Kapitel vom 22.05.1896 für die Novizen: Die Vorbereitung auf das Apostolat
Im letzten Kapitel habe ich unseren Patres die Lektüre des kleinen „Direktoriums für Weltleute“ empfohlen, das die Heimsuchung von Riom veröffentlicht hat und das wir den Mitgliedern des Franz-v.-Sales-Bundes gegeben haben. Wir haben in der Tat in Paris diese Vereinigung gegründet, die so etwas wie unseren Dritten Orden darstellt. Unser Institut kann, glaube ich, keinen regelrechten Dritten Orden haben, weil es nur eine Kongregation ist, und kein eigentlicher Orden mit feierlichen Gelübden. Nur die alten Orden können folgende drei Kategorien aufweisen: 1. einen Orden für Männer, 2. einen für Frauen, und 3. einen dritten Orden für Weltleute.
Der Kardinal von Paris hat selbst diesen Namen „Franz-v.-Sales-Bund“ erfunden. Pater von Mayerhoffen hatte ihn aufgesucht, um ihn zu bitten, seinen Plan, eine Bruderschaft von Weltleuten, die unserer Kongregation angegliedert sei, zu approbieren. „Das ist gut“, sagte dieser, „das ist eine gute Idee. Man sollte das Franz-v.-Sales-Bund nennen. Dieser Name ist verfügbar und sie können ihn nehmen, weil der frühere Franz-von-Sales-Verein, den Bischof von Segur gegründet hatte, den Namen ‚Bund‘ aufgegeben hat und sich Franz-v.-Sales-Werk nennt.“ Es handelt sich da um ein allen wohlbekanntes Unternehmen, das der Ausbreitung des Glaubens im Innern dient. Pater von Mayerhoffen hat dann mit einigen Frauen begonnen in Erwartung einer späteren Gründung für Männer.
Jeden Monat hält er eine Versammlung von sehr frommen und zahlreichen Mitgliedern ab. Das gleicht in Etwa den Exerzitien unseres Noviziates, bei denen man freilich keine Kulp ablegt. Vielleicht wäre es aber ganz gut, dies zu tun. Der Pater, der die Zusammenkunft leitet, erklärt dann ein Kapitel des kleinen Direktoriums für Weltleute, das ihr in euren Händen haltet. Ich nehme wenigstens an, dass ihr es habt, oder nicht? …
Ich bestehe darauf, meine Kinder, weil der Ordensmann, der Oblate des hl. Franz v. Sales, sich nicht nur selbst heiligen, sondern auch andere zur Heiligkeit führen soll. So wie es kein besseres Mittel gibt als zu unterrichten, wenn man ein Gebildeter und Gelehrter werden will, so muss man auch darauf bedacht sein, andere zu heiligen, wenn man selber heilig werden will. Man muss sich um das Heil der Seelen kümmern, und das vom jetzigen Augenblick an. Der Gedanke, andere zu retten, wird euch anspornen, euch mit der Lehre des hl. Franz v. Sales intensiv zu befassen. Das wird euch viel Licht über zahlreiche Punkte seiner Lehre breiten, ihr werdet an unserem hl. Stifter Geschmack finden und Liebe gewinnen zu dem, was er gesagt hat. Ihr werdet ihn besser verstehen, sobald ihr versucht, es auf andere anzuwenden. Wenn ihr das getan habt, könnt ihr davon dann auch wieder besser für euch selbst profitieren. Denn unsere Selbstheiligung hängt ja nicht nur von unserem persönlichen Tun ab, sondern weitgehend von dem, was wir für die Mitmenschen tun.
Meine lieben Kinder, studiert also gut dieses kleine Büchlein. Durchdenkt es schon jetzt gründlich, damit ihr seht, was ihr ihm zum Nutzen der anderen entnehmen könnt. Ihr müsst euch immer vorstellen, ihr befändet euch bereits in Gesellschaft der Seelen, die Gott euch eines Tages anvertrauen wird. Ihr werdet auf eurem Weg Weltleuten begegnen, Männer und Frauen, auch Priestern. Unser „Direktorium für Priester“ ist fast völlig fertig. Die Drucklegung ist fast beendet. Das ist ein Direktorium, von uns verfasst, freilich ein wenig kürzer. Desgleichen waren einige kleine Veränderungen unumgänglich. Unsere assoziierten Priester müssen wie die angegliederten Weltleute durch den Gebrauch des Direktoriums zu jener Abhängigkeit des Geistes gelangen, die sie zur Übung der Tugenden führt, die Franz v. Sales empfohlen hat. An uns ist es aber, meine Kinder, sie zum Verständnis und zur Praxis des Direktoriums anzuleiten. Aus diesem Grund also ist es nötig, dass wir uns vorstellen, wir befänden uns jetzt schon in Gesellschaft dieser Seelen…
Eines Tages werden wir ja wirklich im hl. Amt der Seelsorge stehen, bald schon. Dann werden wir Menschen zu versammeln und zu leiten haben. Wir werden ihren Zusammenkünften vorstehen und kleine Gruppen zu bilden haben. Alle Mittel des Erfolgs werden sich dann in unserer Hand befinden, wenn es schon jetzt unser Herzensanliegen ist, die Gedanken und Affekte zu überdenken und uns anzueignen, die wir anderen weitergeben wollen. Wenn wir jetzt schon die Worte suchen und erbitten, die wir anderen sagen sollen und die diesen Seelen unsere Forderungen wie Wünsche Gottes begreiflich machen können.
Ein Schreiner, der sein praktisches Lehrbuch besitzt und eifrig durchblättert – denn solche ganz praktischen und ausgezeichneten Handbücher gibt es für alle Berufe, ob Schreiner, Schmied, Baumeister oder sonst irgendetwas… Ich sage also: ein Schreiner, der vom Morgen bis zum Abend in seinem Handbüchlein läse, wüsste deshalb noch lange nicht viel. Er muss sich auch darin betätigen, das Gelesene zu verwirklichen. Er muss den Hobel in die Hand nehmen, um ihn dementsprechend der gelesenen Lektion zu handhaben, muss das Lehrgut also so gut wie möglich anwenden. So nur wird er auf Dauer ein tüchtiger Schreiner. Bei uns ist es aber nicht anders. Auch wir müssen sorgfältig die Regeln des inneren Verhaltens studieren, und neben dem Lesen heißt es ständig versuchen, diese Regeln von unseren Betrachtungen und Überlegungen in unsere Handlungen und unsere Affekte zu überführen. Vergessen wir nicht, dass Oblaten zugleich Männer des Gebetes wie der Aktion sein sollen. Man darf das eine nicht vernachlässigen, um das andere zu fördern. Wenn wir wahrhaft gottvereinigte Menschen sind, wird unsere eigene Heiligkeit und persönliche Tugend auch zur Heiligung der anderen beitragen. Heißt es nicht am Anfang unseres Direktoriums, dass wir der hl. Kirche durch Gebet und Arbeit helfen, dass unsere Frömmigkeit, der Duft unserer Tugenden, Gott gefallen und sich über die Herzen der Gläubigen ausbreiten soll? Auf diesen Standpunkt müssen wir uns immer wieder versetzen. Denkt man von langer Hand an einen Lebensstand, den man einmal ergreifen will, beschäftigt man sich damit und bereitet sich darauf vor, so wird man ihn schließlich mit erhöhter Lust, größerer Leichtigkeit und reicherer Frucht ausfüllen.
Darum empfehle ich euch sehr das Studium dieses kleinen „Direktoriums für Weltleute“. Noch heute habe ich es durchgelesen und es sehr gut gefunden. Hier findet sich die ganze Substanz der Lehre des hl. Franz v. Sales für die Leitung der Seelen. Es hat seinen hohen Wert, meine Freunde, weil man dieses Büchlein in die Hände aller legen kann. Es genügt freilich nicht, dass es sich in aller Hände befindet. Auch ein Handwerkszeug kann in aller Hände sein. Man muss sich seiner auch zu bedienen wissen. Jedermann kann einen Hobel oder einen Meißel haben. Mit diesen Handwerkszeugen kann aber nicht jeder dasselbe leisten. Manche erreichen damit gar nichts, andere nur recht wenig, ein anderer vollbringt damit ganz schöne Sachen, wieder ein anderer schafft damit Herrliches. Und all das mit ein- und demselben Werkzeug. Um sein Werkzeug gut zu handhaben, hat sich ein guter Handwerker lange und sorgfältig geübt. Er hat seinen Beruf praktiziert. Tut desgleichen, meine Freunde.
Ich sehe mich noch als Student der Theologie. Gerade der Gedanke an mein künftiges Apostolat beherrschte da meine Arbeit. Da muss ich einen Traktat studieren: welchen Nutzen kann ich aus ihm für später ziehen? Wozu kann er mir dienen? Ich sagte mir: Das hier kann ich für den Katechismus brauchen, jenes für die Predigt. Hier steckt eine neuartige, frappierende Idee. Diese Beobachtung hilft mir weiter in der Seelenführung, jener philosophische Gedanke verdient notiert zu werden. Mit seiner Hilfe kann ich dies geschichtliche Ereignis oder jene Lehrmeinung besser verstehen, diesen oder jenen Irrtum entlarven. Ein so aufgefasster Unterricht wird höchst fesselnd und praktisch. Und wenn ihr dann den Dienst an den Seelen aufnehmt, seid ihr mit allem Nötigen ausgestattet.
Versteht mich wohl, meine Freunde: ich sage das immer im Hinblick auf dies kleine Büchlein des Direktoriums. Es hat zur Folge, dass ein Priester, ein Ordensmann gleich zu Beginn seiner Karriere, schon vom Eintritt in die Seelsorge an etwas Gutes hervorbringt. Solche Kleriker fallen keiner Täuschung anheim, sie schreiten voran, wie es sein muss. Sie haben ja eine gute Lehrzeit hinter sich. Wäre diese Lehrzeit verfehlt, wäre der Anfang ihrer priesterlichen Laufbahn also ein Fiasko gewesen, dann würden sie Gefahr laufen, für ihr ganzes folgendes Leben missliche und falsche Ideen, Gewohnheiten, Seins- und Handlungsweisen anzunehmen und zu bewahren.
Bereitet also jetzt schon euren kommenden Seelsorgedienst vor. Überlegt im Voraus und legt eure Pläne zurecht. Denkt euch aus, was ihr in den Zusammenkünften von Männern, Kindern und jungen Leuten sagen wollt. Und wenn ihr danach trachtet, euch die Lehren dieses kleinen Büchleins anzueignen, werdet ihr gut beginnen und ebenso gut fortfahren. Erfasst darum wohl, meine Freunde, den Sinn, den ihr euren Studien geben sollt. Macht euch die Lehre des hl. Franz v. Sales zu Eigen, die Worte, die er gesprochen, die Ratschläge, die er gegeben, die Mahnungen, solltet schon jetzt mit euren praktischen Apostolatswerken beginnen, jetzt schon die Aufgaben ins Auge fassen, die euer harren, sollt euch dafür bereiten, solltet für diese Zeit ansammeln. Ja, sammelt und lest links und rechts alles auf, was ihr an Gutem in eurer Lektüre, euren Studien, Gebeten und Betrachtungen vorfindet.
In den Priesterseminarien hat man heutzutage dieses Bedürfnis erkannt, die jungen Kleriker für ihr künftiges Apostolat zu formen. Man gibt den künftigen Priestern eine genaue Vorstellung von Werken des Seeleneifers und des Apostolates, über das, was in der Pfarre getan werden kann an den verschiedenen Kategorien von Seelen, aus denen sie besteht. Früher kümmerte man sich allzu wenig um all das: da klaffte eine Lücke. Man sprach fast nur während der drei letzten Monate vor der Priesterweihe darüber. Das war ungenügend und hatte den Anschein einer ganz gewöhnlichen Lehrstunde. Heute hingegen hat man einen soliden Unterricht eingebaut, den man eine berufliche Ausbildung des Priesters nennen könnte. Das wird zu einer Art zweiter Erziehung, die bleibt und später ihre Frucht tragen wird. Hat man mehrere Jahre in solcher Atmosphäre des Eifers und des Apostolates gelebt. Dann hat man eine große Fertigkeit gewonnen für den Augenblick, wo man den Seelen gegenübersteht. Blieb einem aber diese Sonderausbildung versagt, dann bleibt man in seiner Theologie, seinen Büchern und seiner Unerfahrenheit stecken. Erhält man sich in seiner eigenen Niedrigkeit, dann hat das gewiss seine Vorteile und Gott wird seine Erleuchtungen nicht versagen. Wie viel reicher ausgestattet ist aber der, der bei gleicher Demut wie der andere wohl durchdachte und richtige Ideen hat. Der also bereits einen Schatz von Lehrweisheit und Erfahrung angehäuft hat, die er aus seinem Wissen um andere gewonnen hat. Er hat es nicht nötig, anderswo zu suchen, er trägt alles schon in sich, wessen er bedarf.
Meine Kinder, arbeitet und sammelt also für euer späteres Oblatenleben! Ja, sammelt jeden Tag und ohne Unterbrechung. Wachst täglich wie an Leben so an Licht und gesundem Urteil, damit ihr einmal auf der Höhe der Aufgabe steht, die Gott übertragen wird. Dann seid ihr nicht simple Studenten, nicht einfache Seminaristen oder selbst einfache Novizen. Ihr macht ja dann das Noviziat nicht bloß für euch, sondern auch für das Wohl und Wehe der Seelen, die zu euch kommen und die Gott euch zuschickt. Müht euch jetzt schon darum und betet für diese Seelen. Dann werdet ihr erkennen, welch übernatürlicher Einfluss und welche Macht euch verliehen ist. Diese Seelen werden infolge eines göttlichen Instinktes das Gebet spüren, das ihr ihnen gewidmet habt. Und der liebe Gott gibt ihnen ein gelehriges und einsichtiges Herz.
Manchmal schaue ich zu meiner Entspannung die Liste meiner Mitschüler vom Priesterseminar durch. Alle Schüler meiner Klasse bis auf einen einzigen sind Priester geworden. Und nur bei zwei oder drei har es später nicht recht geklappt. Aus der Klasse unter der meinen dagegen gingen nur vier Priester hervor. Das Seminar war zu meiner Zeit gesteckt voll von Schülern. In meiner Erinnerung stehen heute noch alle Mitschüler von damals vor mir. Einige von ihnen schrieben ihre intimen Gedanken nieder und zeigten sie mir. Einer notierte sich folgendes: „Ich werde einmal Priester sein und muss jetzt schon für die Seelen beten, die Gott mir schicken wird…“ Andere schrieben sich andere rührende Gedanken ähnlicher Art auf. Schon damals also sorgten sie sich um die Seelen und wollten sich gründlich für die Zukunft vorbereiten. All diese Priester haben sehr, sehr viel Gutes gewirkt. Einer von ihnen lebt in einer kleinen Pfarre seit 35 Jahren. 20 – 30 Mal fragte ihn das Ordinariat, ob er nicht versetzt werden wolle. „Mon Seigneur“, war immer seine Antwort, „ich bitte Sie, lassen Sie mich da, wo ich bin. Ich bin nur ein armer kleiner Landpfarrer und habe alles, was ich brauche.“ Vor einigen Jahren wohnte ich seinem goldenen Priesterjubiläum bei. Man kann sich nichts Schöneres vorstellen als das. Die ganze Pfarre war glücklich. Männer, Frauen, Jungen und Mädchen. Den ganzen Tag über wurde gefeiert. Den Abschluss bildete ein sakramentaler Segen gegen 5 Uhr abends. Jetzt ergriff der Pfarrer das Wort. Die ganze Pfarre war um ihn geschart. „Meine Kinder“, redete er sie an, „nachdem wir den ganzen Tag mit Gebet und Danksagung an den lieben Gott zugebracht haben, wie es unsere Pflicht ist, wollen wir den Rest des Tages uns erholen und ein wenig vergnügen. Ich rate euch aber achtzugeben, dass ihr die Schranken der Nüchternheit nicht überschreitet.“ Alle lachten und gingen vergnügt ob dieser väterlichen und ganz praktischen Mahnung nach Hause.
Ich erinnere mich noch an das kleine Heft eines Schülers der vierten Klasse, wo zu lesen war: „Mein Gott, mach mich würdig, die Seelen, die du mir einmal gibst, zu dir zu führen. Ja möge deine Gnade mich dieser Ehre würdig machen!“ Er war einer der besten Schüler, der immer die ersten Preise bei der Jahresabschlussfeier heimtrug und den „Ehrenpreis“ dazu. Im Großen Seminar wurde er einer der besten Theologen.
Denkt auch ihr, meine Freunde, an die Seelen, die Gott euch einmal anvertrauen wird. Beladet euch jetzt schon, in Vereinigung mit dem Heiland, mit der Sorge um sie. Arbeitet und betet für sie. Tut das, und dann gebt mir Nachricht… im Himmel. Ja betet und studiert die Hilfsmittel, die man euch an die Hand gibt. Ihr werdet, um es noch einmal zu sagen, großen Profit aus dem kleinen Büchlein (des Direktoriums für Weltleute) ziehen, das ich euch empfohlen habe. Damit werdet ihr tüchtige Priester werden. Dann wird man einen jungen Oblaten erleben, der nicht nach einem großen Gelehrten aussieht und nichts Außergewöhnliches an sich hat. Eines Tages wird er sich auf einer Versammlung von Priestern, auf einer Wallfahrt, einem Fest befinden. Man bittet ihn, ein kurzes Wort in der Kirche an die Gläubigen zu richten… Er wird seine Sache gut machen. Dann werden die Theologen die gelehrten Priester sagen: „Schau, schau, er hat wirklich schön gesprochen. Genau das musste gesagt werden. So hatten wir die Dinge noch nie sagen hören.“
Pater Seguin, rede ich heute nicht zu lange? Nein? … P. Seguin, wir wollen fest für sie beten, dass der liebe Gott Ihnen die Gesundheit gebe und alle Ihre Wünsche erfülle.
Wir wollen zum hl. Benedikt I. Labre beten. Es wird erzählt, er sei in unvergleichlicher Glorie dem Papst Pius IX. erschienen. „Was hat Ihnen denn diese große Gnade verschafft?“ habe ihn der Papst gefragt. Der Heilige antwortete: „Wenn ich auf meinen Bettelgängen kleinen Kindern begegnete, ließ ich sie das Kreuzzeichen machen und die hl. Namen Jesu und Mariä mit großer Ehrfurcht aussprechen. Dafür hat Gott mich belohnt und mir diese Glorie geschenkt.“ Die Heiligkeit besteht also in Dingen, die von Menschen gar nicht bemerkt werden. Und diese Art Heiligkeit tut uns not. Unsere Heiligkeit liegt gerade in der Pflicht des gegenwärtigen Augenblicks. Mit unserem ganzen Herzen und unserer ganzen Seele müssen wir vollkommen alle Aufgaben des heiligen Dienstes tun, den Gott uns übertragen wird uns jetzt schon mit ganzem Herzen darauf vorbereiten. Wer gern betet und kommuniziert und seine Betrachtung gut hält, der möge das alles aus ganzem Herzen und in Blickrichtung auf die Arbeit an den Seelen tun, die Gott ihm einmal übergeben wird. Wer gern und mit Leichtigkeit arbeitet und studiert, oder diesem Sinn und mit dem Blick auf seine künftige Aufgabe und die Seelen tun, die er zu retten hat. Dann werden wir das ernten, was wir jetzt gesät, meine Freunde, und die Seelen, mit denen ihr einmal zu tun habt, werden, von der Gnade vorbereitet, glücklich sein, euch anzuhören und zu gehorchen.
Meine Freunde, die Gute Mutter liebt euch sehr. Sie wird euch alle Hilfsmittel an die Hand geben, um das gut zu besorgen, was ich euch da auseinandergesetzt habe. Sie war eine große Theologin. Ihre Gedanken waren herrlich. Gott gab ihr eine unvergleichliche Klarheit und Tiefe der Gedanken. Männer von großem Talent wussten sie zu schätzen: Kardinal Mermillod, Pater Tissot, der Generalobere der Missionare des hl. Franz v. Sales von Annecy, dessen Laufbahn leider Gottes ein allzu schnelles Ende nahm. Mehr als einmal hörte ich gelehrte Theologen sagen: „In der Guten Mutter findet man den ganzen hl. Thomas wieder. Ihr Wort täuscht nie, sie greift nie daneben, sondern trifft jederzeit ins Schwarze.“ Natürlich war dies eine große Gnade Gottes. Aber seht, meine Freunde, die Gute Mutter sagte mir, diese Gabe werde auch nach ihr existieren, sie habe sie für die Oblaten erhalten, damit sie in diesem Geist leben und arbeiten. Bereiten wir uns also gut vor, dann werden wir ihrer auch teilhaftig.
Was ich euch da sage, meine Freunde, ist eine Saat, die ich in eure Seele werfe. An euch ist es, sie zum Keimen und Wachsen zu bringen. Ihr braucht nicht nach rechts oder links Ausschau zu halten um zu sehen, was der oder jener tut. Beachtet wohl, in der Lehre hl. Franz v. Sales gründet nichts auf dem Beispiel anderer, nichts, gar nichts.
Denn das Beispiel ist an sich nichts. Eines anderen Beispiels darum auch nicht Motiv unserer Entschlüsse sein. Das Prinzip unseres Handelns muss allein der Wille Gottes sein. Seht euch allein im Willen Gottes, denn dieser ist wie ein Spiegel, vor den sich jeder stellt, um sich so zu sehen, wie der liebe Gott ihn wünscht, wie er im Gedanken und Wollen Gottes existiert.
Man betrachtet sich selbst allein in der Absicht, um sich darüber klar zu werden, ob das eigene Denken, Wollen und Handeln richtig ist und dem Wollen Gottes entspricht. Seinen Nachbarn jedoch betrachtet man nicht, um zu sehen, ob er alt oder jung, gut- oder schlechtaussehend ist. Mit derartigem geben wir uns nicht ab. Es geht uns nichts an. Entscheidend ist allein, ob wir in Gott und Jesus Christus sind. Um den Unterschied zu erkennen zwischen dem göttlichen Vorbild und Modell und der augenblicklichen irdischen Realität.
Versteht mich jeder gut? Handeln wir nicht nach dem, was dieser oder jener sagt oder tut. Damit fesselt man seine Freiheit auf eine demütigende Weise. Befreit euch von diesen einengenden Banden. Ihr habt nicht dem oder jenem Rechenschaft abzulegen, sondern Gott allein. So sollt ihr handeln, wie Gott es will. Unser Vorbild ist Christus, nicht Herr Soundso.
Von Zeit zu Zeit will ich euch sehen, meine Kinder, will mich überzeugen, ob ihr euch wirklich auf diesem Weg bewegt. Ja, folget diesem Weg, und ihr werdet gute Oblaten des hl. Franz v. Sales sein. Und jeden Morgen heißt es von Vorne beginnen. Das war der Grundsatz des hl. Franz v. Sales. Seid ihr treu in der Vergangenheit gewesen? Dann ist es gut. Aber auch heute müsst ihr wieder von Neuem einen Anfang machen und morgen ebenfalls, ohne Unterbrechung. Den Willen Gottes gilt es unablässig zu suchen und zu erfüllen.
D.s.b.
