Exerzitienvorträge 1893

      

5. Vortrag: Die drei Bande des Ordensmannes.

Beim hl. Paulus begegnen wir Formulierungen und Gedanken von ungewöhnlicher Energie, die man nur in seinem Stil und an einigen anderen Stellen der Hl. Schrift antrifft. Es handelt sich da um Ausdrücke, wie man sie in der heidnischen Literatur vergeblich sucht. Eine dieser Wendung lautet: „Christo confixus sum cruci“ (Anm.: „Ich bin mit Jesus Christus ans Kreuz geheftet.“). Paulus vollbringt also sein Werk, angenagelt ans Kreuz mit unserem Herrn. Er ist nicht nur mit seinem Herzen an Christus geheftet. Die Ausdrucksweise besagt vielmehr, dass er auch in seinen Gliedern auf dem Kreuz mit unserem Herrn von Schlägen durchbohrt ist. Und darum wirkt der Völkerapostel solche Wunder der Verkündigung. Seine apostolische Kraft kommt ihm von dieser Situation, in die er sich gebracht hat. Bewahren wir dieses Wort des hl. Paulus als die letzte und höchste Lösung der hl. Exerzitien.

„Christo confixus sum cruci.“
Unser Herr wurde mit drei Nägeln ans Kreuz geheftet. Und wir müssen dies tun mit Hilfe der Bande unserer drei Gelübde, des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit. Verstehen wir in diesem Sinn das so schöne und treffende Wort des hl. Paulus. Heften wir uns ans Kreuz in jeder schmerzlichen und peinvollen Lage, wo es etwas zu leiden und auszuhalten gibt. Ans Kreuz geschlagen sein heißt, ein Leben der Abtötung führen, ein Leben des Todes. Wir sind Ordensleute, und diese Lebensweise haben wir als die unsere gewählt. Auf dieses Kreuz müssen wir uns also mit Hilfe dieser drei Nägel mit unserem Herrn annageln. Er bleibt immer ans Kreuz geheftet und ist nicht herabgestiegen. Er harrt dort aus zu allen Zeiten. Steigen also auch wir nicht herunter, sondern leisten wir ihm dort treue Gesellschaft.

Begreifen wir unsere Bande wohl, ebenso die Art und Weise, wie wir an unser Kreuz geheftet bleiben sollen. Werden wir uns über die Notwendigkeit klar, aus unseren Gelübden alle Früchte zu sammeln, die in ihnen enthalten sind. Wäre unser Herr nicht ans Kreuz genagelt worden, dann hätten wir die hl. Jungfrau nicht zur Mutter, hätten nicht all die Vorteile der Erlösung erhalten. Der gute Schächter hätte das Versprechen des Paradieses nicht vernommen. Wenn ihr also den Seelen der größten Sünder retten wollt, dann müsst ihr treu am Kreuz ausharren. Ist das nicht das Rührendste und Herzergreifendste in unserem Beruf? Seelen retten, ihnen die Sünden nachlassen, ihnen den Himmel öffnen? „Hodie mecum eris in paradiso.“ (Anm.: „Heute wirst du mit mir im Paradies (= Himmel) sein.“). All das können wir aber nur garantieren, wenn wir am Kreuz genagelt ausharren.

Betrachtet die drei Nägel des Kreuzes. Zunächst den des Gehorsams.
Wir sind verpflichtet, uns durch den Gehorsam kreuzigen zu lassen. Wir sind Sünder, und für unsere Sünden müssen wir büßen. Der Gehorsam ist aber die erste Buße. Wundern wir uns darum nicht, dass er uns schwer fällt. Schließlich ist er ja ein Nagel, der uns durchbohrt. Ordensleute sind wir insoweit, als wir von der Welt und der Natur durch Unterwerfung festgenagelt sind. Apostel sind wir nur um diesen Preis. Ein dreifacher Beweggrund veranlasst uns, so vollkommen wie möglich dieses Gelübde zu halten, ebenso gut übrigens wie die zwei anderen: Wir sind dazu verpflichtet erstens als Sünder, zweitens als Ordensleute, und drittens als Apostel. Der Nagel des Gehorsams ist der der linken Hand, der Herzseite. Er ist nämlich der schmerzlichste, und verlangt von uns am meisten Willenskraft und Energie. Warum sollten wir auch nicht umfassend, ohne Abstriche und herzlich gehorchen, da wir Gott doch eine hohe Schuld zu bezahlen haben. Mit den Schulden, die wir uns zugezogen haben, gehen wir zugrunde, wenn wir sie nicht büßen. Die gottgefälligste Buße ist aber die Erfüllung unserer Pflichten, unserer Sünden, Nachlässigkeiten und Sinnlichkeiten keine Leiden verdient? Ich sage euch in Wahrheit, wir sind gehalten, Buße zu tun, und hier habt ihr die beste Buße. Wir wurden nicht ernst genug erzogen, es gebricht uns am rechten Gefühl für Sünde und Buße. Zur gegenwärtigen Zeit gestehen sich viele Leute, vor allem Frauen, schreckliche Sünden gegenseitig ein, ohne dass ihnen widersprochen würde. Und das geschieht fast unbeachtet. Man zieht sich nicht mehr in die Einsamkeit zurück, braucht kein Büßerhemd mehr und kein Fasten. Man versteht es nicht mehr, auf irgendetwas zu verzichten. Früher begriff jeder die Verpflichtung zur Buße. Heute denkt keiner mehr daran. Haben wir denn einen Dispens von der Buße erhalten? Glauben wir, ohne sie dem Gericht Gottes zu entrinnen? Nicht im Geringsten wird uns das gelingen. Der hl. Stifter, der einen leichten Weg lehrt, streicht von der Buße nicht im Geringsten die Flagge. Lest ihn nur von einem Ende zum anderen, dann werdet ihr es selber sehen. Lest seine Biographie, und ihr werdet auf ungeheure und beständige Abtötungen stoßen, die er sich auferlegt hat, so wie er überhaupt alles, was ihm begegnete, im Geist der Sünde annahm. Wie ausdauernd hat er doch seinen eigenen Willen abgetötet! Tun doch auch wir Buße, indem wir im Gehorsam unseren Willen zähmen!

Das Gehorchen liegt unserer Natur nicht, darum ist es so schwer. Ja, man will mitunter dem Gehorchen entrinnen, indem man gehorcht! Die Autorität teilt sich nämlich auf: Man geht der einen aus dem Weg, um sich auf die andere zu stürze, wo das Gehorchen leichter fällt. Man sucht den Gehorsam zu teilen und bleibt selbst dabei recht selbständig, doch die Folgerungen schwinden. Lest nach in den Satzungen. Dort seht ihr, dass im Besonderen der Generalobere (Anm.: P. Brisson selbst!) Vorgesetzter über alle Häuser und alle Mitglieder der Kongregation ist. Der Gehorsam, der ihm geschuldet ist, folgt unmittelbar dem, der dem Papst zu erweisen ist. Er ist von diesem für alle Angelegenheiten der Kongregation delegiert. Die Vollmacht und Autorität, die dem Papst in der Kirche zukommen, besitzt der Generalobere (Anm.: Brisson) durch Delegation in der Genossenschaft. Beweis dafür ist die Tatsache, dass der Papst sich nie in seine Befugnisse einmischt. Das tut er nur dann, wenn die Satzungen verletzt werden. Der General erfüllt seine Standespflichten dann, wenn er die Konstitutionen ausführen lässt. Im Generaloberen ruht somit eine Autorität, die allen anderen übergeordnet ist. Alle übrigen Autoritäten sind seiner Leitung unterworfen. Ich mache aus dem eben Gesagten wahrlich keine persönliche Affäre. In meinem Alter schaut man höher als auf persönliche Interessen. Jedes Mal also, wenn der Generalobere die Satzungen ausführen lässt und er innerhalb der Grenzen seines Rechtes handelt, schuldet man ihm einen absoluten Gehorsam. Den gleichen Gehorsam, so sagen die Satzungen, wird man allen anderen Vorgesetzten erweisen, den Haus- wie den Provinzial-Oberen.

Wenn uns das Gehorchen schwerfällt, wenn es, wie die Satzungen sagen, Opfer kostet, mit Schnelligkeit, Freude und Beharrlichkeit zu gehorchen, denken wir daran, dass eben dies unser Kreuz ist: „Christo confixus sum cruci.“ (Anm.: „Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet.“). Der in die Hand geschlagene Nagel tut weh und bleibt darin stecken. Gehorchen fällt sicher nicht leicht: „Homo peccator sum.“ (Anm.: „Ich bin ein Sünder.“), ich dafür Buße zu leisten. Vergegenwärtigen wir unser vergangenes Leben, alles, was da nicht in Ordnung war: Haben wir nicht vielleicht die Hölle verdient? Wieviel Unrecht haben wir dem Nächsten zugefügt, wieviel Ärgernissen den Seelen gegeben, wieviel grobe Pflichtverletzungen Gott gegenüber auf uns geladen! Hätten wir wenigstens Reue darüber, würden wir unsere Sünden beweinen wie der hl. Aloysius und der hl. Alfons im Alter von 80 Jahren. Wie verstand der es, sich in seinem Elend zu verdemütigen. Er zitterte bei dem Gedanken, dass er die hl. Messe lesen solle. „Miserere mei“, flehte er, „quia homo peccator sum.“ (Anm.: „Erbarme dich meiner, denn ich bin ein Sünder.“), und schlug sich auf die Brust. Dabei kannte er seine Theologie zur Genüge, um beurteilen zu können, welche Pflichten er gegenüber Gott hatte. Wir hingegen, wir denken gar nicht an unsere Fehler und Sünden!

Wollt ihr noch einen anderen Beweggrund? „Iam non dicam vos servos“, sagt unser Herr, „vos autem dixi amicos, quia quaecumque audivi a Patre meo nota feci vobis.“ (Anm.: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde, weil ich euch alles gesagt habe, was ich meinem Vater gehört habe.“). Die anderen nenne ich Knechte, das ist gut so. Euch aber, ihr seid meine Freunde… Wir sind also des Erlösers Freunde, haben von ihm Einsicht in seine Geheimnisse empfangen, Verständnis der Frohbotschaft und der Dinge des innerlichen Lebens. Diese Gabe der Einsicht ist aber Beweis der Liebe des Erlösers zu uns. Wir verdanken ihn seiner Freundschaft und zärtlichen Zuneigung. Sollen wir ihm nichts dafür geben? Oder nur Dinge, an denen ihm nichts liegt? Gerade das Gehorchen verlangt er aber von uns, das entzückt sein Herz. Es gibt aber zwei Wege zu Gott zu gehen: Die Buße und die Liebe. Benutzt beide, es sind deren nicht zuviel.

Die Armut kostet uns ebenfalls Opfer.
Sie ist mühselig und schmerzhaft. Natürlich treiben wir die Armut nicht so weit wie gewisse Heilige. Wir leben sie so wie unser Herr sie gelebt hat. Er aber bettelte nicht, sondern arbeitete. Er hatte in Nazareth seine kleine Küche und seine bescheidene Einrichtung. Betrachtet nur in der Santa Casa von Loretto, wie bescheiden und arm es da zuging. Die selige Jungfrau kümmerte sich um die Kleidung unseres Herrn. Sie pflegte sie in seinen Mühen und Reisen. Es liegt im Geist unserer hl. Regel und Satzungen, das Leben unseres Herrn zu betrachten. Und in seinen Grenzen üben wir unser Gelübde der Armut. Da gibt es nichts Überflüssiges, große Einfachheit herrscht. Lernen wir, auf viele Dinge zu verzichten! Üben wir die Armut, weil wir gesündigt und die geschaffenen Dinge missbraucht haben. „Christo confixus sum cruci.“ Stellt euch vor, dass ihr die rechte Hand ans Kreuz geheftet habt.

Ein anderes Motiv: Liebt ihr unseren Herrn? Ein Mensch von unvergleichlichen Geistesgaben und von äußerster Zartheit, voll eines ganz besonderen Geistes der Liebe, suchte danach, was er tun könne, um unseren Herrn nachzuahmen. Und er kam zu dem Schluss: Das könne er nicht besser als durch die Liebe zur Armut. Nun wollte er sein gesamtes Leben dem armen und leidenden Leben unseres Herrn angleichen. Er ging barfuß wie unser Herr, trug eine einfache Tunika, nährte sich erbärmlich von den Früchten der Bettelei. Mit einem Wort: Er ließ sich von der Leidenschaft einer so glühenden Liebe fortreißen, dass er sozusagen in die Person des göttlichen Wortes selbst hinein entrückt wurde. Und unser Herr ließ wohl erkennen, wie angenehm ihm diese Nachahmung seiner Armut war, indem er ihm die auszeichnende Gnade seiner Wundmale gewährte.
Trachten auch wir danach, sagen zu können: „Herr, ich mache es wie du.“ Glaubt ihr nicht, dass wir ihm damit sehr angenehm würden und er zärtlich unsere Seelen zur seinigen hinziehen würde? „Christo confixus sum cruci.“: Das ist ein sehr energisches Wort, und die Tat, die es in Erinnerung ruft, ist es auch. Hegt und pflegt darum gut die Liebe zur Armut, und zwar aus dem Geist der Buße heraus, und vor allem aus Liebe zu dem, der sie erfunden hat. „Du hast die Armut geliebt“, sagte der hl. Franz v. Assisi zu ihm, „du hast sie nie aufgegeben, von der Krippe bis zum Kreuz und Grab.“ Wir fürchten immer, dies und das entbehren zu müssen, etwas geht uns ab im Speisesaal, etwas stört uns in unserer Bekleidung… Werfen wir doch einen kurzen Blick auf unseren Herrn, er wird uns mit allen Zeichen großer Zufriedenheit und Liebe aufnehmen. Der Himmel, das ist die Liebe Gottes. Jedes Mal, wenn etwas von der Gottesliebe in unser Herz eingeht, ist es ein Strahl des Paradieses. Die Übung der Armut besorgt uns aber sehr wohl diesen Strahl der Gottesliebe und des Paradieses. Ich habe oft diese Erfahrung gemacht. In den frommen Ordensgemeinschaften empfängt man im Refektorium und im Kapitel viel. Gerade an diesen Orten des Gehorsams und der Armut wird man der größten Gnaden Gottes und der auffallendsten Beweise seines Segens gewürdigt. Sind das vielleicht überfeine und gekünstelte Gedanken? Das ist etwas sehr einfaches. Gibt eine Mutter ihrem kleinen Kind zu essen, so reicht sie ihm die einfachsten Gerichte, Brei z.B. Doch gibt sie das mit ihrem Herzen und dem ganzen Erweis ihrer Liebe.

Der dritte Nagel des Kreuzes und der schmerzlichste ist die Keuschheit. Unser Herr hing gewiss (am Kreuz) an seinen Händen. Mehr aber noch ruhte er auf seinen Füßen, die das ganze Gewicht seines Leibes trugen. Da müsste er schauerliche Schmerzen erdulden. Das war zweifellos das „iuge sacrificium“, das ununterbrochene Opfer. Hier erreichte seine Passion nicht nur den Höhepunkt der Leiden. Hier erfolgte vor allem die höchste Sühnung all unserer Bemühungen, die Sinnlichkeit zu befriedigen, das Herz außerhalb Gottes zufrieden zu stellen. Das ist die unverkürzte Keuschheit.

Zunächst die negative Keuschheit. Warum im Augenblick der Versuchung nicht an Christus am Kreuz denken, warum nicht wie Magdalena unsere Lippen auf seine hl. Wundmale drücken, ihn um Zuwendung seines Blutes bitten, das vom Kreuz zur Erde rinnt: „Christo confixus sum cruci?“ Das ist ein sehr wirksames Bewährungsmittel in Versuchungen. Tut das, dann werdet ihr den Teufel sehr schnell die Flucht ergreifen sehen. Eure Sinne werden sich beruhigen, und ihr gewinnt schließlich die Kraft, allen Versuchungen zu widerstehen. Und was empfindet ihr nach der Überwindung der Versuchung? Der Blick Gottes wird auf euch ruhen und wird euch eine unaussprechlich glückliche Erschütterung bereiten. Ihr werdet das Erlebnis eurer belohnten Treue, eurer Hoffnung, eures gestärkten Vertrauens und eines für die Zukunft gesicherten Sieges haben. Unser Herz wird sich ganz natürlich auf das Herz unseres Herrn stützen. Liebten wir ihn nicht stärker als wir es je getan? Haben wir nicht in Wahrheit zu uns selbst gesprochen: „Dominus meus et Deus meus.“ (Anm.: „Mein Herr und mein Gott.“)? Sagen wir doch dieses Wort des hl. Paulus immer wieder bei dieser Gelegenheit! Die Keuschheit mit einer energischen Beständigkeit praktiziert: Welcher Lohn ihr doch gewiss ist! Warum hat Gott nicht Engel gewählt, um sie zu seinen Priestern und Ordensleuten zu machen? Weil die Engel nicht dasselbe Verdienst wie die Priester oder die Ordensleute erworben hätten. Bei ihnen gibt es keine Kämpfe, darum auch keine Siege und Verdienste: „Zu wem sollen wir denn gehen, Herr? Du hast Worte ewigen Lebens.“ Sie hätten keine solchen Notschreie ausstoßen und die Kraft ihres Willens bestätigen können, die die Siege über die Feinde erringt. Der hl. Paulus sagt: „Ich vermag alles in dem, der mich stärkt.“ Dreimal hatte er um Befreiung um Versuchungen gebeten, dreimal hörte Gottes Antwort: „Sufficit tibi gratia mea.“ (Anm.: „Meine Gnade genügt dir.“). Die Tugend hat eine unendliche Vollkommenheit. Unter welcher Bedingung können wir nach der Tugend verlangen? „Christo confixus sum cruci.“ (Anm.: „Mit Christus bin ich gekreuzigt.“).

Das ist die negative Seite des Keuschheitsgelübdes. Den positiven Teil erreichen wir durch die beständige Übung des Direktoriums, mit dem wir unaufhörliche Akte der Gottesliebe setzen. Vor allem Akte der nicht endenden Vereinigung und Wiedervereinigung unseres Herzens mit dem Willen Gottes. So leben wir, atmen wir ein und aus für Gott, wie der hl. Stifter sagt. Indem wir so vereinigt mit und angeheftet an den Willen Gottes verharren, erfüllen wir unser Gelübde zur größeren Ehre Gottes, zum größten Glück unserer Seele und zum Heil der anderen. Gebt darauf acht! Um zur Übung des Gelübdes der Keuschheit zu gelangen, um der ganz innigen Vereinigung mit Gott teilhaft zu werden, heißt es sich immer üben in ständig wiederholten Akten der Treue, nach den Weisungen unseres Direktoriums. Der Soldat übt sich lange im Gebrauch der Waffen. Er gewinnt sie schließlich lieb. Nur so wird er darin Meister. Lest das Leben aller hl. Ordensleute: Nur so haben sie es geschafft. Diese Verhaltensweise machten sie zu der Ihrigen. Darauf gilt es immer wieder zurückzukommen. Nur unter dieser Bedingung werdet ihr Ordensleute. Das ist Kern und Stern unseres Ordenslebens, unserer Keuschheit, das sind die Elemente, die euer Leben zusammensetzen und durchtränken müssen.

Wenn die Köchin einen Kuchen backt, verzeiht diesen trivialen, aber treffenden Vergleich, nimmt sie Eier, Milch und Mehl. Das Mehl sind wir. Bleibt das Mehl sich selbst überlassen und wird nicht geknetet, wozu dient es dann? Zu nichts, es verdirbt und wird von Ratten und Mäusen verzehrt. Lässt es sich aber von denen, die diese Aufgabe haben, kneten und traktieren, wird es zum köstlichen Teig. Lassen wir uns zermalmen und kneten, dann werden wir der Weizen Christi, wie der hl. Polykarp sagt.

Meine Freunde, ich wünschte, ihr würdet immer ohne Ende wiederholen: „Ich bin Ordensmann!“ Das habt ihr ohne Unterlass gegenüber Gott, dem Nächsten und der Kongregation zu tun.

Ich schließe mit diesem Abschiedswort und den Worten des hl. Paulus: „Christo confixus sum cruci.“ (Anm.: „Mit Christus bin ich gekreuzigt.“). Tragt diese Worte in euren Herzen und verwirklicht sie. Werdet gute und heilige Ordensleute, alles Übrige ist nichts und wertlos. Möge Gott in seiner Barmherzigkeit euch Verständnis dafür geben. Mögen unsere hl. Patrone, Franz v. Sales und die Gute Mutter Maria Salesia sowie Schwester Marie-Genofeva und all unsere Freunde, die uns bereits verlassen haben, die zur Gründergeneration gehörten und nun vor Gottes Thron stehen, beten, für uns eintreten und uns allen den festen Willen geben, uns jederzeit ans Kreuz zu heften wie unser Herr und mit unserem Herrn. Lieben wir es, bei ihm zu bleiben, damit wir in ihm leben und mit ihm sterben. Also sei es. Amen.