Kapitel vom 04.12.1879: Die Gottvereinigung, das Ziel unseres Lebens.
Ihres ganzen Lebens und all ihrer Übungen Ziel soll sein, sich mit Gott zu vereinigen! Das ist das Ziel unseres Lebens, und zweifellos gibt unser hl. Stifter uns dafür höchst wirksame Mittel an die Hand. Er selbst gesteht, hätte er etwas Vollkommeneres gewusst, er hätte es gelehrt. Nicht will er die Bußorden damit abwerten, die das Privileg der Wunder zu haben scheinen, oder andere Orden herabsetzen, die durch ihren Eifer Gott so angenehm sind. Die Kirche selber bestätigt dem hl. Franz v. Sales, er führe uns auf einem einfachen und gesicherten Weg zur Vollkommenheit. Ohne die Vollkommenheit der Liebe sind bekanntlich Wunder, Weissagungen und Bußwerke nichts. Gewiss bringen uns auch äußere Werke der Vollkommenheit nahe, aber unser Inneres vervollkommnen, so dass die äußeren Werke Leben und Bewegung empfangen, kann nur die Liebe.
Belebt und beseelt von diesem mächtigen Liebeshauch können unsere Arbeiten dann der hl. Kirche Gottes und dem Heil des Nächsten nützen… Unser ganzes Tagewerk möge er für sich beschlagnahmen. Darin liegt unsere Stärke. So wie, nach einem Vergleich des hl. Stifters, die zarte Blume, in gewisse Wasser getaucht, starr und widerstandsfähig wird, so werden auch wir, in Gott untergetaucht, widerstandsfähig und stark, die Versuchung zu überwinden.
Wir haben Beweise in Händen, was das Direktorium aus Heimsuchungsschwestern zu machen imstande ist. Nun, dieses Büchlein vermag noch viel mehr bei Männern, die in ihrem Urteil und Willen mehr Festigkeit aufweisen und die, gefeit gegen allzu große Unbeständigkeit sich ein für allemal für die Übung des Direktoriums entscheiden, nicht ohne reiche Früchte der Heiligkeit daraus zu gewinnen.
Die Versuchung bleibt uns nicht erspart. Dann mag es uns manchmal scheinen, unsere Übungen und Praktiken seien unnütz und nichtig. Bleiben wir dennoch dabei und lassen wir die Versuchung vorübergehen. Aus einem mit Widerwillen gelebten und geübten Direktorium erblüht die Heiligkeit. Zwanzig Jahre lang fühlte die hl. Theresia einen unüberwindlichen Widerwillen gegen die Übungen der Kommunität, und ihr Widerstand gegen diese Versuchungen war so stark, dass sie von einer sehr schmerzlichen Neuralgie befallen wurde.
Die Grundlage des Direktoriums ist und bleibt die Abtötung. Und das ist keine kleine, unablässig sein eigenes Denken zu unterwerfen. Ein echter Oblate wird immer etwas finden, um sich abzutöten. Er verzichtet auf ein kleines Vergnügen. Es ist ja so leicht, dies zu tun, ohne dass irgendjemand es merkt. Zu schwach, auf einen Schlag die zwei Gott geschuldeten Kilogramm zu bezahlen, wiederholt er tausendmal seine Übungen, bis er das erforderte Quantum erreicht hat. Das Direktorium ist wie jene Farben, die man nur auf eine polierte und glatte Oberfläche malen kann.
Beten wir viel zum hl. Stifter, zur hl. Mutter Chantal, zu unserer Ehrwürdigen Mutter Maria Salesia und der guten Schwester Genofeva, dass wir würdige Erben all dieser Kostbarkeiten werden. Dann sind wir glücklich.
