Kapitel vom 13.11.1879: Der Gehorsam. Unsere Kranken.
Unser Vater erinnert uns daran, dass wir wahrhaft Gehorchende sein müssen bei allem, was das Amt, der Unterricht oder die Aufsichten betrifft, die uns übertragen wurden. Das muss sein, wenn wir wollen, dass alles in Harmonie und mit Erfolg abläuft. Vergessen wir vor allem nicht, dass wir nur dann die Gnade bekommen, wirklich Gutes zu tun, wenn uns der Gehorsam die einzige Kraftquelle und Macht bedeutet. Es ist unzweifelhafte Lehre, dass ein guter Ordensmann damit alles, was ihm aufgetragen ist, zu Rande bringt und es mit der letzten Vollkommenheit vollbringt. Der hl. Thomas sieht nur ein einziges Hindernis für den Gehorsam: den Mangel an Urteil. Jeder aber, der ein durchschnittlich gutes Urteil hat, vermag zu gehorchen, und durch Gehorchen Wunder zu wirken, wenn es notwendig wäre. Das erlebte der hl. Maurus, als er auf Befehl des hl. Benedikt über das Wasser ging. Das geschah auch mit einem Ordensmann, der vom hl. Frobert den Auftrag erhielt, einen Kompass herbeizuholen. Er glaubte, der Heilige meinen Mühlstein, weil der lateinische Name dasselbe bedeutet, und er schleppte auf der Schulter einen mächtigen Mühlstein herbei.
Dann sprach uns P. Brisson von den Kranken. Die Regel sagt, sie seien für die Kommunität ein Segen. Das ist kein frommer Glaube, das ist sichere Lehre. Wir sollen sie darum mit unserem ganzen Herzen pflegen, nicht bloß soweit es für ihre Gesundheit nötig ist. Wir sollen sie auch erholen und erfreuen z.B. mit Blumen und Grün im Sommer.
Aus Gehorsam sollen wir uns auch ganz nach den Vorschriften des Arztes richten. Der Krankenpfleger soll darüber hinaus aus eigener Autorität nichts unternehmen.
Im Augenblick des Sterbens stehe ihnen ein Priester bei, wie es das Rituale Romanum vorschreibt.
Was tun, wenn wir uns selber krank fühlen? Wir sollen großes Vertrauen haben, uns von Gott heilen zu lassen, sollen viel beten, für uns beten lassen, Weihwasser nehmen. Von fünfundzwanzig Fällen werden wir in vierundzwanzig damit Erfolg haben. Im Übrigen tut es uns so gut, uns von Gott selbst heilen zu lassen. Es bringt uns in einen so intimen Kontakt mit seiner Güte und verbindet uns so innig mit ihm!
Ferner zerstört nichts den klösterlichen Geist so sehr, als sich bei jedem Anlass mit sich selbst zu beschäftigen oder andere damit zu belästigen, sich ohne Not zu beklagen und pflegen zu lassen. Anders liegt der Fall, wenn man wirklich krank ist. Dann würde man einen viel größeren Akt der Eigenmächtigkeit tun, wollte man sich Gott und der Ordensgemeinde nicht erhalten. Da müssen wir die Heilmittel nehmen, die von Gott allein ihre Heilkrafft erhalten haben. Er kümmert sich dann um uns. Setzen wir dann unser Vertrauen aber nicht auf das Heilmittel an sich noch in ein anderes menschliches Mittel, es sei denn, wir sehen in ihnen den Willen Gottes. Das ist das Vertrauen, das unsere Kranken haben sollen und das die Wärter ihnen einflößen sollen. Gott möge für uns alles bedeuten! Dann wird unser Ordensleben das Noviziat des Himmels werden, wie der hl. Bernard sagt, da der Himmel darin besteht, Gott zu schauen.
