Erstkommunion-Exerzitien (aus den Jahren 1876-1889)

      

1. Wie man Exerzitien macht

Meine Kinder, ihr seid froh, ihr seid glücklich, eure Exerzitien zu beginnen. Exerzitien sind tatsächlich etwas sehr Gutes, vor allem in eurem Alter und wie wir sie machen werden. Oh ja, das ist etwas sehr Gutes!

Unter euch gibt es solche, die ihre Erstkommunion empfangen haben, einige bereiten sich vor, sie in drei Tagen zu empfangen, andere schließlich sehen sie noch in der Ferne, aber sie wollen sich gut darauf vorbereiten. Und ihr alle, die sie schon empfangen haben, die sie empfangen werden und die sie zu empfangen wünschen, wollt Gott eine recht angenehme Wohnung bereiten.

Seht, liebe Kinder, unser Herr liebt diejenigen sehr, die ihn recht lieben. Es gab mehrere Familien, die unsern Herrn recht liebten, als er auf Erden war. Vor allem eine in dem kleinen Flecken Bethanien liebte ihn mehr als alle anderen. Hier wohnte in einem ziemlich großen Haus Lazarus mit seinen zwei Schwestern Martha und Maria. Alle drei liebten unseren Herrn sehr. Er kam oft, um sich herzlich mit ihnen zu unterhalten. Wie gerne hätte ich gehört, was er ihnen Schönes und Gutes sagte, und mich über ihr Glück gefreut, wenn sie seine göttlichen Unterweisungen empfingen! Ja, das waren gewiss schöne Dinge, und wie glücklich waren sie alle!

Nun, meine Kinder, was während dieser Exerzitien in euren Herzen geschieht, wird eine Wiederholung dessen sein, was im Haus von Bethanien geschah. Dorthin müsst ihr geistigerweise gehen. Ihr werdet Maria zu Füßen unseres Herrn finden. Da saß sie, still, dem Wort des göttlichen Meisters lauschend, darüber nachdenkend und es auskostend. Martha machte sich viel Mühe, um den Meister zu bedienen. Sie ging hin und her und kümmerte sich um den Haushalt. Eines Tages verlor Martha die Geduld, dass ihr Maria gar nicht half, und beklagte sich bei unserem Herrn darüber: „Siehst du nicht“, sagte sie, „dass meine Schwester mich ganz allein lässt? Herr, sag ihr doch, sie soll mir helfen.“ Jesus antwortete ihr aber: „Martha, Martha, du beunruhigst dich durch die Sorge um viele Dinge. Dabei ist nur eines notwendig: Maria hat den besseren Teil erwählt, er wird ihr nicht genommen werden.“ Ja, dieser beste Teil, den Maria erwählt hat, wird später noch größer: Maria wird sich der Liebe des Meisters widmen, sie wird ihr Leben lang über seine heiligen Worte nachdenken, sogar im Himmel. Das wird immer ihr Teil sein, er wird ihr nie genommen werden.

Meine Kinder, während der paar Tage der Exerzitien werdet ihr es alle wie Maria machen, d.h. in eurem Herzen ein kleines Bethanien errichten. Ihr werdet alles beiseitelassen, was euch zerstreuen könnte, und ihr werdet zu unserem Herrn sagen: „Komm, Herr Jesus, komm, um mit mir zu sprechen. Komm, um mich vorzubereiten, damit ich begreife, was du mir am Tag meiner Erstkommunion sagen wirst.“ Und Gott wird kommen.

Liebe Kinder, merkt gut auf, was ich euch sagen werde. Während ihr hier alle beisammen seid, und ich ganz nahe bei Gott zu euch spreche, wird derselbe Jesus von Bethanien euch seine Stimme auf dem Grund des Herzens vernehmen lassen. Ihr werdet aufmerksam diese Stimme hören. In euch wird ein guter Gedanke entstehen. Dann wird Jesus kommen. Jesus wird sprechen. Ihr werdet zu ihm sagen: „Oh Jesus, geh nicht fort. Bleib immer bei mir! Sieh mein Herz, das dich lieben und dich empfangen will. Komm und bereite es vor.“

Ich erinnere mich an ein Mädchen von 10 oder 11 Jahren, das sich wie ihr auf die Exerzitien vorbereitete. Es machte sie sehr gut. Eines Tages fragte ich es, ob es mit seinen Exerzitien zufrieden sei. Es sagte mir: „Oh ja, aber das bin nicht ich, die sie gut macht, das ist Gott.“ – „Wie machst du es?“ – „Ich mache überhaupt keinen Lärm, weil Sie uns gesagt haben, dass Gott den Lärm nicht liebt. Ich spiele jedoch in der Freizeit, ja schreie sogar ein wenig. Aber nachher schließe ich die Türen recht leise, ich sammle mich, so viel ich kann, und es scheint mir, dass Gott zu mir sagt: Sei recht still, recht gehorsam, liebe mich recht.“ Dieses kleine Mädchen wurde groß und ist jetzt Familienmutter. Sie hat viele kleine Kinder um sich. Sie sind kleine Engel, wie sie einer war. In ihnen erkenne ich ihre Mutter wieder. Sie hat ihnen ihre Liebe gegeben. Kürzlich sah ich sie, erinnerte sie an die Tage ihrer Kindheit, und fragte sie, ob sie noch 11 Jahre alt sein möchte. [Sie gab zur Antwort:] „Oh ja, das möchte ich gern [,] um Gott zu lieben, wie ich ihn mit 11 Jahren geliebt habe.“

Ihr werdet es machen wie sie, liebe Kinder. Während der Exerzitien werdet ihr artiger sein als zu anderen Zeiten des Jahres. Während der Freizeiten werdet ihr spielen, vielleicht noch mehr springen als an anderen Tagen. Sonst aber werdet ihr still sein. Dann, meine Kinder, müsst ihr ein kleines Heft für die Exerzitien haben, in das ihr schreibt, was euch bewegt, damit ihr es jederzeit in diesem kleinen Heft nachlesen könnt. Später werdet ihr gern nachsehen. Wenn ihr in eurem Schrank die Lade mit euren persönlichen Notizen öffnet, werdet ihr das Büchlein finden, es gerührt in die Hand nehmen und sagen: „So war meine Seele damals. Mein Gott, wie gern möchte ich wieder meine Erstkommunion empfangen!“ Ihr werdet die guten Vorsätze wiederfinden, die ihr dabei gefasst habt, und es wird euch gleichsam ein Duft aus dem Garten eurer Kindheit entgegen strömen, aus dem Garten des hl. Franz von Sales und der hl. Johanna von Chantal.

Bringt also große Aufmerksamkeit für das mit, was Gott euch sagen wird, liebe Kinder. Hört aufmerksam auf die Stimme des göttlichen Meisters und bewahrt während der paar Tage der Exerzitien großes Stillschweigen. Wenn ich euch für die Exerzitien die Sammlung und das Stillschweigen empfehle, muss ich jedes Mal an einen Zug im Leben der hl. Theresia denken. In Spanien gab es ein Kloster der Karmelitinnen, die ein strenges Leben führten: sie gingen barfuß, waren mit einem groben, unbequemen Stoff bekleidet, schliefen auf einem harten Lager und hatten als Nahrung nur Fastenspeisen.

Die hl. Theresia, die diesem Orden angehörte, machte Exerzitien. Sie hatte oft gelesen, man dürfe während der Exerzitien keinen Lärm machen. Eines Tages ging sie durch einen langen Kreuzgang, wie man sie in den großen Klöstern Spaniens findet. Sie hatte die Augen gesenkt, beide Hände in den weiten Ärmeln. Plötzlich vernahm sie hinter sich kleine, hastige Schritte, die sich von ihrem gemessenen Gang unterschieden. Die hl. Theresia wandte sich nicht um. Als aber der Lärm der kleinen Schritte andauerte, wandte sie schließlich den Kopf ein wenig und gewahrte ein Kind von entzückender Gestalt und Haltung, das anscheinend 10 Jahre alt war.

Die hl. Theresia war erstaunt, ein Kind im Inneren des Klosters zu sehen, wohin niemand kommen konnte. Dieses Kind schien sie mit Wohlgefallen zu betrachten. Als es nichts sagte und immer neben ihr herging, brach die hl. Theresia das Schweigen und [fragte das Kind]: „Wer bist denn du? Wieso bist du hier? Wie heißt du?“ Das Kind sah sie durchdringend an und antwortete mit einer ganz himmlischen, aber gebietenden Stimme: „Und wie heißt du? – „Theresia von Jesus“, sagte die Heilige. „Nun, ich bin Jesus der Theresia.“, und das wunderschöne Kind verschwand.

Seht, meine Kinder, Jesus war über das Stillschweigen der hl. Theresia befriedigt und erschien ihr, um ihr seine Genugtuung zu zeigen. Seid von heute an alle eine kleine Theresia in der Liebe zu unserem Herrn. Wahrt das Stillschweigen, damit Jesus kommt und zu eurem Herzen spricht. Ihr werdet recht darauf achten, nicht wahr? Ihr werdet gute Vorsätze fassen, und sie aufschreiben. Ihr werdet alle Übungen gut machen, meine lieben Kinder, und diese drei Tage werden euch recht glücklich machen, weil ihr sie mit Jesus verbringen werdet.

Ich empfehle euch noch einmal tiefes Stillschweigen, große innere Sammlung und ernsthafte Aufmerksamkeit auf das, was man euch während der Exerzitien sagen wird. Bevor ich euch verlasse, meine lieben Kinder, will ich euch segnen, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, vor allem im Namen des kleinen Kindes, das gekommen ist, um die hl. Theresia zu segnen und mit solcher Liebe zu ihr zu sprechen. So sei es.