7. Vortrag: Die Beichte.
Betrachten wir heute Jesus im Beichtstuhl.
Die Seelen packen. In den Unterhaltungen Jesu mit einigen Seelen zeigt er sich voller Hingabe und macht ihnen intime und ganz vertrauliche Mitteilungen.
Diese Seelen, denen er die größte Ehrfurcht entgegenbringt, durchschaut er, reißt sie mit und sagt ihnen genau, was ihnen nottut. Er legt den Finger auf ihre Wunde und gibt ihnen genau das richtige Heilmittel an die Hand.
Jesus und Nikodemus. Jesus und der Gesetzeslehrer: Nikodemus kommt des Nachts „aus Furcht vor den Juden“, und Jesus sagt ihm tiefe Wahrheiten über die Wiedergeburt der Seele. Er war Richter in Israel, darum spricht Jesus zu ihm vom Gerichte Gottes: „Der Sohn richtet niemand. Gott sandte seinen Sohn nicht in die Welt, dass er sie richte, sondern dass sie durch ihn gerettet werde.“ „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet…“
Jesus und Petrus. „Petrus, liebst Du mich…? Liebst Du mich mehr als diese da…? Ich werde Dir die Schlüssel des Himmelreichs übergeben.“
Die Samariterin. Sie war eine Frau von schlechtem Lebenswandel, einer verachteten Rasse zugehörig, und obendrein eine Frau ohne Bildung, die keine Ahnung hatte vom rechten Weg. Jesus spricht mit ihr dennoch voller Ehrfurcht. Er nimmt sie da, wo er Zugang gewinnt zu ihrer Seele. „Gib mir zu trinken!“ Dann sagt er: „Wenn du die Gabe Gottes känntest und den, der zu dir sagt: ‚Gib mir zu trinken‘ dann hättest du ihn vielleicht gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben, Wasser, das ewig sprudelt.“ Er erregt also ihre Neugier. Und dann, als er ihre Aufmerksamkeit gepackt hat, führt er sie Schritt für Schritt in die höchsten Geheimnisse ein und bekehrt sie.
Die Kanaanäerin. Es war eine Frau in gesetztem Alter, sagen die Kirchenväter. Sie hatte eine Hündin bei sich und verfolgte unsern Herrn mit ihrem Schreien. „Herr, hörst du das Schreien dieser Frau nicht?“ fragten ihn die Apostel. Der Herr hört sie schließlich, dreht sich um und packt sie freundlich bei der Liebe, die sie zu ihrer Hündin hegte: „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und den Hündchen vorzuwerfen.“ Diese Frau war aber geistreich: „Richtig, Herr“, sagte sie, „aber auch die Hündchen fressen die Brotsamen auf, die vom Tische ihrer Herren fallen.“ Der Herr hatte also den Faden gefasst, den die Frau ihm hinreichte. Er führte sie so zu dem Glaubensakt, den er selbst hernach lobte.
Aufmerksamkeit auf die Gaben des Herrn. Der Beichtvater möge also große Ehrfurcht vor den Seelen haben, eine große Losschälung von sich selbst, sehr darauf achten, sie von der Seite zu nehmen, die sie ihm anbieten. Löscht den glimmenden Docht nicht aus, brecht das angebrochene Schilfrohr nicht völlig ab; das ist keine verlorene Zeit.
Der hl. Alfons von Ligouri. Er selbst sagte, er halte im Beichtstuhl das Kreuz in der Hand. Er betrachtete die Wunden des Heilands und hörte zu, was diese ihm für jede Seele eingaben.
Menschliche Mittel müssen sicher angewandt werden, aber wir sollen uns mehr an die übernatürlichen halten, ans Gebet für die Seelen.
Der reiche Jüngling. Ein junger Mann kommt zum Herrn: „Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?“ „Du kennst die Gebote: Du sollst Vater und Mutter ehren; begeh keinen Frevel, tu dem Nächsten kein Unrecht!“ – „Herr, all das hab ich doch seit meiner Jugend beobachtet.“ – „Eine einzige Sache fehlt Dir noch: Geh hin, verkaufe alles, und gib den Erlös den Armen; dann komm und folge mir!“ Der Jüngling aber brachte den Mut nicht auf und zog sich traurig zurück. Glaubt ihr, der Herr ließe es dabei bewenden und habe nicht lange und innig für diesen jungen Mann gebetet? Daran zweifeln, hieße am Herzen Jesu und an seiner Liebe für die Seelen zweifeln.
Die Seelen gewinnen: der hl. Philipp Neri. Dieser sah eines Tages einen hohen Herrn zu seinen Füßen niederknien. Er war ein großer Sünder, und da der Heilige ihn nicht genügend disponiert fand, schickte er ihn sanft fort, ohne ihn loszusprechen und ohne ihm zu sagen, er möge einmal zurück kommen. Einige Zeit danach begegnete dieser Mann wieder dem Heiligen: „Warum haben Sie mir nicht gesagt, ich solle zurückkommen?“ Der Heilige gab keine Antwort. Wenige Tage später kam der Mann von sich aus zur Beichte. „Warum haben Sie mir nichts gesagt?“ – „Ich hatte Ihre Seele noch nicht gewonnen. Jetzt habe ich sie.“ Er hatte gebetet und diese Seele durch seine Gebete gewonnen.
Verlassen wir also die Seelen unserer Beichtkinder nicht! Halten wir sie fest und gewinnen wir sie.
Die Seelen der Kinder! Was ihr für alle Seelen tun wollt, tut es vor allem für die Seelen der Kinder! Sie brauchen es noch mehr. Die Seelen der Älteren haben bereits ihre feste Gewohnheiten angenommen, das Kind dagegen ist eine Blüte, die sich erst allmählich erschließt. Der geringste heiße Sonnenstrahl, der kleinste raue Windstoß, die Kälte können sie zum Welken bringen. Wenn ihr es versteht, diese Kinderseelen zu umsorgen, wenn ihr sie liebt, nicht mit weibischer Güte, sondern indem ihr in ihnen die Tugenden entwickelt, die Fehler ausreißt, welch schönes Werk habt ihr dann vollbracht?
Später werden diese Kinder euch ein gutes Andenken bewahren, werden eure Liebe verstehen, werden spüren, dass sie nicht der Sinnlichkeit entsprang, sondern echter Nächstenliebe. Macht euch nichts aus ihrem Leichtsinn, und verschließt die Augen vor dem, was keine Sünde ist.
Der Prälat de Segur. Eines Tages hörte ich den Herrn von Segur in einer Fastenpredigt im 2. Kloster der Heimsuchung zu Paris über die Sorge sprechen, die die Schwestern den Kindern, die sie zu erziehen hatten, angedeihen lassen sollten. Dabei kommentierte er die Worte des Evangeliums: „Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen!“ Betrachtet die Lilien – die Seelen der Kinder – wie sie wachsen und sich entfalten! Betrachtet sie – es ist das einzige Mal, dass wir im Evangelium dieses Wort finden: Betrachtet, wendet eure ganze Aufmerksamkeit, all eure Sorgfalt darauf…
Das gilt auch für euch! Verwendet eure ganze Sorgfalt auf das Wachstum dieser Kinderseelen! Sucht den göttlichen Hauch zu erfassen, wenn er über diese Seele streicht! Packt diese Seele an der Stelle an, wo sie zu packen ist. Begünstigt das Wirken der Gnade in ihr: darin besteht die ganze Erziehung; das ist das erste und letzte Wort aller Weisheit unseres Direktoriums.