir in keiner Weise solch einen großen Segen und eine so positive Bestätigung, die uns da zuteilwurde.

Der Besuch der Patres Brisson und Deshaires beim Hl. Vater

Der Hl. Vater sagte mir da: „Wozu seid ihr nach Rom gekommen?“ „Hl. Vater, wir wollten Sie um Ihren Segen bitten.“ „Man fährt doch nicht nach Rom, nur um den Segen des Hl. Vaters zu erbitten. Dafür genügt es, mir zu schreiben, dann sende ich euch meinen Segen. Wozu seid ihr also hierher zu mir nach Rom gekommen?“ - „Hl. Vater, weil ich in diesen letzten Wochen nach Paris gefahren war, um mit dem Nuntius Czacki zu sprechen. Dieser sagte mir: ‚Gehen Sie nach Rom und erzählen Sie dem Hl. Vater, was Sie tun. Das wird ihm große Freude machen.‘“. - „Ich verstehe“, entgegnete darauf der Hl. Vater, „dass ihr nach Rom kommt, um mir zu sagen, was ihr tut und dass mir das Freude macht. Sprechen Sie also von all ihren Werken und Gründungen.“ - „Hl. Vater, ich hab sie zwar gegründet, aber sehr gegen meinen Willen.“ - „Wie das denn?“ - „Hl. Vater, in der Heimsuchung dort lebte eine Oberin, die ob ihrer Tugend und Begabung sehr geschätzt wurde. Im ganzen Orden genoss sie eine hohen Ruf von Heiligkeit und Verehrung. Diese Schwester sagte mir unablässig, dass Gott mit der Welt etwas Besonderes vorhabe, dass er seine Liebe in vielen Seelen erneuern wolle, dass er seine Liebe in vielen Seelen erneuern wolle, dass die Ansichten Gottes offenkundig seien und dass sie gesehen habe, ich müsse mich für die Durchführung dieser wichtigen Angelegenheit einsetzen. Ich erwiderte der Guten Mutter, ich verspüre nicht die geringste Lust für derlei wunderbare Dinge und sei fest entschlossen, davon immer die Finger zu lassen.“

Dann setzte ich mich mit dem Hl. Vater auseinander, mit welchen Mitteln die Gute Mutter meine Zustimmung zu erlangen gesucht hatte. Die Unterredung mit dem Hl. Vater dauerte eine lange Zeit. Bestimmt war ich eine dreiviertel Stunde bei ihm. Beim Herausgehen sah ich Kardinäle und Bischöfe draußen warten. Der Papst schien weder müde noch pressiert. Ich nannte ihm auch die verschiedenen Mittel, die ich selbst angewandt hatte, um mich des Willens Gottes zu vergewissern, und wie ich immer erneut widerstrebte. Ich berichtete ihm den Vorfall mit Fanny de Champeaux, die wirklich der Intelligenz entbehrte, und mir dennoch eines Morgens im Beichtstuhl drei Sätze hersagte, die ich aus der Summe des hl. Thomas v. Aquin übersetzt hatte. Der Papst schien davon  sehr beeindruckt zu sein und sagte mir „Aber was brauchen Sie denn noch? Genügt Ihnen das nicht?“ - Die Gute Mutter erbat jetzt von Gott ein letztes Mittel, dem ich nicht widerstehen konnte: die Erscheinung unseres Herrn selbst!

Der Papst hörte mir sehr aufmerksam und wohlwollend zu, stieg dann von seinem (Anm.: „im Originaltext heißt es ‚goldender Stuhl‘“) Thron herab und setzte sich ganz vertraulich neben mich auf einen kleinen Strohstuhl. Er nahm meine Hände, stützte sie auf meine Knie und sagte: „Warum gehorchen Sie nicht? Sind Sie denn nicht Priester? Rührt Sie denn nicht alles, was zum Heil der Seelen beiträgt?“ - „Heiliger Vater, wenn mein Bischof oder mein Beichtvater so zu mir gesprochen hätte, hätte ich mich ergeben. Aber es war eine Frau, da konnte ich doch nicht kapitulieren.

Die Sendung des Papstes für das Werk der Oblaten des hl. Franz v. Sales - Die Anerkennung der Oblaten des hl. Franz v. Sales 1875 von Papst Pius IX.:

Jetzt erhob sich der Papst wie ein Herrscher und sprach mit Majestät:
„Alles, was Sie bei Ihren Werken unternahmen, hat Gott von Ihnen und allen, mit denen Sie zusammenarbeiten, gewollt. Alles. Was Sie zurzeit in Angriff nehmen, will Gott ebenfalls, er arbeitet mit Ihnen. Was Sie für die Zukunft planen, will Gott gleichfalls von Ihnen und Ihren Mitarbeitern. Sie werden genau das tun, was er von Ihnen erwartet. Was wollen Sie noch mehr? Meine Bestätigung? … Nun, ich, der Papst, erteile sie Ihnen hiermit, und was noch mehr ist, ich sende Sie aus. Gehen Sie nach Frankreich zurück. Sie werden auch anderwärts hingehen… Scharen Sie fromme Seelen um sich, die eifrig und religiös bis zum Blutvergießen sein sollen. Ich, der Papst, arbeite mit euch.“

Wir bitten daraufhin um seinen Segen, den er uns mit äußerster Güte erteilt und sagt: „Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen soeben gesagt habe. Sie gehen nicht allein wieder fort, ich, der Papst, gehe mit Ihnen.“

Nachrede von Pater Brisson

Überflüssig, noch etwas beizufügen. Unser Lohn für so viele Mühen, Kämpfen und Leiden war uns damit erteilt. Jeder von uns beiden, P. Deshaires und ich, erweckte im Grund seiner Seele einen Akt vollständiger Hingabe und Liebe zum Erlöser, und auch des Vertrauens zur Guten Mutter.

Und das ist unser Lohn: die Gewissheit, dass Gott mit uns ist und mit uns arbeitet, dass wir seinen hl. Willen erfüllen und sein Wohlgefallen. Ja, das war zweifellos die beste und allerhöchste Belohnung: sicher zu sein, das wir und alles, was wir tun wollen, von Gott gesegnet ist. Dass wir immer und überall ohne Einschränkung und Abstriche seinen göttlichen Willen erfüllen.

Amen.