Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel aus dem Jahre 1882 (ohne Datumsangabe): Die Beichte.

Wie jedes Sakrament wirkt das Bußsakrament „ex opere operato“ (Anm.: „d.h. aus eigenes, von Christus ihm verliehener Machtvollkommenheit.“). Die Früchte jedoch, die die Seelen daraus mitnehmen, hängen auch von der Heiligkeit des Priesters ab. Je heiliger der Spender, umso mehr Gutes bringt er in den Seelen hervor, wie z.B. der Pfarrer von Ars und so viele andere. Bevor wir beichthören, müssen wir einen Akt der Reue und der Demut erwecken, und uns der Sünden, die wir hören, bedienen, um uns selber zu verdemütigen. Was wären wir nämlich, wenn die Gnade Gottes uns nicht hielte? Und als Ordensleute tun wir gut, uns an die Brust zu klopfen und zu gestehen, dass wir aus uns erbärmliche Wichte sind.

Das ist die Wahrheit, und warum? Weil, wären wir keine Ordensleute, wir vielleicht schlimmer wären als die anderen.

Während des Beichthörens sollen wir beten. Das ist ein ausgezeichnetes Mittel, um den Beichtenden Gutes zu erweisen. Vergessen wir es darum nie! Es ist schon so: Weil es keine guten Beichtväter gibt, gibt es auch nur wenig gute Christen. „Welch einen erbärmlichen Ballast von Christentum schleppen eure Christen in Frankreich mit sich herum!“ sagte mir der Bischof Mermillod von Genf eines Tages. Er hatte recht: Viele Christen praktizieren ein Christentum nach ihrer eigenen Art, nach ihrer Mode, das sie sich selber zurechtstutzen. Und schließlich, achten wir auch darauf, selber im Stand der Gnade zu sein. Wir arbeiten ja mit an der Heiligung der Seelen, und die Erfahrung lehrt: je heiliger die Beichtväter, umso mehr heiligen sie die Seelen: „sancti sanctificiant.“ (Anm.: „nur Heilige heiligen.“).