5. Vortrag: Die Keuschheit.
Bereiten wir uns auf die hl. Beichte vor, indem wir unser Gewissen erforschen, wie wir es gestern besprochen haben. Ich lege ein fundamentales Gewicht auf diesen Punkt. Ihr müsst alles, was ich euch sage, anhören und sammeln. Es soll die Grundlage eures Lebens werden und, was ich euch sage, muss Inhalt eures Handelns werden und das sollt ihr auch die euch Anvertrauten tun lehren. Das ist unser Charakteristikum, unser Eigenstes. Was außerhalb von diesem liegt, davon sollt ihr, wie unser hl. Stifter sagt, nichts an euch nehmen. Denn alles, was für andere gut und nützlich sein kann, würde euch nichts nützen, im Gegenteil. Lassen wir es also den anderen. Wenn es ihr Vatergut ist, mögen sie es behalten, ihr hingegen pflegt das eure. Eignet euch nicht das Gut des Nachbarn an, weder seine Frömmigkeitsübungen noch seine Methoden. Verlangt es die Liebe, dann bedingt euch gleichwohl zum Frommen der anderen auch dieser Dinge. Predigt ihr z.B. Exerzitien oder sprecht zu einer Vereinigung, einer Kommunität, so gleicht euch ganz und gar eurer Zuhörerschaft an, predigt die Verehrung des heiligsten Herzens Jesu oder der sel. Jungfrau auf die gewünschte Art und Weise. Das gehört zu unserem Geist, dass wir uns denen anpassen, mit denen wir zu tun haben. Wir sollen den Atem des Geistes Gottes wahrnehmen, der über sie und in sie weht. Ihn wollen unterstützen, wenn wir den anderen zu Hilfe kommen. Wir bleiben zwar das, was wir selbst sind und verhalten uns neutral zu allen anderen Fragen. Wir haben unser eigenes Vatergut, unseren Schatz, den wir bewahren wollen, er geht uns über alles.
P. Deshairs kommt endlich aus Rom zurück, nicht wahr? Er berichtet uns außerordentliche Bezeugungen der Hochachtung, die man uns dort entgegenbringt. Solche Zeugnisse hat er überall sammeln können, in sämtlichen Kongregationen, von Seiten aller, die mit ihm in Beziehung traten. Von der Kongregation, von der wir abhängen, von der „Propaganda fidei“, sagten ihm die Sekretäre: Gehen Sie den Kardinal Simeoni aufsuchen und sprechen Sie ihm von der Mutter Maria Salesia. Er ist voller Ehrfurcht für sie und sagt, ihre Lehre sei die echte Lehre der Kirche. Und die anderen hegen dieselbe Meinung. Ich selbst begegnete Bischof de Segur bei einem Kardinal. „P. Brisson“, redete er mich an, „Sie kommen mit der Guten Mutter Maria Salesia. Sie wird Ihr Schutzwall sein, Sie werden überall siegreich sein, alle Türen werden sich Ihnen öffnen.“ Das ist keine Einbildung, das ist Realität. Der Konsultor der Indexkongregation, der das Leben (Anm.: Die Biographie, die P. Brisson über die Gute Mutter verfasste) geprüft hat, sagte zu mir: „Ich finde nichts zu tadeln darin, nichts daraus zu streichen, weder in der Lehre, noch in der Beschreibung ihres Lebens. In einer anderen Ausgabe“, fügte er hinzu, „die Sie für ihre Kanonisation schreiben werden, müssen Sie ausführlicher über die Tugend des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe berichten, wie man das gewöhnlich macht. Denn ich bin ich kein bloßer ‚Billiger‘“, fuhr der Indexkardinal fort, „sondern ein ‚Verfolger‘“. „Eminenz“, sagte ich da, „in dem Brief, den Sie mir schrieben, „fand ich keinen Verfolger, sondern einen Anhänger der Guten Mutter Maria Salesia.“ – „Ja, gewiss“, erwiderte er, „dennoch ist da etwas. Denn unsereiner muss allem auf den Grund gehen, muss sich darin einnisten. Das ist unsere Pflicht, unsere Sendung.“
Heute Morgen möchte ich euch etwas über das Gelübde der Keuschheit sagen. Das Gelübde der Keuschheit ist die Vollendung dieser Tugend, die in die Praxis übersetzte Tugend. Hört nun, wie man sie bei den Oblaten üben muss.
Das Gelübde der Keuschheit ist eine ungeheure Garantie für uns. Es ist gut, dass wir uns nicht nur als Christen und Priester gebunden fühlen, sondern auch als Ordensleute, damit wir so, indem wir uns mit Abscheu vor dem entgegengesetzten Laster hüten, vollkommener diese hl. Tugend üben. Ihr wisst selber, mit Hilfe welchen Zartgefühls und welcher Wachsamkeit ihr in euren Herzen diese Tugend bislang habt bewahren können. Heutzutage muss eure Seele mehr denn je gefestigt sein, denn das Übel nimmt mehr und mehr zu. Die Freizügigkeit im Denken und im Handeln hat keine Grenzen mehr, das Besserwissen (damit sind Einwände, Bemerkungen, Rechthabereien gemeint), die die Seele über alles und jedes macht und die sie noch rechtfertigt, laufen Gefahr, auch die stärkste Tugend zunichte zu machen. Ein Abgrund gähnt unter unseren Füßen, in dem man einsinkt, nicht nur in der heutigen, völlig verderbten Welt, nicht nur in den christlichen Familien, die über diese Tugend sehr unklare und unsichere Begriffe hegen und die überhaupt keine Tugend ausnehmen. Nein, es ist auch beim Klerus schon soweit. Gewiss hat man theologisch gesehen noch denselben Glauben und dieselben Überzeugungen. Aber die Praxis ist ganz allmählich verschwunden. Von einem Punkt, den man sich genehmigt, geht man zu einem anderen über, und daher manchmal die erschreckenden Fakten, die denen, die sie begangen haben, als ganz natürlich erscheinen. Diese Fakten werden ganz allgemein als unmöglich zu vermeidende Zwischenfälle angesehen. Das öffentliche Gewissen, meine Freunde, ist bezüglich dieser Tugend aufs äußerste angeschlagen.
Wie sollen wir uns inmitten all dieser Dinge intakt halten? In welche Gefahren kann unsere Tugend kommen! Die Lektüre der Zeitungen, die Bücher, die uns die Universität (Anm.: es ist die Gesamtheit der staatlich geprüften Lehrer, also etwa: Kultusministerium) vorschreibt, was weiß ich. Und darüber hinaus der Umgang mit der Welt: Eine ungeheure Gefahr, da die heutigen Familien nicht mehr christlich sind und niemand vor der Flut sicher ist, die alles überschwemmt.
Im Angesicht dieser allgemeinen Dekadenz und Nachlässigkeit, an die man nicht glauben würde, hätte man sie vor Augen, stärkt eure Grundsätze! Was schlecht ist, ist schlecht, und kann nie und nimmer gut sein. Was das Gebot Gottes verbietet, das Sechste und Neunte Gebot, was die Theologie lehrt, was die hl. Kirchenlehrer verkünden, ist für uns absolut verbindlich, und wir selbst und die anderen müssen uns dem unterwerfen.
Wie sehr müssen wir uns feien gegen die Sünde! Es ist wichtig, dass jedermann, und nicht nur die Priester, diese Wahrheiten weiß, dass diese Sünde in all ihren Formen, äußerst ernst zu nehmen ist. Diese Sünde lässt keine Leichtigkeit der Materie zu nach der Lehre der Theologie. Die Hl. Schrift sagt, man müsse sie fliehen, wie man vor dem Anblick einer Schlange flieht. Eine Sünde also, die alle hl. Kirchenlehrer und Kirchenväter charakterisiert und verdammt haben und der sie die weiteste Verführungsmöglichkeit gegeben haben. D.h. schon beim geringsten Kontakt mit ihr dringt der Atem des Bösen ins Herz, und beim geringsten Zugeständnis zum Bösen kommt es zu den abscheulichsten Fällen. Ich rufe eure ganze Aufmerksamkeit auf diesen Punkt. Wie leicht gibt man sich da Illusionen hin, schützt unschuldige Absichten vor, sucht ihre Schwere herabzumindern, deutelt an den Tatsachen herum und entfernt sich in Wirklichkeit von der Wahrheit. Ich meine hier nicht eure allgemeinen und theologischen Überzeugungen.
Seid also misstrauisch gegen euch selbst, ja, misstraut euch ungeheuer. Jedes Mal, wenn ihr euch hier etwas vorzuwerfen habt, unterzieht euch dem Urteil unseres Herrn. Sucht in ihm allein die Stimme eures Gewissens, sucht sie nicht draußen, das würde in euer Gewissen etwas Verkehrtes, Schlechtes, und Abwegiges bringen. Wir richten uns nach den Dogmen der hl. katholischen, apostolischen und römischen Kirche. Wir schwören auf die Buchstaben des Evangeliums in diesem Punkt, die sich mit der hl. Kirche nicht deckt. Das gilt übrigens für alle Punkte. Wir schneiden nichts davon ab und legen keinen anderen Sinn hinein: das heißt das und nichts anderes.
Die Glaubenswahrheit angenommen, die Pflicht klar definiert, das Gesetz ohne Wenn und Aber ausgelegt – was haben wir da nun in der Ausübung der christlichen und klösterlichen Keuschheit zu tun? Jene, die Gefahren ausgesetzt sind, sollen am Morgen ihre Vorbereitung auf den Tag in diesem Sinn vornehmen, mögen ihre Vorkehrungen treffen und auf der Hut sein. Die gefährlichen Gelegenheiten sollen sie voraussehen und überlegen, wie sie diese vermeiden können, wenn das möglich ist. Sind sie unvermeidlich, wird das Gebet sie stärken, desgleichen die Abtötung sowie alle anderen Vorbeugungsmittel. Begebt ihr euch ohne Vorbereitung in die Gefahr, ist der Teufel zur Stelle, und das schon seit Langem, und der Fall ist unvermeidlich. Seht darum diese oder jene Umstände eurer Seelsorge voraus, diese oder jene Personen, die Anlass zu Versuchungen sind. Betet, trefft Vorsichtsmaßnahmen und sucht Stärke bei unserem Herrn. Setzt euch dem Einfluss der kommenden Versuchung nicht einfach aus, gleich einer im Wollen und Entschlüssen schwächlichen Person. Bleibt euch treu! Ist man aber nicht stark genug und sieht sich dem Feind gegenübergestellt, dann zieht man sich in die Burg zurück und birgt sich hinter Mauern. Baut eine Mauer zwischen euch und der Sünde durch die Betrachtung, und zwar bereits am Morgen. Seid keusch in euren Gedanken, in euren Unterhaltungen, in euren Urteilen. Erlaubt euch keine Lektüre, weil sie angeblich nur leichtfertig sei. Keine Unterhaltung, weil sie euch Ablenkung biete. Legt einen strengen Maßstab an. Früher gab man Priestern, Ordensleuten und christlichen Laien gerne den Rat, sich nicht aufzuregen wegen dieser Sünde und häufiger Versuchungen. Die guten Pfarrer lehrten das in den Religionsstunden. Verbietet heutzutage niemandem, in diesem Punkt etwas skrupulös zu sein. Ich glaube, das wäre gut so.
Seid für die Versuchung in dem angegebenen Sinn gewappnet. Kommt die Versuchung dann doch, so nehmt zum Gebet eure Zuflucht und legt eure Gedanken in die Hände Gottes. Ja, betet inmitten der Gefahr und Situation, und ihr werdet die nötige Gnade bekommen. Hütet euer Herz, dass es sich nicht einnehmen lässt von den Verführungskünsten des Bösen. Kämpft! Und vor allem, seid treu in der hl. Regel, besonders was die Beziehungen zur Welt betrifft. Ich wünsche, dass alle Briefe durch die Hände der Oberen des Hauses gehen und keiner eine Ausnahme mache. Ihr seid Priester, gut. Aber Ordensleute müssen ihre Korrespondenz dem Oberen zurückgeben, der allen nötigen Takt (Verschwiegenheit, Zurückhaltung, Diskretion) anwenden soll. Angenommen, es handelt sich um einen Brief der Seelenführung. Darf ihn der Obere lesen? Ja, ich gebe ihm die Erlaubnis und empfehle ihm, es zu tun. Wissen das die Beichtkinder, die sich an euch wenden, so schadet es nicht. Handelt es sich dagegen um eine Beichte, die man euch schriftlich sendet, darf man sie natürlich nicht lesen. Lasst uns vor allem die Gelegenheiten zur Sünde meiden, uns gegen die Versuchungen wappnen und gegen die Listen des Teufels auf der Hut sein. Seien wir misstrauisch! Wenn ein Ordensmann fällt, so ist es meistens nicht seine Schuld, sondern die Folge von bösen Einflüsterungen und unüberwindlichen Reizen. Er konnte wohl Unklugheiten begegnen, doch der Fall selbst war meist die Folge einer seinem Willen fremden Macht, die ihn überraschte.
Was soll ein Ordensmann tun, der von heftigen Versuchungen und sinnlichen Vorstellungen verfolgt wird? Er muss sich überwachen, die Versuchungen selbst als Prüfung Gottes betrachten, sie in Ruhe annehmen, ohne darüber zu erschrecken. Geht ihr an einem Wespennest vorbei und setzt euren Fuß hinein, werden sie sich auf euch stürzen. – Geht ihr hingegen ruhig daran vorbei, lassen sie euch in Ruhe. Tut das gleiche, bleibt ruhig im Geist und Herzen, denkt an etwas Gutes, gleichgültig was, wenn es nur euren Geist ablenkt. Wird die Versuchung stärker, wahrt auch dann die Ruhe. Meint ihr, ihr habt zugestimmt, das macht nichts. In diesem Augenblick könnt ihr das nicht beurteilen. Der Teufel macht euch glauben, ihr habt alles mögliche Böse begangen, um euch zu entmutigen. Und die Seele glaubt die Lüge und gibt den Kampf auf, in dem sie bisher siegreich war, und alles ist verloren, wo doch nichts verloren war. Seid also klug und bleibt ruhig! Wenn ihr beten könnt, dann betet! Könnt ihr nicht beten, dann sprecht wenigstens einige Worte der Liebe, des Vertrauens zu unserem Herrn, zur seligen Jungfrau, zum Schutzengel, insbesondere Worte, die die Kirche euch auf die Lippen legt. Vor allem aber kehrt nicht zur Versuchung zurück und macht es nicht wie die Frau des Loth, die umsah, ob auch alles verbrannt ist.
Ist die Versuchung vorbei, dann soll alles, was wir erlebt haben, uns zur Lehre dienen. Die Versuchung kam aus der und der Quelle. Können wir diese Quelle verstopfen, sollen wir es tun. Können wir sie nicht umgehen, sollten wir uns eng an alles klammern, was uns als Waffe in dem Kampf dienen kann.
Unsere hl. Regel geht weiter. Keusch bleiben ist nicht nur etwas Negatives. Das Gelübde der Keuschheit ist im Geist des hl. Stifters vor allem ein Gelübde der Vereinigung mit Gott. Der Ordensmann heiratet nicht, er ist mit Gott verheiratet, sagt uns Franz v. Sales. Er verzichtet auf die irdischen Zuneigungen, um sich der himmlischen Liebe zu weihen. Um also der Keuschheit zu erfüllen, genügt die negative Seite nicht, sondern der Ordensmann sucht, sich aufs Innigste mit Gott zu verbinden. Der gegenteilige Fehler wäre, sich mit jemand anderem zu verbinden, vom Gedanken an diesen anderen mehr oder weniger innerlich erfüllt zu sein. Dieses Gefühl wäre nicht ohne Schuld, da das Gelübde unser Herz ungeteilt Gott schenkt, und zwar das Zarteste unseres Herzens. Lest bei den strengsten geistlichen Schriftstellern nach, lest Bousset in all seinen Predigten, selbst in denen an die große Öffentlichkeit, besonders aber in denen an Ordensleute, wie er beständig vom „Bräutigam“ spricht. Das Gelübde der Keuschheit verbietet also einerseits, befiehlt aber auf der anderen Seite: Gerade Letzteres ist die schöne Seite des Gelübdes. Denn wenn die eine Seite schützt und sichert, wenn sie schwierig und mühselig ist, die andere ist dem liebenden Herzen süß und leicht. Passt diese zarte Liebe zum Herrn nur für Frauen und hat keinen Platz im Charakter des Mannes? Doch, der gute Ordensmann liebt unseren Herrn wie der vielgeliebte Johannes, wie Petrus und alle Apostel. Liebten sie ihn und seine Gesellschaft und Unterhaltungen denn wirklich? Nun, sie gaben für ihn Blut und Leben, und das unter vielen Schmerzen. Soweit trug sie also ihre Liebe. Wisset wohl, die Erfahrung beweist, dass der gute Ordensmann, der gute Priester, unseren Herrn nicht nur affektiv, sondern auch effektiv, über alles, jeden Augenblick und immer lieben soll und kann.
Wie und durch welche Übungen wird dieses starke Liebe zu unserem Herrn unterhalten? Nun, das große Mittel, unsere Liebe zu beweisen, ist das Direktorium. Betrachtet unseren Herrn im heiligsten Sakrament: Warum bleibt er darin zugegen? Weil er liebt. Fürchtet also nicht, ihm jeden Augenblick durch euer Direktorium diese eure Liebe zu beweisen, die auf die Seine antwortet. Gebt euch unserm Herrn hin, scheut keine Mühe und das Opfer nicht! Denn nur das Opfer kennzeichnet die echte Liebe. Schaut Herrn Harmel an, ich darf diesen Eigennamen wohl zitieren. Tag und Nacht führt dieser Mann ein Einsiedler- und Kartäuserleben. Er schläft auf dem harten Boden, er fastet. Warum all das? Um unseren Herrn diese Liebe zu beweisen, die sein Leben ist und die sich seiner total bemächtigt hat. Oder schaut Herrn Chapelle an: Er liebte den Herrn, hielt sich ganz in seiner Nähe auf. Das war sein Lebensinhalt. Manchmal sagt er zu seine Bahnhofsuntergebenen (offenbar war er Bahnhofvorsteher): „ Ihr versteht davon nichts, denn ihr ahnt nicht, welches Glück und welche Freude ihr verkosten würdet.“ - „Sie mögen recht haben“, antworteten diese.
Wir können und müssen, meine Freunde, die Pflichten unseres Keuschheitsgelübdes erfüllen, in dem wir unseren Herren lieben, und zwar mit einer gleichbleibenden, festen und großmütigen Liebe, die energisch zupackt. Unser Hl. Vater Pius IX. gab uns den Segen der „Erstlingsfrüchte“ der Kirche. Gehen wir zu dieser Quelle zurück und lieben wir unseren Herrn wie die Apostel. Aber wie das im Einzelnen? Vollzieht Akte der Liebe bei der Hl. Kommunion, bei der Hl. Messe, indem ihr vor allem das Direktorium übt und ihm oft im Laufe des Tages euer Herz übergebt. Liebt ihn nicht nur gefühlsmäßig, sondern durch die Tat, in dem ihr willig die Demütigungen, Verzichte und Übungen des Gehorsams, die euch schwer fallen, annehmt. Tut das aus Liebe und lehrt dies auch die Anderen. Wenn ihr anderen den Gehorsam predigt, die Armut, die Pflichterfüllung, dann bleiben eure Worte sehr wirkungslos und leer, wenn eure Predigt nicht mit einer besonderen Gnade verbunden ist, über die Gesinnung der Pflicht hinaus. Diese Gnade ist die Liebe zu Christus.
All diese Gedanken überlasse ich euch zur Betrachtung. Bittet Gott um Glauben an all das, sowie um die Übung und die Gesinnung seiner Liebe. Gehört es doch zu unseren Verpflichtungen, dass wir treu und standhaft um den Erwerb dieser Liebe ringen und um den Preis unserer Mühen.
Es ist ein sicheres Faktum, dass das Gesetz im Allgemeinen immer auf dem Opfer gründet. Opfer ist die wesentliche Vorbedingung für das Gesetz. Das trifft auf alle Gesetze zu, besonders auf das der Liebe. Ein Kind liebt seine Eltern nicht, wenn diese es nicht zum Opfer erzogen haben. Das Maß der Zuneigung, die ihr für jemand empfindet, entspricht dem Maß an Opfern, die ihr für ihn bringen musstet. Wollt ihr Gott lieben, bringt viele Opfer für ihn.
Setzen wir unsere Einkehr fort mit Eifer und Glut. Opfer wir Gott unsere Mühen und Arbeiten, und Gott wird uns seine Antwort geben im Übermaß seiner Liebe. Und wenn Gott euch diese Liebe schenkt, dann habt ihr die Bedingungen eures Keuschheitsgelübdes erfüllt.