Exerzitienvorträge für die Oblatinnen 1875

      

3. Vortrag: Über die Gewissenserforschung

Mittwochvormittag, 29.09.1875

Meine Kinder, unter allen Mitteln, die der hl. Franz v. Sales gibt, um unsere Seelen neu zu beleben, zu heiligen, ist eines, das jeden Tag angewendet und vor allem zu Beginn von Exerzitien verwendet wird: es ist die Gewissenserforschung.

Wir müssen unsere Erfahrung täglich machen: am Morgen und am Abend. Aber um unsere Seele in Exerzitien mit neuer Tatkraft auszurüsten, genügen diese zwei Mal nicht. Um sich auf seine Exerzitienbeichte vorzubereiten, soll die Erforschung nicht wie alle anderen gemacht werden, man muss sie gewissenhafter machen. Wir müssen uns Rechenschaft über unsere Angelegenheiten geben wie ein Kaufmann, der die Bilanz seiner Gewinne und Verluste des ganzen Jahres macht, um eine Katastrophe zu vermeiden. Nach dem Beispiel des weisen und klugen Kaufmannes sucht, was ihr verloren habt, was ihr verdient habt. Macht (euch) wie er einen Überblick über alle eure Geschäfte. Man muss die Gewissensforschungen des Tages, die Betrachtung, die Messe, die Arbeit, die Erholung nehmen. Dann müssen wir uns durch eine besondere Erforschung über unsere Situation klar werden. Haben wir verloren? Haben wir eine hohe Summe Schulden vor dem lieben Gott angehäuft? Man muss jeden unserer Fehler gesondert erforschen und sehen, was wir gemacht haben, um uns zu verbessern. Man muss erforschen, was wir für den lieben Gott gemacht haben und ob wir mit einem gelehrigen Herzen auf seine Eingebungen gehört haben. Dann müssen wir das Bedauern erwecken, dass wir ihn beleidigt haben.

Ich sage nicht, meine Kinder, dass unsere Fehler sehr schwer sind, aber sie sind immer zu beträchtlich, denn wir haben, wie das Direktorium sagt, einen so guten, so liebenswerten Gott beleidigt, der uns täglich so viel Erbarmen entgegenbringt. Ihr werdet also eure Gewissenserforschung machen, wie ich euch dargelegt habe.

Soll man sie wie die Rechnung des Kaufmanns mit Additionen und Subtraktionen machen? Oh nein, es muss eure Erforschung eher herzlich und liebevoll sein. Gott war gut zu uns, wir haben ihn beleidigt! Wir müssen unsere Schuld des Schmerzes mit unserem Herrn am Ölberg zahlen. Wir müssen uns bei ihm aufhalten mit den drei Jüngern, die dort waren: mit Petrus, der den Glauben darstellt, mit Jakobus, der uns an die Beständigkeit erinnert, mit Johannes, der Vertrauen und Liebe symbolisiert.

Meine Kinder, die Gewissenserforschung, die ihr heute machen werdet, wird umso nützlicher sein, als ihr sie mit der hl. Jungfrau, der hl. Magdalena und dem hl. Johannes zu Füßen des Kreuzes machen werdet. Bittet sie, sie mögen euch zu Hilfe kommen. Ruft auch den hl. Michael an, den Patron der großmütigen und eifrigen Seelen, die den Dämon besiegen wollen, und so geholfen, werdet ihr darauf vorbereitet sein, die Vergebung zu empfangen, die uns die Kirche durch die hl. Absolution gewährt.

Es wird euch zuteilwerden, um zu erhalten dieses neue Arbeitsjahr gut zu beginnen, ein Jahr der Opfer, die begleitet sein werden von den Segnungen, die Gott schon über euch, meine Kinder ergießen wird, ehe er euch in den Aufenthalt der ewigen Ruhe einführt. Amen.