Kapitelvorträge für die Oblaten 1873-1899

      

Vortrag vom 23.12.1874.

Am 23.12. hat unser Vater die Kommunität versammelt, um ernste Bemerkungen zu machen über den klösterlichen Gehorsam und um einigen Mitbrüdern im Besonderen die Pflichten des Ordensstandes in Erinnerung zu rufen. Dann hat er an alle Mitbrüder gebundene Direktorien ausgeteilt.

Seit dem Beginn unseres Ordens war die Praxis dieses „Leitfadens (Direktoriums) für die täglichen Handlungen“ das hauptsächliche Ziel all unserer Anstrengungen. Unser Vater hat uns tausend Mal wiederholt, dass es dieses Büchlein ist, das die Schwestern der Heimsuchung formt. Es war uns aber schwer, es in allen Einzelheiten zu üben, weil wir alle kein eigenes Exemplar besaßen. Man hatte lediglich den Wortlaut vorgelesen bekommen und verfügte über eine einige Auszüge. Darum hat der Novizenmeister unserem Vater letzten September vorgetragen, es wäre vorteilhaft, das Direktorium drucken zu lassen, und unser Vater hat ihn daraufhin sofort mit der Durchführung dieses Planes beauftragt. Er schärfte ihm ein, wörtlich das Direktorium der Heimsuchung zu übernehmen in allem, was für eine Männerkongregation in Frage kommt. Das war leicht, da unser Vater schon seit langem eine erste Arbeit dieser Art hatte durchführen lassen. Das Manuskript des Direktoriums, dessen sich die Kommunität bisher bediente, entspricht fast genau dem Text der nun vorliegenden gedruckten Ausgabe. Der Novizenmeister hat unserem Vater einige kleine Änderungen vorgeschlagen, die von ihm gebilligt wurden.

Unser Vater wollte aber, dass einige neue Kapitel hinzugefügt würden, die Ordensmännern, besonders Priestern eigen sind. Um diese zusammenzusetzen, bediente man sich ausschließlich der Schriften, ja selbst der Worte unseres hl. Stifters, des hl. Franz von Sales. So wurden drei Kapitel neu aufgenommen:

1. Über die Art, fromm und fruchtbar das hl. Messopfer darzubringen.
2. Über die Art und Weise, heilig das Sakrament der Beichte zu spenden.
3. Über das Predigen.

Um den Artikel über die hl. Messe aufzustellen, gebrauchten wir getreulich das kleine Werk, das unser hl. Stifter darüber geschrieben hat und behielten sogar die Ausdrücke bei, wie man leicht feststellen kann, wenn man die Gesammelten Werke des Heiligen nachliest. Natürlich mussten wir stark zusammenziehen und dem Stil eine mehr allgemeine Form geben, damit dieser neue Artikel den übrigen angepasst würde.

Unser Vater meint, man könne später das kleine Werk zum Gebrauch für die Ordensleute mit allen Gebeten und Betrachtungen drucken lassen.

Der Artikel von der Beichte bereitete mehr Schwierigkeiten. Wir entnahmen ihn einer Weisung des Heiligen. Diese Weisung des Heiligen ist so etwas wie eine Abhandlung von der Beichte, die die Oblaten studieren sollten. Unser Direktorium schlägt daraus eine Reihe frommer geistlicher Praktiken vor sowie eine geistliche Methode, die sehr geeignet sind, den Beichtvätern das Gepräge des hl. Franz v. Sales zu geben.

Bei der Lektüre dieser Schrift des hl. Stifters wird man feststellen, dass wir einige Worte hinzufügen mussten, damit dieser Artikel ja den anderen passt.

Der Artikel über das Predigen wurde dem Brief entnommen, den unser Heiliger den Erzbischof von Bourges über dieses Thema schrieb, ebenfalls mit einigen zusätzlichen Worten, damit er in den Rahmen der übrigen Artikel passe. Jedoch wurde hier noch ein besonderer Zusatz beigefügt, und zwar betrifft er die Aufopferung der Predigttätigkeit Jesu an Gottvater, die der Oblate beim Besteigen der Kanzel beten soll. Diese Aufopferung wurde wörtlich dem hl. Franz v. Sales entnommen, aber nicht seinem Brief über das Predigen, sondern einer Betrachtung, die er als Messvorbereitung über die Predigtweise Jesu hält.
(Anm.: „Siehe bitte seine Schrift über die hl. Messe.“).

Außer diesen drei Artikeln haben wir auf Weisung unseres Vaters den Artikel vom Schlafengehen vervollständigt durch die „Übung zur Nacht“. Dabei bedienten wir uns der Übersetzung, die Migne von dieser Übung liefert.

Zu guter Letzt haben wir als Anhang zum Direktorium noch mehrere wichtige Artikel über die Selbstentäußerung, die Art und Weise, den Rosenkranz zu beten, einige Gebete zur hl. Messe vom hl. Franz v. Sales beigefügt. Man fand, dass all diese Dinge für den Ordensmann von Nutzen seien. Während des ganzen Oktober und November haben wir an der Zusammenstellung und dem Druck des Direktoriums gearbeitet. Unser Vater konnte es uns endlich während der Einkehr zum Fest der Unbefleckten Empfängnis, am Freitag, dem 11.12.1874, um 14:00 Uhr (Anm.: „Zeitangaben nach DIN.“) broschiert übergeben.

Alle Mitbrüder verlangten ja seit langem nach diesem Büchlein. Am 23.12. endlich konnte er es uns gebunden aushändigen. Schon am Morgen dieses Tages hatte der Novizenmeister unseren Vater gebeten, ein Direktorium der Oblaten der Oberin der Heimsuchung anbieten zu dürfen, die uns sehr zugetan ist. Diese Gute Mutter beweist uns Wunder an Güte und Großmut.