7. Vortrag. Die Keuschheit.
Die Keuschheit verbietet uns die Ehe. Sie bewahrt den Leib vor jedem unerlaubten Akt und die Seele vor jedem bösen Gedanken, jeder schlechten Vorstellung.
Versuchungen gegen die Keuschheit. – Wir werden Versuchungen gegen diese Tugend haben, und die Versuchung ist das Hindernis und zugleich die Bedingung des Gelübdes.
Sie ist das Hindernis; denn lässt man sie ins Herz hinein, und – mehr noch – gibt man ihr nach, so verletzt man das Gelübde. Die Folge ist eine doppelte Sünde: eine richtet sich gegen das 6. Gebot, das die Keuschheit vorschreibt, die zweite richtet sich gegen das Gelübde. Für Priester, Diakone und Subdiakone, die ihren Leib Gott geweiht haben, ist es ein Sakrileg.
Die Keuschheit ist aber auch Bedingung. Denn wenn wir sie überwinden, sie bändigen, so erfüllen wir unser Gelübde in höherem Maß, erfüllen wir es also in seiner ganzen Ausdehnung.
Wie können wir die Versuchung überwinden? – Was tun, ihr zu widerstehen?
1. Beten! Das Gebet wird hier von allen Geisteslehrern empfohlen. Müssen die Gebete lang sein? Nein, es genügen kurze: „Mein Gott, erbarme Dich meiner!“ Oder: „Hilf uns, wir gehen zugrunde.“ So beteten die Apostel, als ihr Boot von den Wogen hin und her geworfen wurde und unser Herr schlief. Betet gern diese Gebete der Hl. Schrift, die unser Herr eingegeben hat und die Apostel aussprachen. Sie haben eine besondere Kraft. Oder: „Jesus, Maria, Josef!“ Werden diese drei Worte aus der Tiefe des Herzens gesprochen, so bezwingen sie die Versuchung, schwächen sie aber. Das lehrt die Erfahrung.
2. Die Gelegenheit fliehen. – Das versteht sich von selbst, ich brauche nicht darüber sprechen: Wir sollten uns in gar keine Gelegenheit begeben! Und in der Praxis der Seelsorge braucht kein Priester, in welcher Lage er sich auch befindet, Furcht zu haben: Gott wird nicht zulassen, dass er über seine Kräfte versucht wird.
3. Abgetötet sein. – Unmöglich, ja, ich sage unmöglich, keusch zu leben, wenn man den Sinnen schmeichelt und seine Bequemlichkeit liebt. Man muss beherrscht sein in seinem ganzen Wesen, in seinen Füßen, Händen, Augen und Ohren, an Leib und Seele, im Essen und Schlafen…Dazu verpflichtet uns das Gelübde der Keuschheit im Allgemeinen.
Die Keuschheit des Oblaten: positive Keuschheit. – Selbst der Schlag unseres Herzens sollte Gott geweiht sein! Für den Oblaten reicht das Keuschheitsgelübde viel weiter. Der hl. Stifter sagt, unser Herz dürfe nur für Gott schlagen. Machen wir die Hl. Schrift auf: wir werden sehen, dass Gott ein eifersüchtiger Gott ist. Er ist unserem Herzen so nahe. Für wen soll der erste Schlag dieses Herzens sein? Für ihn? Für die Geschöpfe? Sehen wir gut zu, wem der erste Schlag gilt.
Keine natürlichen Zuneigungen. – Lieben wir kein Geschöpf auf natürliche Weise! Diese Bitte trug die Gute Mutter Gott vor, als sie an ihrem Professtag unter dem Totentuch lag. Da bat sie, niemand auf natürliche Weise zu lieben noch von irgendjemand natürlich geliebt zu werden. Und Gott hat dieses Gebet erhört. Aber wie sehr wurde sie dafür auf übernatürliche Weise geliebt! Wir werden hierin Versuchungen haben; und diese Art Versuchung wird spitzfindiger und verfänglicher sein, denn sie tarnt sich mit dem Vorwand der Nächstenliebe und Frömmigkeit: darum Vorsicht! Ihr werdet sicher für den und jenen eine größere Zuneigung haben als zu diesem und jenem; doch hütet euch, jemandem zugetan zu sein, es sei denn aus Liebe zu Gott, denn Gott ist ein eifernder Gott: Gehört nicht ihm der erste Schlag eures Herzens, ich wiederhole es, euer Ein-und Ausatmen, - denn zwischen beiden hat nicht die geringste Handlung Platz, - dann wird er über diese Seele den Sturm seines Zornes kommen lassen, der alles austrocknet. Wieviel Gnaden und Gunsterweise werdet ihr dadurch verlieren! Eure Seele wird unfruchtbar werden! Seht nur, wieweit sich euer Keuschheitsgelübde auswirkt!
Die Siege der Keuschheit. – Die Unsittlichkeit nimmt heutzutage mehr und mehr überhand. Man verdirbt schon die Kinder. Ja, man geht so weit, dem Wort Unsittlichkeit selbst eine Hässlichkeit und Anrüchigkeit zu nehmen…Wie sollen wir darauf reagieren? Durch das Wort? Nein. Durch die Beichte? Es beichten nur noch sehr wenige. Wie also? Nur durch unsere persönliche Tugend und Keuschheit. Und seht: Josef rettet das Volk Israel um den Preis eines heldenhaften Sieges der Keuschheit. Judit desgleichen rettet ihr Volk durch die Keuschheit, und schließlich ist es die Unbefleckte Jungfrau, die das „Wort“ schenkt und die Welt rettet. Und wie können wir das Volk Israel retten? Durch unsere Keuschheit. Ein Priester, der nicht keusch ist oder nicht wenigstens wieder geworden ist, wird die Seelen, die er leitet, nie rein und keusch machen.