Exerzitienvorträge 1889

      

5. Vortrag: Unsere Art Beichtzuhören.

Gestern, meine Freunde, nannte ich euch die dem Beichtvater notwendigen Bedingungen. Dann begann ich euch zu erklären, worin die Besonderheit des Beichtvaters besteht. Die größte Vollmacht der Kirche ist die, die sich im Beichtstuhl auswirkt. Die Seelen und die Willen befinden sich da in den Händen des Priesters. Die Vollmachten, die die übrigen Sakramente verleihen, sind zweifellos auch groß. Sie rüsten ihn mit einem großen Einfluss auf die Seelen aus. Doch das wirkmächtigste und zugleich allgemeinste Mittel, Seelen zu führen, liegt in der Beichtvollmacht beschlossen.

Wie sollen wir diese Macht gebrauchen? Wie beichthören? Kann hier jeder Priester seine Gemütsart, seine persönlichen Ideen betätigen? Im Priesterseminar lehrte man uns das nicht, sondern gab uns recht positive Regeln für die Seelenführung ihrer eigenen Tradition. Auch die anderen Orden handeln nach ihrem Geist und ihrer Lehre und den Verhaltensregeln, die man ihnen gibt. Wenn wir nun dazu berufen sind, in der Kirche etwas Gutes zu wirken, so müssen auch wir unsere besondere Weise beichtzuhören und die Seelen zu führen besitzen. Man missverstehe mich nicht: Ich behaupte nicht, wir seien tüchtiger als die anderen, wir würden Wunder wirken. Und doch sind wir dazu berufen, in der Kirche das zu wirken, was die anderen nicht tun. Darin liegt ja unsere Existenzberechtigung. Der Oblate, der zum Beichthören gerufen wird, darf also nicht meinen, er sei aufgrund seiner Tugenden und Ideen, aufgrund seines Charakters berechtigt, nach seiner Fasson zu handeln, die Seelen nach seinem Belieben zu lenken. Er ist Ordensmann, er ist gebunden und darf nicht die Linie verlassen, die ihm vorgezeichnet ist.

Seht, wie die Menschen, die sich an die Jesuiten wenden, nicht leicht eine andere Seelenführung wünschen. Das beweist doch, dass die Jesuiten eine Art zu leiten haben, die sich von der der anderen unterscheidet. Und diese Art lehren sie eben ihre Beichtväter. Sie geben eine Losung, eine Lehre, eine Marschrichtung all denen, die das Amt von Beichtvätern übertragen bekommen. Werden somit wir zum Beichthören, zur Seelenführung berufen, dann müssen auch wir einer vorgezeichneten Linie folgen. Denn dafür hat uns die Kirche eingesetzt und ist ihr wesentlich an uns gelegen.

Die Kirche zählt auf uns…In der Tat vergeht keine Woche, wo ich nicht von Rom Mitteilungen bekomme und Bestätigungen, die mir sagen: „Mut! Ihr wollt genau das Richtige. Genau das tut not! Genau das wollen wir auch…“ Der Papst schreibt mir natürlich nicht in solchen Ausdrücken, doch in den verschieden Römischen Kongregationen ist das der Ton, der in ihren Briefen an mich vorherrscht. Noch gestern erhielt ich einen Brief, der mir den besonderen Segen des Hl. Vaters vermittelt mit der Vollmacht, dass die Oblaten auf Reisen sich gegenseitig ohne weitere Erlaubnis beichthören können. Damit erteilt er uns eine Jurisdiktion, die sich gewissermaßen auf die ganze Welt ausdehnt. Hätte Rom kein Vertrauen zu uns und besäßen wir keine besondere Sendung, wozu würde man uns so behandeln? Das ist eine äußerst besondere Sache, das sollten wir uns tief zu Gemüte führen. Dieses Zeugnis ist ungewöhnlich, da es sich an eine erst im Werden begriffene Genossenschaft richtet. Das gibt uns, wie man mir in Rom versichert, gleichsam eine Existenz von hundert Jahren.

Lassen wir uns darum führen, meine Freunde, bleiben wir ganz klein, seien wir wie Kinder. War es nötig, dass ich dreißig Jahre lang der Führung durch die Gute Mutter widerstand:  Sie war halt eine Frau. Doch als ich dem Papst alles erzählte, was ich da erlebt hatte, glaubte er daran hundertmal fester als ich… Darum spüre ich jetzt die Verantwortung auf meinen Schultern drücken. Das ist keine Kinderei… Ich gebe zu, meine Freunde, dass gewisse Dinge gibt, die ihr zunächst nicht verstehen könnt. Doch ihr habt Gewissheiten, die euch Vertrauen einflößen können. Mögen die Worte unseres Herrn an die Apostel nicht für euch gelten: „Wie seid ihr schwerfällig und begreift nichts von dem, was euch da verkündet wird. Habt doch Vertrauen!“ Ein Oblate soll sein Vertrauen nicht auf seine Theologie, nicht auf sich, seine Weisheit und seinen Geist setzen. Er soll in der Seelenführung auf die Lehre des hl. Franz v. Sales vertrauen. Auf diesem Weg heißt es vorangehen, zu diesem Zweck wurden wir auserwählt. Die Kirche braucht uns nicht, wenn wir anders handeln. Wie soll sich der Oblate nun im Bußgericht und in der Seelenführung verhalten?

Lest im Direktorium nach, welche Dispositionen der hl. Franz von Sales von den Beichtvätern erwartet. Er verlangt, dass der Beichtvater vor und nach der Beichte betet. Davon wollen wir uns nie dispensieren. Vor der Beichte beten wir um die Erleuchtung des Hl. Geistes und nehmen unsere Zuflucht zur Quelle aller Gnaden und jeder Inspiration. Es darf aber nicht bloß ein Lippengebet sein, sondern so, dass unser Beten aus der Tiefe kommt und uns ganz absorbiert. Wir können den Seelen nur dann helfen, wenn wir Gott vorher um das angegangen sind, was ihnen nottut. Einige junge Ordensleute wurden sich, dass man bei der Verleihung der Beichtvollmacht streng vorgeht. Zum Beichthören bedarf es aber nicht bloß der Vorbedingungen, die die Theologie in Bezug auf das Wissen voraussetzt, es gehört noch mehr dazu. Man geht doch zum Beichtvater, als wenn es Gott selbst wäre. Ein Mensch geht in den Beichtstuhl, um die Stimme Gottes zu vernehmen, das Geheimnis Gottes zu ergründen. Könnt ihr da etwa die Arme verschränken und antworten, was euch einfällt? Wo wollt ihr denn suchen, was ihr ihm zu sagen habt? Wer soll es euch geben? Wo wollt ihr Gottes Geheimnisse über eine Seele erfahren? Die Gläubigen jedenfalls sind so eingestellt, sie haben Vertrauen in unseren Seelsorgedienst. Sie glauben sich im Gewissen verpflichtet, das auszuführen, was der Priester ihnen auferlegt. Wenn nun ihr allein antwortet, was ist das schon wert? Gott selbst muss eingreifen. Gott muss in uns wohnen. Er muss uns ganz durchdringen und durchtränken. Das ist kein bloßer guter Rat, den ich euch da gebe. Ich erkläre euch hier eine Situation, aus der ihr nicht ausbrechen könnt. Ihr dürft hier keinen Irrweg einschlagen.

Ja, zuerst heißt es beten, sich mit Gott vereinigen. Denn die Beichte ist das Heiligste, was es gibt: Mittler sein zwischen Gott und der Seele. Aber Gott will euch nicht anhören? Er muss euch anhören, er muss es unbedingt. Gott muss in uns in seiner ganzen Fülle wohnen. Versteht das wohl. Seid darum mit Gott verbunden und betet vor, während und nach der Beichte. Betet für die und die bestimmte Seele. Kümmert euch um sie, erfleht die Hilfe Gottes und das Licht des Hl. Geistes. Was könnt ihr schon ohne das? „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“  Man muss schon sehr kühn sein, um anders zu handeln. „Ich bin Theologe, ich kann leicht Lösungen anbieten, ich habe Erfahrung.“ Nein, die Lösungen sind nicht leicht zu geben. Du bist vielleicht ein großer Theologe, du verfügst über eine außerordentliche Geisteskraft, und doch fehlt dir eine wesentliche Sache: Dir fehlt die Gabe des Gebetes und der Gottinnigkeit. Gott wird dich früher oder später deine Winzigkeit fühlen lassen, die Unbrauchbarkeit deiner Persönlichkeit. Darum möchte ich während der ganzen Exerzitien euch immer nur das eine zurufen: „Gebet, Gebet!“

Es bedarf aber nicht nur, um das Bußsakrament gut zu verwalten, eines eifrigen Gebets. Es gehört auch eine Klugheit dazu. Man kann nicht aufs Geratewohl Entscheidungen treffen, ohne auf die Rücksicht zu nehmen, mit denen man da zu tun hat. Man muss auch, so weit möglich, die Personen kennen, die da zu uns kommen. Wir brauchen Takt, der bewirkt, dass wir weder jemand schroff anfahren noch allzu nachgiebig sind. Die Weisheit allein kann uns diese Gemütsverfassung vermitteln. Der hl. Alfons empfiehlt dem Beichtvater das Gebet Salomos: „Gib mir Herr, die Beisassin deines Thrones, die Weisheit, dass sie mit mir sei und mit mir arbeite.“ Nur mit großer Klugheit heißt es da eingreifen. Wir dürfen uns nicht in Dinge mischen, die nicht in den Beichtstuhl gehören. Unseren Beichtkindern sollen wir eine große Ehrfurcht einflößen vor den Vorschriften des göttlichen Gesetzes. Sollen sie aber auch dazu führen, Ehrfurcht und Gehorsam zu üben in den verschiedenen sozialen Verhältnissen, in denen sie leben. Da heißt es peinlich genau sein. Gebt also niemals einem Untergebenen Recht gegenüber seinem Vorgesetzten, weil es unvernünftig ist und vom Bösen kommt. Hat der Obere unrecht, könnt ihr sicher nicht sagen, er hat recht. Doch Hochachtung könnt ihr dennoch einflößen. Sucht ihn zu entschuldigen. Betet und lasst beten, dass Gott ihm alles Nötige schenke. Rettet sein Ansehen, so wird aus dem Bösen Gutes wachsen.

Das sollte unsere Losung sein. Selbst die Fehler sollen wir nutzen, um in den Seelen den Frieden, die Gottes- und Nächstenliebe zu begründen. Verwirklichen wir nicht auf diese Weise eins der letzten Worte, wir seien gesandt, um die Gnaden der Erlösung bis zu ihren letzten Grenzen auszunutzen?

Klugheit brauchen wir besonders bei delikaten Fragen, die man manchmal stellen muss. Immer müssen wir da fürchten, Anstoß zu erregen, die Kinder auf schlechte Gedanken zu bringen. Die Dinge des sechsten Gebots sind schwierig zu behandeln. Man kann kleine Jungen fragen, ob sie schlechte Worte angehört haben. Spricht man zu ihnen von schlechten Gedanken, so verstehen sie im Allgemeinen nicht, was man meint. Mit solchen Fragen fangen wir also nicht an. Fragt dann, ob solche losen Redensarten bei ihnen schlechte Gedanken hervorgerufen haben. Sagt man „Ja“, dann geht weiter und fragt, ob schlechte Handlungen gefolgt sind, ob allein oder mit anderen. Mit einem Wort, helft und erleichtert die vollständige Anklage der Sünden, jedoch nur immer mit aller nur möglichen Klugheit. Ist starker Beichtkonflux, besonders vor hohen Festen, heißt es sich beeilen. Das dispensiert aber nicht von der Klugheit. Im Übrigen bleiben hastige Beichten ohne Nutzen. Da habe ich eine lange Erfahrung. In meiner ersten Zeit in der Heimsuchung konnte ich den Mädchen dort viel Zeit widmen. Ich gab mich mit ganzer Seele hin. Während der ganzen Zeit, wo ich in der Heimsuchung tätig war, gab ich mir mit den dortigen Schülerinnen viel Mühe. Nicht eine einzige blieb keine gute Christin. Zwei haben sich einige Zeit vom rechten Weg entfernt. Die eine davon ist jetzt eine gute Ordensfrau. Die andere hat ihre Fehler bereut. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Ich bat auch die Gute Mutter um ihr Gebet. Bis ins Einzelne kümmerte ich mich um diese guten Seelen und gab ihnen gute Ratschläge: Und ihr seht das Resultat. Darum wünsche ich mir, dass es bei uns viele Beichtväter gibt, und zwar gute Beichtväter. Dann bringen wir viele Früchte hervor und haben Erfolg. Die Seelen fühlen sich umsorgt, gestützt und überzeugt. Nichts rein Menschliches sollt ihr da hineinmischen, sonst schafft ihr nichts. Geht mit großer Diskretion und Hingabe ans Werk.

Ich komme auf die zu stellenden Fragen zurück. Bei den kleinen Jungen und den jungen Burschen bietet das keine Schwierigkeiten. Für gewöhnlich darf man sie als aufrichtig ansehen. Wenn sie im ersten Augenblick von einer Frage überrascht und verwirrt sind, fassen sie sich schnell und sagen dann auch die Wahrheit. Beginnt also bei den Jungen bei den schlechten Unterhaltungen. Bei den Mädchen ist es anders. Bei ihnen ist es besser, mit den schlechten Gedanken anzufangen. Dabei müssen wir ihnen helfen. Wenn sie sich verstellen, dann wird Gott und der Hl. Geist eingeben, was in diesem Augenblick zu sagen ist. Zeigt sich ein Kind furchtsam und hat Mühe, sich auszudrücken, so beweist das oft eine schwache Gesundheit, eine schwächliche Konstitution und mangelnde Willenskraft. Dann darf man es nicht brüskieren, sondern wird gütig versuchen, die Anklage zu vervollständigen. Ist die Anklage genügend, so wird man nicht weiter bei delikaten Punkten bohren, sondern auf anderes übergehen. Weiterstochern würde der Scham der jungen Seele Gewalt antun. Beschränkt euch auf das Notwendige und überlasst der Seele die Sorge und Verschämtheit der begangenen Fehler. Ich muss an einen Beichtvater im Seminar von Troyes denken. Ein heiligmäßiger Mann. Er war der dortige Ökonom. Ging man zu ihm, so merkte man sofort sein Zartgefühl und seine Hochachtung vor seinen Beichtkindern. Dieses Gefühl erweckte im Herzen der Beichtkinder außer einer tiefen Abscheu vor der Sünde gleichzeitig ein grenzenloses Vertrauen, ihm das Herz zu eröffnen. Fürchtet euch darum eher, zu weit zu gehen, und seid äußerst zartfühlend zu den Seelen, die da zu euch kommen. Und wenn die Anklage abgeschlossen ist und euch genügend erscheint, wenn sie in formell klaren Worten ausgedrückt wurde, begnügt euch damit.

Ich erinnere mich noch gut eines Priesters, ich kann davon sprechen, weil ihr ihn nicht kennt, er gehört der Kongregation an, die um 1825 in Frankreich Volksmissionen abhielt. Ein guter Priester, seeleneifrig, ein tüchtiger Prediger. Doch einer der Gründe, warum seine Predigten und sein Seeleneifer so wenige Früchte zeitigten, war, dass er im Beichtstuhl unerträglich war. Er trieb das Ausfragen bis zur äußersten Grenze. Sicher glaubte er, richtig zu handeln, aber die Folge war, dass sehr wenige seiner Beichtbekehrungen Bestand hatten. Lasst also große Umsicht walten und eine große Zurückhaltung gerade für die Fehler, die das sechste und das neunte Gebot betreffen. Die Theologie schärft das ausdrücklich. Nehmen wir eine Person an, die einen wenig erbaulichen Lebenswandel führt und bei euch beichtet. Es ist dem Beichtvater verboten, dieser Person zu erlauben, in alle Details ihrer begangenen Sünden einzutreten. Wozu auch? Das Beichtkind möge die Umstände sagen, die seine Sünden zu erschweren scheinen: das ist gut und kann geschehen, besonders wenn die Umstände beträchtlich und enorm zu sein scheinen. Sonst aber schließt notfalls gütig euerem Beichtkind den Mund und geht zu was anderem über. Seid ihr in gewissen Punkten im Unklaren, so könnte ich euch über Verschiedenes eine Aufklärung geben, die ich von sehr kompetenter Stelle erhalten habe. Ich habe oft Kardinal Gousset besucht, jedes Mal, wenn ich in Rom war. Er war äußerst gut und ich trug ihm häufig sehr schwierige Gewissensfälle vor, die er mir dann auflöste. Ich kann hier nicht in Einzelheiten eingehen, das versteht ihr ja, aber ich bin bereit, euch alle nötigen Ratschläge zu geben, welcher Weg da einzuschlagen ist.

Für die Fragen der Nächstenliebe bedarf es ebenfalls großer Klugheit. Hört aufmerksam an, was man euch vorträgt, erhebt euer Herz zu Gott und denkt an die großen Prinzipien der Autorität, der Pflichterfüllung, und lasst euch davon durchdringen. Gebt eine Antwort, die jederzeit „die Bienen in den Bienenkorb zurückbringt“ (beruhigt) und ermutigt immer zum Gehorsam. Sollte der Obere aber vom göttlichen Gesetz oder durch einen höheren Oberen verbotene Dinge wollen, wäre die Sache delikater. Dann müsste man beten und dann das Mittel ergreifen, das Gott als der Liebe und Güte am entsprechendsten eingeben würde, damit das Gebot Gottes recht bekäme, ohne deshalb die irregegangenen Autorität zu rügen. Beachtet also stets die Rangfolge und verbindet mit der Liebe immer eine große Klugheit.

Ich möchte hier nicht länger von der Klugheit sprechen, die man im Bußgericht walten lassen muss, bei euren Fragen, euren Ratschlägen, damit der Beichtstuhl für den Beichtvater und die Beichtkinder keine Falle wird. Der Beichtvater sollte sich mit Gott wie mit einem Mantel umgeben.

Sobald der Beichtvater zu einem Kind, zu einem Mädchen, einer Frau, etwas von dem spürt, was ich Leidenschaft nennen möchte, ich bezeichne das Gefühl als etwas, was man erleidet, das heißt „passio“. Nicht wir wollen es, es kommt über uns ohne unser Zutun und Wissen, nistet sich im Grund unserer Seele ein, ist wie eine Ohrfeige (Blasebalg) Satans, dem man aus Unachtsamkeit etwas zu nahe gekommen ist und berührt hat… - sobald man das spürt, heißt es mit dem Satan brechen, großmütig brechen. Tut das nicht mit übermäßigen und allzu großen Anstrengungen und Phantasie, sondern erhebt einfach eure Seele zu Gott und haltet euch ganz an ihn.

Der Teufel nahm die Gestalt der Schlange an, um Eva zu versuchen. Andere Male nahm er die Gestalt von anderen lebenden und belebten Wesen an…. Wenn ein Beichtvater sich nicht mit Gott vereinigt hält und gegen die Stimmungen der Natur nicht auf der Hut ist, spüren das die Frauen. Sie kommen dann in größerer Zahl, nicht gerade in schlechter Absicht… Einige machen sich aber nichts daraus, den Priester ein wenig zu versuchen, ihn für sich einzunehmen… Sobald sie vermuten, der Beichtvater hat bereits eine gewisse Anhänglichkeit an den oder die, sagen sie Böses über ihn. Das sind Intrigen der anderen Welt… Immer, wenn ihr euch in der Nähe eines solchen Menschen befindet, folgt nicht allzu sehr dem, was die alten Theologen empfahlen: „Hart tadeln!“ Dafür hütet euch, denn genau das wollen die Frauen! Hört an, was man euch erzählen mag und antwortet mit einem kurzen Wort der Frömmigkeit: Haben Sie Ihre Vorbereitung auf die hl. Kommunion gut gemacht? Halten Sie treu Ihre Betrachtung? Und lasst euch nicht im Geringsten die Falle anmerken, die man euch stellen will. Was wird passieren? Die betreffende Person hat sich umsonst angestrengt und wird erbaut von dannen trollen…

Lest die Briefe der Frau von Sevigné. Derlei Kniffe sind schon seit langem Mode…Frau von Sevigné, die Enkelin der Mutter Chantal, amüsierte sich köstlich, um sich herum eine Gruppe von Freundinnen und Bekannten zu haben, die junge Priester einfangen und ihnen Zuneigung einflößen wollten… Dabei waren das keine bösartigen Frauenzimmer. Sie selbst war eine höchst ehrenwerte Person. Sie zählte diese gefährlichen Beichtstuhlspielereien zu den unschuldigen Gesellschaftsspielen…

Noch ein Wort über die Eigenliebe: Macht euch nichts aus schnell beleidigten Beichtkindern, empfindlichen nervösen Frauen, die leicht hochgehen…Lasst sie reden, geht mit großer Klugheit und Geduld vor. Scheut euch auch nicht, ihnen mitunter etwas Recht zu geben, vor ihnen zu bedauern, was sie so aufgebracht hat. Gott hat das zugelassen…Und dann kommt wieder auf einen frommen Gedanken.

Es ist selbstverständlich, wenn ihr eine Kommunität beichtzuhören habt, müsst ihr den Geist dieser Gemeinschaft (dieses Ordens) sehr gut kennen. So wenn ihr Schwestern der Liebe beichthört, müsst ihr vom Geist des hl. Vinzenz von Paul durchdrungen sein, müsst das Leben des Frl. Legras und das des hl. Vinzenz kennen, müsst über die Tugenden, Arbeiten und die Inbrunst dieses großen Heiligen und sein ungeheures Vertrauen auf Gott betrachten. Auf diese Weise wirkt man enorm viel Gutes. Führt also nicht Barmherzige Schwestern so wie Heimsuchungsschwestern. Versucht nicht, die Ordensfrau ihrer Hausoberin so Untertan zu machen wie eine Heimsuchungsschwester ihrer Oberin. Denn dort ist die Hausoberin nur die erste Schwester und nichts anderes. Man muss sie lieben, respektieren, ihr sicher auch gehorchen. Aber man wird ihr nie Rechenschaft ablegen.

Es gibt viele Frauenorden. Man muss ihren Geist kennen und ein bisschen die Geschichte ihrer Gründung im Kopf haben. Gewöhnlich gibt es da nicht viel Bemerkenswertes: ein frommer Priester sammelt einige gute Töchter um sich, die den Kern bilden. Gott segnet diese bescheidenen Anfänge, denn all das dient seiner Ehre.

Sehr oft werden wir in die Heimsuchungsklöster gerufen. Da heißt es gut verstehen, was die Heimsuchung ist und in welchem Geist man die Schwestern leiten muss. Nach den dortigen Satzungen ist die Oberin der Kanal der Gnaden, die Gott den Schwestern schickt. Jede Schwester, die vollkommen und aus ganzem Herzen gehorcht, ist eine echte Heimsuchungsschwester, andernfalls nicht.

Die Bedingungen hat Franz v. Sales aufgestellt. In diesem Geist hat die Kirche die Heimsuchung als Orden approbiert. Da können wir nicht ausbrechen, sonst würden wir nichts Gutes schaffen. Bedeutet der priesterliche Dienst also bei der Heimsuchung nichts? Der Einwand ist lächerlich. Hast du denn am Tag deiner Priesterweihe eine universelle Jurisdiktion erhalten? Bist du der Papst? Mit einer Art Unfehlbarkeit umgeben? Beachten wir wohl, dass Priester und Christenvolk in der hl. Kirche zur selben Kategorie gehören, zwar nicht zu lehrenden, wohl aber zur belehrten Kirche. Der Priester ist Werkzeug in der Hand der Kirche. Ihr also seid Werkzeug und bearbeitet diesen oder jenen Stoff je nach eurer Fähigkeit. Für anderen Stoff seid ihr nicht befähigt. Man nimmt keinen Meißel, um einen Stein von Chatillon zu behauen. Du bist als Priester ein Werkzeug in der Hand der Kirche. Die Kirche hat dich gestählt für diese oder jene Aufgabe. Sie schickt dich nun in die Heimsuchung. Da habt ihr keine Leitungsfunktion zu vollbringen, sondern lediglich die Leitung der Oberin zu unterstützen, und nur in dieser Tätigkeit erfüllt ihr eure Mission. Ihr habt nicht mehr Rechte auf die Leitung des Hauses als ein einfacher Gläubiger, nicht mehr als der Pförtner. Ihr hört die Schwestern Beichte und gebt immer der Autorität recht. Hat diese selbst eine kleine Führung nötig, dann möge man sie ihr geben. Ist sie denn nichts, jene, die unser hl. Stifter den Engel des Klosters nennt? Die Engel haben Seelen zu beschützen, zu stützen, zu ermutigen. Sie opfern Gott unsere Gebete, Opfer und verdienstlichen Akte auf. Sie üben so ungeheure Tätigkeit aus. Auch die Tätigkeit des Beichtvaters in der Heimsuchung ist gewaltig und bringt ein viel größeres Gut hervor als irgendwo anders. Seine Aktion fügt sich in die gemeinsame Bewegung ein, ist ein unerlässlicher Teil des ganzen Aufbaus. Ohne ihn kann es einer Heimsuchungsschwester nicht gut gehen. Als zur Zeit des Jansenismus die Beichtväter der Heimsuchung von Troyes gemeinsame Sache mit den Irrlehrern machten, haben sie ohne Zweifel Macht ausgeübt und die Heimsuchung in ihren Irrtum mit hineingezogen. Bleibt ein guter Beichtvater im Rahmen eurer Befugnisse, vollbringt er ungeheuer viel Gutes, ebenso wie ein schlechter Schlechtes wirkt. So möge der Beichtvater also wohl begreifen, dass er für die Führung der Seelen mit der Oberin zusammenarbeiten muss. Aber sie ist es, der die eigentliche religiöse Leitung obliegt. Der Beichtvater muss die Bewerberinnen gut in diesen Sachverhalt einweisen, sie anhalten, zur Oberin mit der größten Hochachtung, mit einem ganz umfassenden und herzlichen Gehorsam zu gehen, so wie Töchter aus ganzem Herzen ihrer Mutter vertrauen. Dann werden alle glücklich sein, wahrhaft glücklich, weil jedermann an seinem Platz bleibt. Und der Beichtvater wird zehn-, ja hundertmal mehr Wirkung und Autorität haben, als würde er ständig wiederholen: „Der Herr bin ich!“

Wie viel Klugheit und Weisheit verlangt doch die Führung der Seelen! Und seien wir überzeugt: Wir werden nur dann etwas bedeuten, wenn wir nicht mehr aus uns machen, als die Satzungen und der Gehorsam einräumen. Das ist das Leben und die Garantie eines jeden Werkes, das Dauer haben soll… Wir wollen Gott innig bitten, uns mit diesem Geist zu erfüllen. Ich kann wegen der vorgerückten Stunde nicht mehr Überlegungen vortragen, die auch ihre Nützlichkeit gehabt hätten. Wenn eine Versuchung sich unserer Phantasie bemächtigt, heißt es sogleich widerstehen: „Widerstehet den Anfängen!“ Es gilt da, wachsam zu sein, ganz einfältig wie ein kleines Kind. Auch wenn wir selber beichten, müssen wir alles sagen mit der Offenheit und Einfalt eines Kindes, das einfach sagt, was geschieht, müssen die Gefahren offenbaren, denen wir ausgesetzt sind, die Fehler, die man begangen hat. Ist der Beichtvater selber gefeit, kann er auch die Seelen, die zu ihm kommen, dagegen feien. Beichten wir also mit aller Einfachheit und Offenherzigkeit. Ich hörte einmal einen Prediger von Priesterexerzitien seinen Vortrag über die Beichte mit den Worten schließen: „Meine lieben Beichtväter, wollt ihr, dass eure Beichtkinder gut beichten? Dann bringt sie dazu, das zu tun, was ihr selbst tut…“ Jeder Priester muss in der Tat selber gut beichten. Und ich sage euch: Beichtet als Priester, als Oblaten, indem ihr alles mit Einfachheit und Offenherzigkeit sagt und eure Seele in vollem Vertrauen dem Beichtvater übergebt.