Kapitel vom 04.01.1888: Richtung des Vorsatzes – Die gute Meinung
„Der Oblate, der im Guten zunehmen und auf dem Weg unseres Herrn vorankommen will, muss zu Beginn all seiner Handlungen, der inneren wie der äußeren, um die Gnade Gottes bitten.“
In unserer Genossenschaft verfolgt die gute Meinung das Ziel, unsere Seele Gott näher zu bringen, sie mit unserem Erlöser zu vereinigen. Für den Oblaten des hl. Franz v. Sales ist die gute Meinung ein wichtiges Heiligungsmittel, ich behaupte sogar, das einzige. In einigen Orden mag die Abtötung oder die Armut die Leuchte sein, die die Seelen auf den Weg führt, den der Herr ihnen vorgezeichnet hat. Bei wieder anderen [ist es] die Beschauung. Bei uns, ich wiederhole es, muss diese Fackel, die uns durch die Finsternis leuchtet, und auf den gottgewollten Weg lenkt, die gute Meinung sein, d.h. die innige Vereinigung unserer Seele mit Gott.
Wer sich in dieser Übung treu erweist, befindet sich – dessen versichere ich euch – in einem vorzüglichen Stand der heiligmachenden Gnade. Solch eine Seele besitzt Wohlgefallen des Heilandes, er schenkt ihr alle Gnaden und kann ihr nichts verweigern, denn sie ist ihm teuer über alles.
Durch die rechte, reine Absicht werden all unsere Handlungen in den Augen des Heilandes verdienstlich, und der hl. Franz v. Sales beabsichtigt mit dieser so fruchtbaren Übung nichts anderes als uns den Weg der Heiligkeit vorzuzeichnen. Benutzen wir darum dieses Mittel mit Ehrfurcht, Liebe und Frömmigkeit. Die Treue in dieser Übung macht unsere Seele fähig, den Gnaden Gottes zu entsprechen.
Wichtig dabei ist, von dieser Übung keine unserer Handlungen auszuschließen, mögen sie uns gefallen oder nicht. Meint übrigens der Völkerapostel nicht genau dasselbe mit seinem Rat: Ihr möget essen oder trinken oder was immer tun, tut alles zur Ehre Gottes. Dieselbe Wahrheit also, nur anders ausgedrückt!
In voller Übereinstimmung mit der Theologie dürfen wir folglich den Schluss ziehen, dass wir durch die Übung jede unserer Handlungen heiligen. Wenn aber jede Handlung, dann auch unser ganzes Leben, das sich ja aus vielen Einzelakten zusammensetzt und so zu einem ununterbrochenen Akt der Willfährigkeit gegenüber unserem Erlöser wird. Kann es eine umfassendere Heiligkeit geben?
Um unsere Genossenschaft auf ein solides Fundament zu stellen, hielt ich es für angezeigt, mehrere Kommissionen einzusetzen. Sie sollen sich mit den allgemeinen Interessen der Kongregation befassen, da weder der Generalobere noch sein Rat sich über alles und jede Einzelheit ein klares Bild machen können…
(Anm.: „Es folgt nun die Umschreibung der Aufgaben der einzelnen Kommissionen und deren [personeller] Zusammensetzung.“).
Jedes Ausschussmitglied möge seinen ganzen guten Willen aufbieten, als wahrer Oblate und in religiösem Geist die ihm gestellte Aufgabe zu bewältigen.
D.s.b.
