Exerzitienvorträge 1882

      

1. Vortrag: Exerzitien und Direktorium

Nichts fürchten. – „Habt keine Furcht, kleine Herde, denn es gefiel eurem Vater, euch das Reich zu geben.“ (Luc. 12,32).

Man ist zur Furcht versucht, besonders in diesen Zeiten, wenn man das Gute verwirklichen will. Und es ist die erste Empfindung, die das Herz erfasst. Vielleicht bemächtigt sich diese Regung auch unserer Seele, wenn wir diese Exerzitien beginnen. Aber warum denn?
            1. Haben wir denn nicht das Wort unseres Herrn?
            2. Haben wir denn nicht noch andere ganz spezielle Sicherungen?
Weg also mit aller Furcht!

Wir herrschen über uns selbst. – Jawohl, ein ganzes und absolutes Königreich wird uns da angeboten, dessen Herren wir selbst sein sollen. Zunächst herrschen wir über uns selbst, über unseren Willen, unsere Leidenschaften: das Reich unseres Inneren, also, das wir durch die Übung des Direktoriums leicht regieren können. Denn hier haben wir ein sicheres Mittel in Händen… Hat man auch nur ein wenig Erfahrung mit Seelen gemacht, so sieht man, dass selbst die wahrhaft christlichen Seelen furchtsam und schwankend sind und unter Verirrung leiden. Sie sind nicht sicher, ob sie wirklich den Willen Gottes tun, ob sie auf dem richtigen Weg sind. Wir hingegen, die wir das Direktorium haben, das unseren Willen mit dem Willen Gottes vereinigt, den göttlichen Willen an die Stelle des unseren setzt, sind sicher, das zu sein, was Gott mit uns vorhat. Das also ist das erste Reich, in dem wir Frieden finden, die köstlichste Gabe.

Und das 2. Königreich: - die Herrschaft über die Seelen. Jawohl, ist unser Wille auf diese Weise dem Willen Gottes geeint, dann üben wir eine große Macht über die Seelen aus, oder vielmehr, Gott wird für uns wirken, da wir ja eine Einheit mit ihm bilden.

Wir „verkaufen“ da gleichsam unsere Handlungen und unsere Herzensregungen… Aber unter welchen Bedingungen führen wir das Zepter in diesem doppelten Reich? „Verkauft, was ihr besitzt und gebt es als Almosen“ (Luc. 12,32).

1. Also nicht bloß geben und verschenken, weil man es euch wieder zurückgeben kann, was ihr hergegeben habt. Sondern „verkaufen“, veräußern, was ihr besitzt, eure Handlung, eure Affekte, indem ihr euren Willen, euer Urteil, euren Charakter einfach verschenkt. All das heißt es nämlich zu verkaufen: euren Willen, euer Urteil eintauschen gegen den Gehorsam, euren Charakter gegen die Liebe. Was verkauft ist, bleibt für immer verkauft, und die Übung des Direktoriums bewirkt genau das: alles für immer verkaufen.

2. Gebt Almosen: Gebt Almosen dem Nächsten, gebt ihm die Liebe zu Gott, den Glaubensgeist, alles was ihm fehlt. Was Gott im Austausch gegen das, was ihr verkauft habt, euch gibt, das gebt weiter als Almosen für die Seelen. Das Kennzeichen eines Herzens, das sich Gott verkauft hat, ist die Praxis des Direktoriums. Aber an welchen Zeichen erkennen wir, ob wir diese Bedingungen erfüllt haben?
Wir lesen im selben Evangelium (Luc. 12,34): „Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“
Welches sind eure gewöhnlichen Gedanken, von der Arbeit einmal abgesehen, die euch übertragen wurde? Morgens, im Laufe des Tages? Gehen eure Gedanken zu Gott, zu seinem Willen, zu den Intentionen des Direktoriums? Schließlich hat ja euer Leben ein Ziel, eine Grundlage. Es darf nicht sich nicht auf einen falschen Weg verirren. Seht also genau zu, wo ihr steht, ob noch viel in euch zu verkaufen ist, und dann verkauft und veräußert alles ohne Ausnahme.