Exerzitienvorträge 1894

      

5. Vortrag: Die exakte Befolgung der Satzungen.

Zurzeit baue ich eine große Standuhr für das Kolleg St. Bernhard. Es wird eine sehr komplizierte, astronomische Maschine werden, sehr lehrreich und interessant. Um sie zu konstruieren, würde ich umsonst meine Berechnungen anstellen und Kombinationen aufstellen, die selbst eine Erfindung für die Wissenschaft darstellen, wenn ich keine Werkstatt (mit Arbeitsgruppe) fände, wo man meine Pläne ausführen und gut ausführen wird. Ginge es nur um kühne Phantasievorstellungen, dann genügten mir meine Berechnungen. Um aber Pläne zu verwirklichen, bedarf es weiterer Dinge: Ich muss einen intelligenten Werkmeister finden. Ich brauche ferner einen Werkmeister, der in seinem Atelier gut geeignete Maschinen, Präzisionsinstrumente und ideales Handwerkszeug hat, das dem härtesten Stahl und dem Kupfer die gewünschte Form verleiht. Das Räderwerk muss gut und exakt beschaffen sein, auf den Millimeter genau, nicht bloß so ungefähr. Die gewünschten Maße müssen aufs Genaueste ausgeführt werden, mit haargenauer Zuverlässigkeit. Nur unter diesen Bedingungen kann man ein vollkommenes Resultat erreichen.

Mein Vergleich lässt sich in allen Punkten auf unseren Fall anwenden. Da ist die Kongregation der Oblaten des hl. Franz v. Sales. Ihre Niederlassungen beginnen sich nach allen Seiten auszubreiten. Sie soll reiche Früchte zeitigen: ganz göttliche Verheißungen bestätigen das. Zahlreiche Werke soll sie hervorbringen, und immer mehr vervollkommnen. Das ist schwierig. Das erfordert eine große Aktionseinheit, vollkommene Übereinstimmung, vollständiges gegenseitiges Einvernehmen, um zu dem genau bestimmten Ziel zu gelangen.
Es soll ja letzten Endes ein vollendetes Werk entstehen, das ohne Unterbrechung funktioniert, dessen Räderwerk ohne Fehl und Tadel arbeitet. Wenn auch nur ein einziger Arbeiter seine Arbeit schlampig verrichtet, wird das ganze Werk einer Katastrophe entgegensteuern.
Setzt er nicht seine ganze Liebe, sein ganzes Herz ans Werk, täuscht er sich in seiner Übersicht auch nur einmal, arbeitet er nicht gewissenhaft, so wird alles darunter leiden: Die Mühe aller anderen wird nicht ihr Ziel und ihren Zweck erreichen. Dieser Vergleich stimmt vollkommen.

Eine Kommunität ist ein großes Atelier, wo jeder einzelne sein genau zum bestimmten Zweck geeignetes Teilstück zu formen und zu meißeln hat. Jeder darf nur exakt nach dem vorgelegten Modell bearbeitete Stücke liefern. Gibt es unter euch also Versager, die nicht ihr ganzes Herz an ihre Arbeit hängen, die alles ein bisschen aufs Geratewohl treiben lassen, denen es nicht darum zu tun ist, ihre Arbeit in das Gesamtwerk ihrer Mitbrüder einzufügen, so vollbringen sie ein Murxwerk. Solche können wir nicht brauchen, sie würden die ganze Maschine verderben und ruinieren.

Unsere Satzungen ruhen in ihrer Gesamtheit auf diesem Gedanken. Sie lenken und beleben alle individuellen Anstrengungen, um aus ihnen ein glückliches, komplettes, befriedigendes und schöpferisches Resultat zu gestalten. Wir sind eine Gemeinschaft von geistlichen Werkmännern. Arbeiter, die in diesem Sinne schaffen, ziehen auf sich und die Gemeinschaft einen Schatz von göttlichen Segnungen herab. Die aber nicht in dieser Richtung gehen, bringen die Gnadenquelle zum Vertrocknen. Selbst schaffen sie nichts und sind die Ursache, dass auch das Werk der anderen frustriert und nutzlos wird.

Das war so wahr, als unsere Genossenschaft ihren Anfang nahm mit ihren bescheidenen Anfang nahm mit ihren bescheidenen und armseligen Bemühungen. Bei allen Patres gab es so viel guten Willen, eine solche Einheit des Geistes und der Aktion, dass mir jedermann sagte: Wenn man einen Oblaten gesehen hat, hat man alle gesehen. Hört man einen sprechen, hört man sie alle. Heute sagt man das nicht mehr so oft. Kommt das nun daher, dass  nicht mehr alle in die gleiche Richtung schaffen? Werden die gegebenen Maße (der geforderten Teilstücke) nicht mehr mit so vollkommener Genauigkeit hergestellt? Das Resultat kann dann nicht mehr gut sein, das Ziel nicht mehr erreicht werden! … Es muss aber erreicht werden! Bringen wir darum wieder alles zum Einklang! Jeder möge sein Teil zum gemeinsamen Werk beitragen, indem er treu seine Satzungen erfüllt. Jedes Räderwerk muss wieder funktionieren und die einzelnen Rädchen ohne Gekreisch ineinander greifen. Nur dann läuft die Maschine, und ihre Leistung wird produktiv und überfließend sein.

Warum bekommen wir keine Berufe mehr? Hier liegt der Grund! Wenn sämtliche Räder der Maschine exakt funktionierten, wenn ihr Ablauf allen Zuschauern tadellos erschiene, wenn ihr allen Zuschauer tadellos erschiene, wenn man ein komplettes Ganzes erblicken und das „Teamwork“ vollkommen wäre,  wenn jeder seine Satzungen befolgte, dann wäre das, meine Freunde, ein wirksamer Hebel, Berufe anzuziehen. Man käme in Scharen zu uns.

Jedes Mal, wenn wir in der in der Erfüllung unserer klösterlichen und Oblatenpflichten versage, laufen wir Gefahr, einen Gutwilligen zu vergrämen. Man kommt zu uns und ist enttäuscht: Es ist in der Tat da nichts Positives festzustellen, wo das Vorgeschriebene nicht ausgeführt wird.

Ich spreche lange über dieses Thema, weil ich hoffe, dass wir uns in allem Ernst an die Ausführung machen. Wir beginnen damit an dem Tag, an dem in jedem Haus die treue Beobachtung der Konstitutionen und des Direktoriums bei jeder Übung in Ehren steht und Wirklichkeit wird.

Noch einmal: Dieses Jahr werden wir viel ungezwungener und freier sein, weil wir weniger Hilfskräfte haben werden, in St. Bernhard, in St. Anna und in all unseren Kollegien. So können wir uns mit ungeteiltem Herzen und ganzer Liebe der hl. Regel hingeben. Künftig werden wir unius linguae (Anm.: „einer einzigen Sprache“) sein. Das war doch eine schöne Zeit damals und Gott herrschte ganz allein, als es noch ein populus unius linguae  (Anm.: „ein Volk mit einer Sprache“) gab. Da waren dann auch die Menschen mächtig in guten Werken, und in einem bösen Augenblick konnten sie sogar von einem Turm träumen, der bis zum Himmel reichen sollte. Doch an dem Tag, wo es mehrere Sprachen gab, wo man sich nicht mehr verstehen konnte, wurde jede große und riesige Unternehmung unmöglich.

Es ist darum absolut unerlässlich, dass in all unseren Häusern die maßgebende Ordnung eingehalten wird, der Stundenplan der Satzungen wie der verschiedenen Übungen. Alles geschehe mit Treue und auf die ein und dieselbe Weise. Dann braucht man nicht mehr zu sagen: Der und der Brauch herrschte bisher. Das lassen wir nicht mehr zu. Alles geschehe einheitlich, der Regel gemäß. Mit solch einer Werkzeugausrüstung schaffen wir eine wunderbare Standuhr, physikalische und astronomische Maschinen von höchster Präzision. Aus solch einem Atelier können alle Arten von Instrumenten hervorgehen, weil unser Werkzeugkasten komplett ist. Damit können wir allen Erfordernissen genug tun, gute Lehrer und Erzieher, tüchtige Seelenführer, und eifrige Missionare zur Verfügung stellen. Bringt darum treue Observanz den Satzungen des klösterlichen Lebens entgegen, und höchster Nutzen wird dann unser Anteil sein. Diese Bedingung, wenn treu erfüllt, wird der hl. Kirche immense Dienste leisten, die in diesem Augenblick so schwer geprüft wird. Man betätigt sich auf allen Seiten, unternimmt tausend Dinge, und man tut recht daran, denn es ist notwendig. Aber was ist der Erfolg? Der Antrieb, das Uhrwerk ist es, der alles wirkt. Woher kommt aber dieser Antrieb? Aus einer geheimen Ursache. Es ist das Leben, das wir im Tiefsten unseres Seins tragen. Darum müssen wir, wenn wir etwas erreichen wollen, den inneren Motor in Ordnung halten, d.h., unsere Treue zum Anruf Gottes, zur Gnade, zum klösterlichen Leben, zu den Satzungen, und der klösterlichen Observanz muss gut funktionieren. Wir müssen nicht meinen, das sei nichts. Nein, das ist alles. Da läutet z.B. die Glocke. Ihr steht auf beim ersten Glockenschlag. Das ist gut so, ihr versteht die religiöse Treue. Gott ist mit euch, und ihr habt Erfolg. Wenn ihr aber erst abwartet und aufschiebt, wo bleibt dann euer Ordensleben, was wird aus der Gnade Gottes, was kann sie wirken?

Moses schlägt in der Wüste auf Befehl Gottes an den Felsen. Was ist schon ein Schlag mit dem Stock, wenn darum geht, Wasser zum Durstlöschen eines ganzen Volkes zu bekommen? … Er schlägt ein zweites Mal, und ihr kennt die Strafe Gottes für diesen mangelnden Glauben. Moses durfte nicht das Heilige Land betreten. Jede Übung, die uns durch den Gehorsam angezeigt wird, besitzt die gleiche Wichtigkeit.

Wir machen es darum zu unserer Herzenssache, dieses Jahr in all unseren Häusern uns an die exakte und pünktliche Observanz der hl. Regen zu halten. Damit uns das besser gelingt, werden wir darauf achten, sie jeden Monat wenigstens einmal durchzulesen. In allen Häusern soll diese Lektüre treu vorgenommen werden, privat oder gemeinsam im Speisesaal. Und allwöchentlich soll der Hausobere zu Beginn des Kapitels sie dann erläutern. Er wird dann etwas von dem hinzufügen, was ich vielleicht über diesen Punkt in den hier gehaltenen Kapiteln gesagt habe oder in den Exerzitienvorträgen. Jeder Ordensmann möge es dann beherzigen und es während der nächsten Woche mit der größten Gewissenhaftigkeit beobachten.

Außer den in den Konstitutionen niedergelegten Vorschriften gibt es auch solche, die in den Generalkapiteln beschlossen wurden. Auch ihnen bringen wir die gleiche Treue entgegen wie den anderen.

Zunächst verbiete ich noch einmal und ohne Ausnahme die Lektüre von politischen Zeitungen. Der Obere mag ein kleines Blatt mit den laufenden Ereignissen haben, um es den Mitbrüdern mitzuteilen. Nichts ist besser als das. Man kann dafür „La Croix“ hernehmen. Das ist mehr als ein Blatt, das die Ereignisse einfach mitteilt, ein Aushang dessen, was vor sich geht, als eine politische Zeitung. „La Croix“ ist gut, sie hat richtige Ideen und ist gut katholisch. Von dieser Zeitung abgesehen, die ich den Oberen erlaube, sage ich euch: Lest keine anderen Zeitungen. Wir haben so viel zum Tun! Ihr nehmt euch die Zeit, Zeitung zu lesen. Doch die Zeit, eure Betrachtung zu halten, euren Unterricht vorzubereiten, fehlt euch dann. Lest darum keine politischen Zeitungen, ohne sie seid ihr keine rückständigen Parias. Im Gegenteil, ihr werdet euch auszeichnen und das auf eine unerwartete Weise. Liest nicht jedermann heutzutage seine politische Zeitung? Jede kleine Flickschneiderin liest auf dem Weg zur Arbeit ihr Leibblatt. Nicht ein einziger Arbeiter der Fabrik Poron, der nicht seine Zeitung in der Hand trüge. Das ist also keine sehr erhabene und intelligente Beschäftigung. Wenn ihr etwas suchen wollt, was euch ein gewisses Gepräge von Vornehmheit verleiht, dann lest keine Zeitungen! Zeitunglesen ist eine schreckliche Sklaverei. Nach kurzer Zeit ist man gespickt und durchtränkt von den Ideen seines Leibblattes. Das macht Eindruck auf eure Gedanken und eure Urteile, ihr denkt wie die Zeitung, sie führt euch und zwingt euch ihren Willen auf, ihr begebt euch eurer Freiheit. (Anm.: „Hier befindet sich eine textlich nicht ganz klare Stelle!“). Wissenschaftliche, literarische oder religiöse Zeitschriften, alles, was nötig ist, um euch bekannt zu machen mit den verschiedenen Entdeckungen, den Arbeiten der Wissenschaft und der Verteidigung der Religion: All das ist mit entsprechender Erlaubnis sehr gut. Aber noch einmal: Ich will keine politischen Zeitungen und werde darüber wachen, angefangen in St. Bernhard.

Dass eine unserer weltlichen Hilfskräfte eine Zeitung abonniert hat, kann man ihnen nicht verwehren. Lasst ihm seine Zeitung, leiht sie euch nicht aus, und rührt sie nicht an. Ich verbiete es euch auf das Eindeutigste!

Eine andere Gefahr, die den Geist der Gemeinschaft untergräbt, sind Freundschaftsbeziehungen und intime Bande mit Weltleuten. Unser Herr sagte zu seinen Jüngern, als er sie hinaus sandte: Ich sende euch wie Lämmer unter Wölfe: „Sicut agnos inter lupos.“ Sicher wollte er damit nicht sagen, wer nicht sein Apostel sei, sei ein Wolf. Ihr lebt in Gemeinschaft. Gott bewahre mich zu behaupten, wer nicht zu eurer Kommunität gehört, sei ein Wolf, ein verlorener Mensch. Nein, alle, zu denen ihr geht, sind keine Wölfe. Aber verhaltet euch gleichwohl in ihrer Gesellschaft so, wie es Schafe inmitten von Wölfen täten. „Nolite portare sacculum.“ (Anm.: „Nehmt kein Gepäck!“). Keine politischen Zeitungen, keinen Sack voller Witze, Geschichtchen und Possen, wie es jene tun, mit denen ihr in Beziehung steht. Ihr habt eure hl. Regel, eure Observanz, ihr braucht keinen Sack, keine Tasche mit dergleichen Dingen. Wer verbietet uns das?? Unser Herr! „Neque peram.“ (Anm.: „Keinen Ranzen.“), nehmt kein Geld mit, versucht nicht, die Menschen mit menschlichen Mitteln zu gewinnen, vertraut vielmehr auf göttliche Hilfen. Nicht mit euren Talenten, eurem Geist, und eurer Geschicklichkeit sollt ihr Erfolg zu haben versuchen. Lasst die natürlichen Dinge beiseite und setzt euer ganz Vertrauen allein auf die übernatürlichen Hilfsmittel. „Neque peram.“ Glaubt nicht, alles kaufen zu müssen, sucht auch nicht, alles an euch zu ziehen, als wäret ihr allein da, das Werk Gottes zu verrichten. Lasst vielmehr auch den anderen Raum… „Neque calceamenta.“ (Anm.: „Keine Schuhe“): Tragt keine gut genagelten Schuhe, stützt euch nicht auf menschliche Faktoren, auf das, was euch angeblich auf dem Boden der Wirklichkeit hält, auf Gefälligkeiten oder Versprechen von Erfolgschancen, die man euch anbietet, auf diese oder jene Protektion. Ihr glaubt, festen Fußes voranzuschreiten, weil ihr euch auf menschliche Sicherheiten verlasst? Habt nur eine einzige Sicherung, eine einzige Stütze: Unseren Herrn!

„Neque per viam salutaveritis.“ (Anm.: „Grüßt niemandem auf dem Weg.“): Beginnt nicht alle zu grüßen, denen ihr unterwegs begegnet, euch bei ihnen aufzuhalten und ihnen eure Geheimnisse anzuvertrauen! Ihr seid Ordensleute: Ihr habt euch bei niemanden aufzuhalten, mit niemand Freundschaft zu schließen, und wären es Pfarrer, Kapläne oder sonstige Mitglieder des Klerus. Ihr sollt nicht ihre Ideen und ihre Gesichtspunkte übernehmen, sie kopieren, ihre Ratschläge einholen, ihre Seins- und Denkart annehmen. Das ist eine große Gefahr für junge Ordensleute. Viele lassen sich so in ihrem Beruf erschüttern. Ein Pfarrer kann ein sehr ehrenwerter Mann sein. Er kann sogar sehr tüchtig und verdienstvoll sein vor Gott, mögen auch sein Geist und seine Manieren von den unsrigen sich sehr unterscheiden. Wir reichen an Wert nicht an eine Vielzahl von Pfarrern heran. Beweist dafür: Stünden wir an ihrem Platz, so hätten wir vielleicht längst unsere Seele und die Seelen unserer Pfarrkinder verloren. Achten wir sie deshalb hoch, wie es uns das Direktorium empfiehlt, aber machen wir uns nicht ihre Art und Weise zu sehen und zu handeln zu eigen. Hüten wir uns, zu predigen wie sie, zu reden wie sie, ihre Art und Weise, über die oder die Person zu urteilen anzunehmen. Davor wollen wir uns peinlich in Acht nehmen, nicht aus Überheblichkeit oder Eigenliebe, sondern weil wir unserer Kleinheit, die wir so sehr lieben, treu bleiben wollen. Die anderen bewundern wir, reservieren aber die Liebe unseres Herzens der Kleinheit, die bei uns vorherrscht.

Haben wir nach dem Rat des Evangeliums die Klugheit der Schlangen und die Einfalt der Tauben. In unseren Beziehungen zu unserer Familie, zu den Weltmenschen, zu unseren Bekannten, zum Klerus seien wir offen und einfach wie die Tauben, ohne uns zu rühmen, uns wichtig zu machen, und die Blicke auf uns zu ziehen, ohne unsere Genossenschaft über ihre Verdienste hinaus aufzuwerten. Haben wir aber gleichzeitig auch die Klugheit der Schlangen. Es passiert oft, dass junge Patres sich nach allen Seiten wenden, ins Blaue hinein mit Kaplänen reden, mit Pfarrern sich unterhalten. Sie erzählen ihnen mehr oder auch wenigen
vernünftige Dingen machen sie mit ihren Meinungen, Eindrücken, kleinen ehrgeizigen Plänen und Beschwerden bekannt, und alles zum großen Schaden der Kommunität. Denn all das trägt dazu bei, sie herabzusetzen, zu missachten, und zu verachten Man hält sich zu allem für begabt, macht Aufhebens von seinen Talenten, predigt ohne Vorbereitung, und der Erfolg: Man bringt sich selbst zuerst, dann die Kongregation in Verruf.

Da habt ihr auch den Grund, warum ich energischer denn je auf dem Artikel bestehe, dass wir nicht in der Stadt essen gehen. Ihr habt einem Pfarrer ausgeholfen, habt dafür die Ausreise unternommen. Es ist selbstverständlich, dass ihr dafür seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmt, und bei ihm speist. Wohnen in der gleichen Stadt aber Mitbrüder, so nehmt keine Gastfreundschaft bei anderen an, und wenn ihr das nicht einmal bei Pfarrern tun sollt, wie viel weniger bei Laien!

Die Klugheit der Schlangen… Seht, wie die Schlangen immer ihren Kopf zu schützen trachten. Wendet auch ihr dieselbe Klugheit an, verteidigt immer den Kopf, die Oberen, das Haus, das Institut. Sagt niemals ein Wort, das gegen sie ausgelegt werden könnte. Setzt euren Kopf nicht Schlägen aus, die euch selbst gefährlich werden können. Ihr redet nachteilig über Vorgesetzte, über die Kongregation, beklagt euch über sie. Wird dies nicht auf euch zurückfallen? Ist der Kopf aber der Leidtragende, dann wird auch das übrige leiden, bei euch mehr als bei den anderen.

Diese Dinge sind wesentlich, um den Geist der Gemeinschaft und den guten Ruf der Kongregation zu erhalten. Wenn ihr euch innerhalb der Grenzen haltet, meine Freunde, die unser Herr selbst gezogen hat, bleibt ihr unbeschädigt und unverletzt inmitten der Gefahren. So retten wir die Ehre und die Hochschätzung unserer Genossenschaft. So bringen wir reale und reiche Früchte hervor. Nimmt unser Institut einen Platz in unserem Herzen ein, so schenken wir ihm auch unsere Liebe, weil wir ihm unser Opfer und Hochherzigkeit weihen. Machen wir auf gleiche Weise auch unsere hl. Regel zu unserer Herzenssache, lieben wir unser Kloster und unsere ganze Genossenschaft. Diese Liebe wird für uns zu einem Balsam, der unsere Wunden heilt, und unserer Seele den Frieden bringt. Fürchtet euch nicht vor den kleinen Prüfungen des Gemeinschaftslebens, scheut auch nicht die großen Opfer. Nur um diesen Preis wächst eure Liebeskraft für sie. Welches Kind liebt Vater und Mutter am zärtlichsten? Das, welches ein bisschen streng erzogen worden ist. Die echte Liebe ruht immer auf dem Opfer, bitte vergessen wir das nicht.

Begreifen wir diese Wahrheit, und machen wir uns in dieser Richtung auf den Weg. Fasst diesen Exerzitienvorsatz und schreibt ihn euch auf, um ihn nicht mehr zu vergessen. Beten wir zur Guten Mutter, sie möge uns die Treue zu diesem Vorsatz erbitten.

Die Klöster, in denen die Gute Mutter gewohnt hat, blieben davon wie einbalsamiert, wurden sozusagen Paradiese, weil man in ihrer Nähe verstand, was es heißt, die Regel zu beobachten. Machen wir uns also daran, bis wir sie lieben. Dann erreichen wir das Ziel, das der hl. Paulus andeutet mit den Worten: „Qui regulam secuti fuerint, pax super illos et misericordia.“ (Anm.: „Wer die Regel befolgt hat, wird den Frieden und die Barmherzigkeit finden.“).