Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel aus dem Jahre 1882 (ohne Datumsangabe): Vorwort zum Direktorium.

„Nehmt und esst!“ Der hl. Franz v. Sales ist kein Phantast, kennt keine Übertreibungen. Der hl. Johannes und der Prophet Ezechiel gebrauchen dieselben Ausdrücke.

„Es wird eurem Herzen Bitterkeit bereiten… aber auch einen überströmenden Frieden“. Alle klösterlichen Regeln streben nach demselben Ziel, mit verschiedenen Mitteln: In uns den alten Menschen ersterben zu lassen.

Die einen gelangen dahin die Abtötung des Fleisches, durch Fasten und Zähmung ihres Leibes, und sie gelangen schnell ans Ziel. Diese strengen Orden haben die meisten Heiligen hervorgebracht, weil die Abtötung des Fleisches außerordentliche Gnaden herabzieht, Wunder etc. Darum haben die Kartäuser und Barnabiter der Kirche viele Heilige geschenkt. In diesen Orden erreicht man die Heiligkeit durch Gewaltstreiche. Doch sie herrschen nicht durch Demut und Liebe und sind ihres Weges nicht immer so ganz sicher… aber letzten Endes verfolgen sie dasselbe Ziel wie wir.

„Das Direktorium erzeugt also Bitterkeit, im Grunde des Herzens jedoch einen überströmenden Frieden“, wie die Schwester Laurentia auf dem Sterbebett bezeugte (sie war abwechselnd dort mit der Guten Mutter Oberin gewesen). Sie fuhr fort: „Erst nach zehn Jahren habe ich das Direktorium richtig verstanden und machte mich an seine Übung. Mögen seine Worte euch Tag und Nacht vor Augen stehen!“ Bei unserem gesamten Tun, selbst wenn wir der Ruhe pflegen, soll uns der Gedanke an den Erlöser gegenwärtig sein, indem wir von unserem Leben leben und alles in Vereinigung mit ihm tun.

„Seid starkmütig, entschlossen, beständig…“ In unserer Lebensweise gibt es keine großen Kraftakte, die wie in gewissen Orden mit Bußstrenge und Abtötungen schnell voranbringen. Wir kennen dafür die ununterbrochene Bemühung eines jeden Augenblickes und dies ist schwerer und erfordert einen starken Mut.

„Unwandelbar“, indem wir nicht jeden Tag unsere Art und Weise ändern. Halten wir uns eng an das Direktorium allein und betrachten wir es als unseren wahrhaftigen und einzigen Weg.

„So seid ihr nur ein Herz und eine Seele, oder vielmehr: Er allein ist euer aller Herz und Seele.“ Ein Leben aus dem Direktorium ist einem Weltleben direkt entgegengesetzt, weil letzeres Gott überall ausschließt. Wir hingegen versetzen Gott in die Mitte aller unserer Handlungen, sehen alles, wie die Gute Mutter sich gern ausdrückte, quer durch Gott hindurch, unsere Handlungen quer durch Gott, den Nächsten quer durch Gott etc.

„Glückselig jeder, der diese Regel beobachtet“, d.h., der hält, was er Gott gelobt hat, denn wenn wir nicht vom Direktorium geprägt sind, leben wir ein ganz gewöhnliches Leben, und nichts unterscheidet uns mehr von den anderen.