Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Kapitel vom 01.04.1880: Das Direktorium.

Allen Orden schwebt als Ziel und Absicht die Vereinigung der Seele mit Gott vor Augen. Wir haben außer diesem allgemeinen Ziel noch etwas Zusätzliches, Besonderes: Wir geben Gott unseren Willen hin. Da geht es nicht um eine zeitlich begrenzte Übung, sondern um etwas, das immer währt: die Übung unseres Direktoriums im Herzen, und im Äußeren der Gehorsam. Und das lässt keine Zweideutigkeit zu: das Direktorium zeigt uns in jedem Augenblick, was der Wille Gottes ist. Leben wir es also mit Liebe vom ersten Augenblick unseres Tagewerkes an, beim Aufstehen! Üben wir es vor unserem Einschlafen. Und selbst während der Nacht, wenn wir aufwachen, nehmen wir einige seiner Stoßgebete auf die Lippen! Das ist aber langweilig und lästig! Nein, denn wenn wir mit Gott reden, geschieht es immer mit neuem Geschmack und neuer Würze, auch wenn wir dieselben Worte wiederholen.

Man stellte einmal an die Gute Mutter die Frage, ob es sie nicht ermüde, immer dieselben Übungen zu vollziehen. Sie versicherte, immer nur dies getan zu haben, und müsste sie noch 40, 50 oder 60 Jahre leben, sie würde nie anderes tun. Das ist ein Buch, liebte sie zu sagen, das man nicht liest, sondern lebt, praktiziert. In diesem Geist hatte sie ihre Novizinnen geformt, sodass ganze Jahre in der Heimsuchung dahingingen, ohne dass irgendeine Schwester das geringste Gefühl oder Empfindung gegen die Unterwerfung unter die hl. Regel empfand. Man könnte tatsächlich Novizen allein mit dem Direktorium ausbilden. Gäbe es ein Noviziat selbst tausend Meilen entfernt von hier, wenn sie nur das Direktorium treu praktizieren, kämen die Novizen mit demselben Geist und derselben Gesinnung wie wir zu uns zurück.

Setzen wir darum ein großes Vertrauen in dieses kleine Büchlein! Dieses Vertrauen wird uns helfen, es treu zu üben. Aber ist das nicht bloß für Frauen gut? Nein, bei den Männern müsste es ein wirksameres Resultat erzeugen, weil die Männer größere Standfestigkeit im Urteil bekunden. Hat seine Praxis nicht unseren hl. Stifter hervorgebracht?