7. Vortrag: Das Generalkapitel – Das Direktorium – Die Liebe.
Wir haben dieses Jahr, meine Freunde, ein Generalkapitel abgehalten. Es gab mehrere Fragen zu klären, Wahlen vorzunehmen sowie den Satzungen einige Ergänzungen beizufügen. In zwei Jahren wollen wir Rom um die endgültige Approbation unserer Satzungen bitten. Wir müssen daher prüfen, ob sie den Bedürfnissen der Kongregation genügen, ohne dass man noch etwas hinzufügen oder wegnehmen muss. Aus diesem Grund billigt die Kirche die Satzungen nur für einen bestimmten Zeitraum. Wir haben einige Änderungen vorgenommen, die man euch gleich zur Kenntnis bringen wird, und die wir Rom demütig zur Bestätigung vorgelegen werden, damit sie endgültig in unsere Satzungen aufgenommen werden können.
Dann wurden noch zwei oder drei weitere Fragen auf dem Generalkapitel behandelt, deren Kenntnisgabe sich erübrigt, weil ich während der Exerzitien ausgiebig darüber gesprochen habe bzw. noch sprechen werde: Sie betreffen die Armut, den Gehorsam, die Nächstenliebe, die Berufe, die Annales Salesiennes… Das war bereits oder wird noch Gegenstand der Exerzitienvorträge sein.
In jedem religiösen Orden, meine Freunde, gibt es eine Losung. Die Jesuiten sagen: „Omnia ad maiorem Dei gloriam.“ (Anm.: „Alles zur größeren Ehre Gottes.“) Die Kartäuser haben eine Devise, die aus dem Mittelalter stammt und ein wenig von der Literarischen Form der Scholastiker der Epoche beeinflusst ist: „Sol si vi permanet Carthusianus in vi“, d.h. Solitudine (Anm.: „durch die Einsamkeit“), silentio (Anm.: „durch das Stillschweigen“), visitatione (Anm.: „durch die Visitation des Generaloberen“) bleibt der Kartäuser in vi. (Anm.: „In Kraft.“).
Wir, meine Freunde, könnten gut eine ähnliche Devise nehmen: „Di car permanet Oblatus in vi“, d.h. „Directorio“ (Anm.: „Durch das Direktorium“), „caritate“ (Anm.: „Durch die Nächstenliebe.“), „visitatione“ (Anm.: „Durch die Visitation, den Besuch eines jeden Oblaten durch den Generaloberen) verharrt der Oblate in Kräfte und Stärke.
Zunächst durch das Direktorium:
Ohne jeden Zweifel wird die treue Beobachtung des Direktoriums uns gute und heilige Ordensleute machen. Das ist völlig einleuchtend. Ich komme deshalb immer wieder darauf zurück. Alle meine Ansprachen und Empfehlungen an sämtliche Patres kreisen um dieses Thema, die Treue zum Direktorium für die täglichen Handlungen. Das rührt daher, dass die Erfahrung hierzu auf eine schlüssige Weise gemacht wurde. Was hat denn unseren hl. Stifter geheiligt? Das Direktorium. Und er ist durch diese Anleitung ein kompletter Heiliger geworden. Denn im Himmel gibt es nicht wenige Heilige, die Lücken aufwiesen in ihrem Charakterbild, die somit unkomplett waren, die Fehler aufwiesen. Sie konnten unfähig sein, gute Kapläne oder Professoren der Theologie abzugeben und dennoch heilig sein. Es gibt heilige Originale (oder originelle Heilige), Heilige, also, mit Charakterfehlern behaftet, nicht nur der hl. Columban, Heilige, mit denen es schwer war, zusammenzuleben, Heilige, die nur zur Praxis gewisser besonderer Tugenden fähig waren, welche nicht immer soziale Tugenden waren. Franz v. Sales hingegen nimmt jedermann an. Zu ihm finden sie alle Zugang, Ordensleute wie Priester, Weltleute, Greise wie Kinder, Männer wie Frauen. Da ist einfach alles und fruchtbar, „via plana ac tuta“ (Anm.: „Ein ebener und sicherer Weg.“), wie der Papst sagt. Die Basis der Lehre und der Heiligungsmittel des hl. Stifters ist das Direktorium. Es sollte darum auch das Fundament unseres Ordenslebens sein. Auf dieser Grundlage werden wir ein innerliches, stabiles und solides Leben aufbauen.
2. Durch die Nächstenliebe.
Der hl. Franz v. Sales wollte einen Orden auf das alleinige Gebot der Liebe gründen. Er war überzeugt, dass die Übung der Liebe genügt, um die Seelen zum höchsten Grad der Heiligkeit zu führen. Er hatte recht. Was in der Welt am schwersten fällt und das Schwierigste bleibt, ist die komplette und vollkommene Übung der Liebe. Dieses Band, so man die Last tragen, ersetzt mit Sicherheit alle anderen, und eint uns mehr als alle übrigen mit Gott. Darum sollen wir suchen, so vollkommen wie möglich die Liebe zueinander zu üben.
Bezüglich der Liebe wird es gut sein, wenn ich heute Morgen eine kleine Bemerkung mache. Unter euch finden sich welche, die sehr liebenswürdig sind, zu liebenswürdig sogar, wenn man ihre Sprechweise hört. Ihre Liebe ist so groß, dass sie mit jedermann innige Freundschaft pflegen und ein bisschen alle wie Kameraden behandeln. Es scheint, dass man sich herausnimmt, dass sie einige ihrer Mitbrüder duzen. Das ist absolut verboten. Andere, oder dieselben, wagen es, die Titel wegzulassen, die dem Eigennamen vorangehen. Sie sagen also nur: Gilbert, Perrot, warum nicht auch Brisson? Wahrscheinlich tut man dies bereits. Das entspricht aber nicht ganz unserem Stil, meine Freunde. Als wir im Priesterseminar waren, hielt man uns an, einander mit Ehrfurcht zu behandeln, „Herr“ zu sagen, wenn wir über andere gesprochen haben. Und es ist doch das mindeste, dass wir dasselbe untereinander anwenden. Wenn man also von einem Ordensmann spricht, dass man „Pater Soundso“ sagt. Das recht verstandene Gebot der Liebe muss uns diese Ehrfurcht einflößen. Muss uns verbieten, solch eine freie und ungeziemende Redeweise zu gebrauchen. Meiden wir untereinander solche Vertraulichkeiten in der Sprache. Ich hörte mit Schmerz von dieser Unordnung. Ihr tut gut daran, das auch denen zu sagen, die nicht hier sind, damit das nicht noch einmal vorkommt!
Man ist heutzutage versucht, ein bisschen republikanische Manieren anzunehmen, sich gegenseitig mit einer Zwanglosigkeit zu behandeln, die nicht immer erbaut. Glaubt ihr denn, der hl. Stifter, der alle klösterlichen Tugenden auf die Liebe allein gründen wollte und infolgedessen sehr ins einzelne gehende Vorschriften über die Übung der Tugend der Liebe erlassen hätte, der Mutter und Beseelerin aller anderen Tugenden, hätte solche Ausdrücke und Manieren geduldet? Wir wollen in Zukunft mehr darauf achtgeben.
Liebe in der Sprache, Liebe auch im Handeln, in den gegenseitigen Beziehungen! Üben wir Nachsicht und Verzeihung! Keine Bitterkeit wollen wir aufkommen lassen dem Mitbruder gegenüber! Leiden wir nicht nur mit ihren Mühsalen mit, sondern auch mit ihren Fehlern, Schwächen und Sünden! Die Liebe, die wir bislang übten, reichte nicht soweit. „Aber, aber, das sind doch nur Kleinigkeiten!“ Nun, der Beweis, um welche „Kleinigkeiten“ es da geht: Wir selbst haben nicht wenig Schwierigkeiten, solche „Kleinigkeiten“ zu verzeihen, wenn es dabei um uns selbst geht. Beginnen wir damit bereits während der Exerzitien. Achten wir in unserer Generalbeichte auf derartige Verstöße! Ich gebe zu, es ist schwer, nie gegen den Nächsten zu fehlen. Ich selbst kenne jemand sehr intim, und diesen Jemand kenne ich sogar am allerbesten hienieden. Auch er fehlt leider oft dagegen. (Anm.: „Hier dürfte sich P. Brisson wohl selbst meinen, d. Ü.“) Wenn man uns ärgert und unsere Geduld auf die Probe stellt, nehmen wir es mit Sanftmut hin. Begegnen wir einander mit Nachgiebigkeit. Reden wir voneinander mit Ehrfurcht. Eine Gemeinschaft ist wie eine Einzelperson: Jene, die zur selben Kommunität gehören wie wir, sind die Teile eines einzigen Individuums, desselben moralischen Wesens. Einen unserer Mitbrüder kleiner machen, heißt uns selbst erniedrigen, heißt die Kongregation, von der wir ein Teil sind, herabsetzen. Jedes Mal also, wo man Übles spricht über einen eurer Mitbrüder, wo man euch sagt: Er hat den und den Fehler, er hat sich auf die und die Weise vergangen, verteidigt ihn. Verteidigt wenigstens seine gute Absicht, seine Ehrlichkeit, seine Einfachheit, wenn es sein muss. Vor allem aber, richtet niemals einen eurer Mitbrüder zu eurem eigenen Vorteil. Das wäre eine Sünde, ein enormer Fehler.
Ein Oblate muss sein Herz weit, seine Liebe so umfassend machen, dass er nicht in einen solch beklagenswerten Fehler fällt. Dazu braucht es eine gewisse Vornehmheit des Charakters, eine gewisse Urteilsfähigkeit auch, und diese bilden ja die Grundlage der Nächstenliebe.
Seit unserer Geburt haben wir sicher sehr viele Fehler begangen, und ein großer Teil davon hat seine Wurzel darin. Wir haben diesen Grundsatz vergessen, den Grundsatz der Hochachtung vor unseren Mitmenschen, der Achtung vor ihren Gedanken und Meinungen, der Scheu, nicht das niederzureißen, was andere aufbauen. Schaut die Maurer an, die eine Kirche bauen: Wenn die zur Rechten das niederreißen, was die zur Linken aufrichten, und umgekehrt, wird nie eine Kirche entstehen. Diesen Punkt haben wir vielleicht am meisten zu spüren bekommen, dass dies schon oft ein schlechtes Licht auf uns geworfen hat? Was mich betrifft, so habe ich öfters hören müssen, dass ein junger Pater, der bei einem Pfarrer zu Mittag isst, drauflos redet, seine Glossen macht, über den und den schwatzt, über diesen und jenen Pater loszieht. Es gäbe wohl dieses Gute an ihm anzuerkennen (natürlich nicht viel), doch das Übrige tauge nicht viel. Die Folgerung, die der Zuhörer daraus zieht: Der Betreffende taugt gar nichts, und die anderen auch nicht viel, angefangen bei diesem indiskreten und lieblosen Schwätzer. Alles Böse, das ihr über einen eurer Mitbrüder behauptet, wird immer geglaubt, dasselbe wird aber über euch angenommen.
Denn man beurteilt euch immer nach dem Üblen, das ihr von den anderen behauptet. Ich lege darum größten Ernst auf das, was ich euch hier vortrage.
Hört gut zu, liebe Freunde: Es besteht kein Zweifel, dass nicht jeder Mensch auf dieselbe Art und Weise handelt: Die einen sind lebhaft, heißblütig, scharf, die anderen zögern lieber, gehen langsam voran und überstürzen nichts. Die einen sagen zum Nächstbesten: Ich bin offenherzig und sage, was ich denke. Andere behalten ihre Meinung lieber für sich. Zwangsläufig kommt es da in gewissen Augenblicken zu einem Zusammenstoß. Der eine stürmt voran, der andere lässt sich Zeit. Gehen beide nun auf demselben Weg, begegnen sich, dann kracht es… Wir werden nun den Geist genug haben, um zu begreifen, dass der Lebhafte, der sich darauf bei jeder Gelegenheit etwas zugutetut, zwangsläufig eine Lücke aufweist: Er kann nicht immer so klug und weise und überlegt handeln, wie die Umstände es erfordern.
Wir werden auch verstehen, dass der Zauderer, der immer überlegt, mitunter in sein Tun etwas Bitterkeit, Spottlust und selbst Bosheit mit einfließen lässt… So sind die Menschen, so sind sie alle beschaffen. Wir sind gewiss Ordensleute. Das Unglück will aber, dass auch wir immer Menschen bleiben, und das mehr noch als die anderen, weil wir uns mehr als die anderen allein gegenüberstehen. Ein Oblate muss sich über sich selbst erheben. Er muss sich sagen: „Ich bin nichts. Das Wort, die Aktion Gottes ist alles. Gott ist alles, was das Wirken in den Seelen betrifft. Hat Gott verschiedenartige Weisen zu handeln, was geht das mich an, ich habe das nicht zu beurteilen, sondern anzunehmen. Ich will darum nie Nachteiliges aussagen unseren Patres, ja, jedem Menschen gegenüber. Ich will meinerseits alles tun, was ich kann, um keine lieblosen Gedanken zu hegen und gegen die Liebe weder innerlich noch in Worten zu fehlen.“ Haben wir doch, liebe Freunde, etwas von dieser Seite des Charakters an uns, dass wir uns nie bei etwas Kleinlichem und Engherzigem aufhalten. Empor die Herzen! Pflegen wir die Einheit mit unseren Mitbrüdern, seien wir mit unseren Herzen bei der Kommunität. Dann steht auch ihr mit Gott im besten Verhältnis. Hat er denn nicht gesagt, er sei mitten unter uns, immer, wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind? Einheit, Einigkeit der Herzen muss sein!
Wer ein Amt hat, soll es gut ausfüllen. Mit ganzem Herzen soll er beflissen sein, auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen. Die Satzungen sagen, dass andere sich nicht in unser Amt einmischen sollen. Wer eine Klasse zu leiten hat, einem Werk, einer Kommunität vorsteht, muss sich dieser Aufgabe ganz hingeben. Er gehört ungeteilt seinem Geschäft. Er soll entsprechend den Weisungen und Empfehlungen, die ihm zuteilwerden, handeln. Teilt man ihm nun in seiner Klasse eine Hilfe zu, einen Aufseher, in einem Seelsorgewerk einen Mitarbeiter, in seiner Kommunität einen Pater z.B. zum Predigen, Beichthören oder Sonstigem, wie soll er sich dann verhalten? Wenn er das niederreißt, was der Hilfspater und der Mitarbeiter aufbaut, weil er eben alleinbleiben will, mein Freund, dann durftest du kein Ordensmann werden. Zum Beruf des Ordensmannes gehört es, mit jemand oder mit etwas verbunden zu sein, und vor allem mit dem Gehorsam verknüpft zu sein, und jederzeit das Heil der Seelen im Auge zu behalten. Betrachtet oft, was Gott in die Seelen des Mitbruders gelegt hat! Hat er da einen Funken des Gottesgeistes gelegt, und ihr glaubt, in euer eigenes Herz habe er eine starke Flamme gelegt, eine wahre Feuersglut geworfen, wer sagt euch denn, Gott nehme auf den kleinen Funken des Mitbruders nicht mehr Rücksicht als auf eure Glut? Und er wirke durch den anderen nicht Größeres als durch euch? Gottes Urteile sind undurchdringlich.
Jeder, der von Gott eine gute Gabe empfangen hat, hat ein Recht auf Ehrfurcht, auf Liebe. Sie haben einen Anspruch darauf, den Platz einzunehmen, den Gott und der Gehorsam ihnen übergeben hat. Ich wiederhole es, grabt das tief in euren Geist ein: Jeder hat von Gott eine Gabe erhalten, und durch diese Gabe ist er im Herzen Gottes teuer. Denn alles, was von Gott kommt, ist ausgezeichnet. Darum muss man alles, was von ihm stammt, hochschätzen. „Nolite exstinguere Spiritum Sanctum“, sagt der hl. Paulus. (Anm.: „Löscht den Hl. Geist nicht aus!“). Hütet euch, die Gabe Gottes zu ersticken, nutzlos zu machen. So würdet ihr direkt dem Hl. Geist entgegen handeln.
Empfiehlt das nicht auch der hl. Franz v. Sales? Lasst es euch nicht so sehr angelegen sein, selber Gutes zu tun, als vielmehr andere Gutes tun zu lassen. Denn das Gute, das ihr verursacht habt, ist großartiger und nutzbringender als was ihr selbst getan hättet. Man hat Vertrauen zu euch. Gut so. Nehmt ihr aber an eure Seite, in eure Gemeinschaft, in eure Seelsorgearbeit einen anderen Pater mit auf, und leistet ihr ihm keinen Widerstand, sondern helft ihm, Gutes zu tun, dann ist das nach dem hl. Stifter die Vollkommenheit.
Die Gute Mutter tat das auf eine wunderbare Weise. Ich prüfte sie bis in die unbedeutendsten Einzelheiten hinein. Ich wollte diese Seele bis in die letzten Falten kennenlernen, ihre ganze Art zu handeln. Es war bewundernswert. Immer, wenn es eine Frage zu beantworten, eine Entscheidung zu treffen galt, hörte sich die Gute Mutter an, was jede Schwester dazu zu sagen hatte. Notfalls brachte sie diskret einen neuen Gedanken ins Spiel. Wenn sie alle Meinungen gesammelt hatte, fügte sie ihr kleines Wort hinzu: „Ja, das ist gut so, wir wollen es machen, wie es Schwester Soundso vorgeschlagen hat!“ Sie erwies immer einer anderen Schwester die Ehre der Entscheidung, die sie selbst oft eingegeben hatte. Die Schwester hatte recht. Wie sehr sie doch in jeder Schwester die Gabe Gottes zu schätzen wusste! Mit welcher Liebe sie davon sprach! Bei der einen war es die Liebe zum heiligsten Sakrament, bei der anderen die Liebe zu den Armen. Bei den anderen, die allem untauglich zu sein schien, waren es Spuren von Nächstenliebe und Willfährigkeit. Sie hatte die Fähigkeit, die Gaben Gottes zu erkennen, und die Menschen zu ehren, die diese innehatten. Das ist ihre Lehre, die wir zur unseren machen sollten. Und das ist es, was man Liebe nennt.
Wenigstens sollten wir aber, meine Freunde, im Zusammenleben das haben, was man bei den großen Seminaristen feststellte: Ausdrücke haben des gegenseitigen Respekts und guter Erziehung! Erlauben wir uns niemals diese Vertraulichkeit in Worten, die unter wohlerzogenen Menschen, besonders unter Ordensleuten, nicht am Platz ist. Erheben wir uns über jene kleinen Eifersüchteleien, und Engstirnigkeiten, dass man alles an sich ziehen möchte auf Kosten der Anderen. Hüten wir uns vor dem Eingekapseltsein in einem engen Kreis, dass alles, was von anderen kommt, nicht viel tauge. Seien wir für unsere Mitbrüder keine Fremden. Die Andersartigkeiten der Charaktere sollen nie die gegenseitigen Beziehungen unserer Liebe beeinflussen, sollen keinen Eingang finden in unsere Kommunitäten und die Herzen hindern, im Gleichtakt zu schlagen.
Ist das leicht, meine Freunde? Ich weiß sehr wohl, dass diese Dinge äußerst schwer sein können. Das ist sogar schwerer, als die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams gewissenhaft zu halten.
Aber es bringt auch mehr Verdienste ein, ist heiliger und vollkommener. Und das gerade haben Franz v. Sales und die Gute Mutter in Wort und Beispiel gepredigt. Wir können versichert sein, dass dies die sicherste Garantie für den Erfolg unserer Kongregation ist.
Wir wollen heute Abend den dritten Teil unseres Sinnspruches betrachten, die kanonische Visitation. Möge Gott uns treu und konform finden dem, was wir in unserer Profess versprochen haben, dass wir am Tag des Lohnes ohne Furcht in seinen Armen entschlummern können. Unser Ende ist dann umso angenehmer, je mehr Mühsale wir hatten, um das zu erfüllen, was Gott von uns verlangte. Amen.